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Ein mörderischer Sommer

Titel: Ein mörderischer Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fielding Joy
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    Das Telefon klingelt.
    Joanne Hunter sitzt am Küchentisch und starrt es an. Sie macht keine Anstalten, aufzustehen und den Hörer abzunehmen, denn sie weiß, wer der Anrufer ist und was er sagen wird. Sie hat es schon oft gehört, sie spürt keinerlei Verlangen, es noch einmal zu hören.
    Das Telefon klingelt weiter. Joanne, allein an ihrem Küchentisch, schließt die Augen und versucht, Bilder aus glücklicheren Tagen heraufzubeschwören.
    »Mom …«
    Joanne vernimmt die Stimme ihrer jüngeren Tochter wie durch einen Tunnel. Langsam öffnen sich ihre Augen. Sie lächelt dem Mädchen in der Türöffnung zu.
    »Mom«, wiederholt ihre Tochter, »das Telefon klingelt.« Sie wirft einen Blick auf das weiße Wandtelefon. »Soll ich drangehen?« fragt sie, sichtlich beunruhigt von dem starren Gesichtsausdruck ihrer Mutter.
    »Nein«, sagt Joanne.
    »Vielleicht ist es Daddy.«
    »Lulu, bitte …« Aber es ist schon zu spät. Lulu hat bereits nach dem Hörer gegriffen, führt ihn ans Ohr. »Hallo? Hallo?« Sie schneidet eine Grimasse. »Ist da jemand?«
    »Leg auf, Lulu!« befiehlt Joanne in scharfem Ton; dann wird sie sofort freundlicher. »Leg auf, mein Schatz!«
    »Warum ruft einer an, wenn er dann nichts sagt?« fragt das Kind schmollend.
    Joanne lächelt ihr zu. Laut Geburtsschein heißt ihre Tochter Lana, aber alle außer ihrer Lehrerin nennen sie Lulu. Sie sieht seltsamerweise gleichzeitig jünger und älter aus als eine Elfjährige.
    »Ist alles in Ordnung mit dir?« fragt Lulu.
    »Alles in Ordnung«, versichert Joanne lächelnd mit beruhigender Stimme.
    »Warum tut jemand so was?«
    »Ich weiß es nicht«, sagt Joanne wahrheitsgemäß und fährt dann mit einer Lüge fort: »Vielleicht hat sich die Person verwählt.« Was sonst soll sie ihrer Tochter schon erzählen? Daß der Tod am anderen Ende der Leitung sitzt? Daß er nur darauf wartet, durchgestellt zu werden? Sie wechselt das Thema. »Bist du jetzt fertig?«
    »Ich hasse diese blöde Uniform«, erklärt Lulu und sieht an sich hinunter. »Warum konnten die nicht was Hübsches aussuchen?«
    Joanne betrachtet den kräftigen Körper ihrer Tochter. Lulu ist eher wie ihr Vater gebaut, während Robin, die ältere Tochter, fast die gleiche Figur wie Joanne hat; im Gesicht ähneln beide Mädchen dem Vater. Joanne findet, daß die dunkelgrünen Shorts und das zitronengelbe T-Shirt eigentlich sehr vorteilhaft für ihre Tochter sind und gut zu ihrer hellen Haut und dem mittelbraunen Haar passen. »Lageruniformen sind immer unmöglich«, sagt sie – sie weiß, daß es sinnlos wäre, das Kind vom Gegenteil überzeugen zu wollen. »Aber du siehst richtig niedlich aus«, fügt sie hinzu. Sie muß es einfach sagen.
    »Fett sehe ich aus!« widerspricht Lulu. Das hat Robin ihr kürzlich eingeredet.
    »Du siehst überhaupt nicht fett aus.« Der Ton in Joannes Stimme kündigt das Ende dieses Themas an. »Ist Robin fertig?« Lulu nickt. »Ist sie immer noch sauer?«
    »Die ist doch immer sauer.«
    Joanne lacht. Sie weiß, daß es stimmt.
    »Wann holt Daddy uns ab?«
    Joanne sieht auf ihre Armbanduhr. »Bald. Ich muß mich beeilen.«
    »Warum denn?« fragt Lulu ihre Mutter. »Fährst du denn mit?«
    »Nein«, sagt Joanne. Ihr fällt ein, daß Paul und sie entschieden haben, es sei besser, wenn Paul die Mädchen allein zum Bus bringt. »Ich habe mir nur gedacht, ich ziehe mich mal um …«
    »Für was denn?«
    Nervös fährt Joanne mit der Hand über ihr orangefarbenes T-Shirt und die weißen Shorts. Orange ist die Farbe, die Paul am allerwenigsten mag, erinnert sie sich plötzlich. Und die Shorts sind alt; einer der Hosenaufschläge hat einen Fleck, den sie erst jetzt bemerkt. Sie möchte hübsch aussehen für Paul. Sie schaut auf ihre Füße. Die Nägel der großen Zehen sind tiefrot verfärbt. Sie hat in Schuhen, die eine halbe Nummer zu klein waren, Tennis gespielt. Sie überlegt, ob sie nicht geschlossene Sandalen anziehen soll, beschließt aber, es bleiben zu lassen. Wenn Paul ihre Zehen bemerkt, haben sie wenigstens ein Gesprächsthema. Es ist schon einige Wochen her, daß sie zum letztenmal über etwas anderes als über die Kinder geredet haben.
    Es läutet an der Tür. Joannes Hand schnellt hoch zu ihrem Haar. Sie hat es heute noch nicht gekämmt. Vielleicht könnte sie, während Lulu die Tür öffnet, nach oben laufen, sich die Haare bürsten, das türkisfarbene Strandkleid, das Paul immer so gut gefiel, anziehen und genau in dem Augenblick in der Diele bei der

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