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Ein Ort für die Ewigkeit

Ein Ort für die Ewigkeit

Titel: Ein Ort für die Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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bot sie ihr an. Sie dankte mit einem angespannten Nicken und nahm eine mit ihren von der Arbeit geröteten, zitternden Fingern. Bevor er die Streichhölzer herausnehmen konnte, hatte sich Hawkin hinübergebeugt, um sie anzuzünden. George steckte seine eigene Zigarette an und wartete, bis sie sich soweit beruhigt hatte, um zu antworten.
    »Der Schulbus setzt Alison und ihre Cousine und einen Cousin am Ende der Straße gegen Viertel nach vier ab. Jemand vom Dorf geht immer hinauf und holt sie ab, sie kommt ungefähr um halb fünf bei uns an. Sie war zur normalen Zeit hier. Ich war in der Küche und habe Gemüse fürs Abendessen geputzt. Sie gab mir einen Kuß und sagte, sie ginge mit dem Hund weg. Ich habe sie gefragt, ob sie nicht vorher eine Tasse Tee wollte, aber sie antwortete, sie sei den ganzen Tag eingesperrt gewesen und sie wolle mit dem Hund laufen. Sie hat das oft getan. Sie war sehr ungern den ganzen Tag drin.« Von der Erinnerung überwältigt, stockte Ruth und hörte dann auf zu sprechen.
    »Haben Sie sie gesehen, Mr. Hawkin?« fragte George, mehr um Ruth eine Pause zu gönnen als aus Interesse an der Antwort.
    »Nein, ich war in meiner Dunkelkammer. Ich verliere das Gefühl für Zeit, wenn ich da drin bin.«
    »Ich wußte nicht, daß Sie Fotograf sind«, sagte George und bemerkte, daß Grundy auf seinem Stuhl hin und her rutschte.
    »Das Fotografieren ist meine größte Liebe, Kommissar. Als ich ein bescheidener Beamter war, bevor ich dieses Haus von meinem Onkel erbte, war es nie mehr als ein Hobby. Jetzt habe ich selbst eine Dunkelkammer und bin im letzten Jahr halbwegs zum Profi geworden. Porträts natürlich, aber hauptsächlich Landschaften. Manche meiner Postkarten werden in Buxton verkauft. Das Licht in Derbyshire hat eine bemerkenswerte Klarheit.« Diesmal war Hawkins Lächeln strahlend.
    »Aha«, sagte George und wunderte sich, daß ein Mann an die Qualität des Lichts denken konnte, wenn seine Stieftochter an einem eiskalten Dezemberabend vermißt wurde. »Sie hatten also keine Ahnung, daß Alison heimgekommen und wieder weggegangen war?«
    »Nein, ich habe nichts gehört.«
    »Mrs. Hawkin, hat Alison oft jemanden besucht, wenn sie mit dem Hund spazierenging? Nachbarn? Sie erwähnten Cousinen, mit denen sie zur Schule geht.«
    Ruth schüttelte den Kopf. »Nein. Sie ging immer nur durch die Felder zum Wäldchen und dann zurück. Im Sommer ging sie weiter, durch den Wald hinauf, wo der Scarlaston entspringt. Zwischen den Hügeln gibt es eine Mulde, man kann sie fast nicht sehen, erst wenn man dort ist, aber man kann durch sie am Flußufer entlang bis nach Denderdale gehen. So weit würde sie allerdings an einem Winterabend nie gehen.« Sie seufzte. »Außerdem bin ich im Dorf herumgelaufen. Niemand hat sie gesehen, seit sie über die Felder gegangen ist.«
    »Was ist mit dem Hund?« fragte Grundy. »Ist der Hund zurückgekommen?«
    Es war die Frage eines Mannes vom Land, dachte George. Er wäre schließlich auch zu dieser Frage gekommen, aber nicht so schnell wie Grundy.
    Ruth schüttelte den Kopf. »Sie ist nicht zurückgekommen. Aber wenn Alison einen Unfall gehabt hätte, würde Shep nicht von ihr weggehen. Sie hätte gebellt, aber sie hätte sie nicht verlassen. An einem Abend wie heute würde man Shep überall im Tal hören. Sie sind draußen gewesen. Haben Sie sie gehört?«
    »Deswegen hab ich gefragt«, sagte Grundy. »Die Stille.«
    »Können Sie uns beschreiben, was Alison getragen hat?« fragte der praktisch denkende Lucas.
    »Sie hatte einen dunkelblauen Dufflecoat über ihrer Schuluniform an.«
    »Peak Girls’ High School?« fragte Lucas.
    Ruth nickte. »Schwarzer Blazer, braune Strickjacke, weiße Bluse, schwarzbraune Krawatte und brauner Rock. Sie trägt schwarze wollene Strumpfhosen und schwarze halbhohe Schaffellstiefel. Man läuft nicht in seiner Schuluniform weg«, brach es heftig aus ihr heraus, und Tränen traten ihr in die Augen. Sie wischte sie zornig mit dem Handrücken weg. »Warum sitzen wir hier wie zum Teetrinken am Sonntagnachmittag? Warum suchen Sie nicht da draußen nach ihr?«
    George nickte. »Das werden wir gleich tun, Mrs. Hawkin. Aber wir müssen erst die Fakten klären, damit wir uns nicht unnötig verzetteln. Wie groß ist Alison?«
    »Sie ist jetzt fast so groß wie ich, ungefähr ein Meter sechzig. Sie ist schlank, fängt gerade an, wie eine junge Frau auszusehen.«
    »Haben Sie ein neueres Bild von Alison, das wir unseren Leuten zeigen können?«

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