Ein sehr privater Verführer (Baccara) (German Edition)
sie so angeschlagen war, sofort versuchte, in den hintersten Winkel des Bettes zu flüchten. Leichenblass und zitternd beugte sie sich vor und erbrach sich auf den Fußboden.
Dann begann sie zu schluchzen.
Sekundenlang wusste Gareth nicht, was er tun sollte. Nie zuvor hatte er ein so starkes Bedürfnis verspürt, eine Frau zu trösten und sie zu umsorgen. Gleichzeitig war ihm klar, dass er Gracie nicht vertrauen durfte.
Ihre Hilflosigkeit rührte ihn allerdings zutiefst. Niemand konnte so etwas spielen.
Also ging er ins Bad, feuchtete einen Waschlappen an und gab ihn Gracie, während er das Malheur auf dem Boden aufwischte. Als er fertig war, ging ihr Schluchzen in einen Schluckauf über. Sie lag da mit geschlossenen Augen und rührte sich nicht, wahrscheinlich, weil ihr alles wehtat.
Mit zwölf war Gareth einmal ziemlich übel vom Pferd gestürzt und hatte sich am Kopf verletzt. Seitdem wusste er, wie sich eine Gehirnerschütterung anfühlte.
Er ging zum Fenster und öffnete beide Flügel weit, um die frische Frühlingsluft hereinzulassen. Dann zog er die Vorhänge vor, damit Gracie nicht geblendet wurde. Er wollte es ihr so angenehm wie möglich machen.
Später stand er neben dem Bett, schaute auf die zarte Frau und fragte sich, wie ein Tag, der so normal begonnen hatte, so aus dem Ruder hatte laufen können. Mit einem Räuspern deckte er Gracie bis zum Kinn zu. „Wir müssen miteinander reden. Aber das hat Zeit, bis Sie wiederhergestellt sind. Es ist fast Abend. Ich mache Ihnen etwas Leichtes zu essen und bringe es Ihnen.“ Zögernd wartete er auf ihre Antwort.
Gracie rang um Fassung, sicher, dass sie gleich wieder ganz sie selbst sein würde. Alles kam ihr vor wie ein merkwürdiger Traum. Und der Mann, der sich gerade so fürsorglich über sie beugte, war auch definitiv ein Traumtyp – obwohl sein Gesicht eher ungewöhnlich als schön aussah. Seine Adlernase, sein markantes Kinn und seine ausgeprägten Wangenknochen betonten seine tiefschwarzen Augen, in denen die Pupillen kaum zu erkennen waren.
Die Art, wie er sein Haar trug, ließ ihn ungebändigt, fast wild erscheinen. Offenbar kümmerte dieser Mann sich nicht um Konventionen. Zu gern hätte Gracie eine dieser schwarzen Strähnen durch ihre Finger gleiten lassen, um herauszufinden, ob seine Locken wirklich so weich waren, wie sie aussahen.
Sein nackter, muskulöser Oberkörper war gebräunt, und Gracie entdeckte drei kleine Narben. Es juckte sie in den Fingern, die schmalen Kerben zu berühren. Dieser Typ würde sie umhauen, läge sie nicht längst schon in seinem Bett. Sie sah ihm nach, als er das Zimmer verließ, und bald darauf fiel sie in einen unruhigen Schlaf. Ab und zu schreckte sie auf. Alles tat ihr weh, und sie fühlte sich gottverlassen. Als ihr Gastgeber endlich wiederkam, war es fast dunkel geworden.
Er trug ein Tablett, das er auf einer hölzernen Truhe am Fußende des Bettes absetzte. Statt die Deckenleuchte einzuschalten, knipste er eine kleine antike Nachttischlampe an, deren cremefarbener Seidenschirm weiches Licht verbreitete. Gracie war dankbar für diese Rücksichtnahme.
Nun trat er zu ihr ans Bett. „Sie sollten sich aufsetzen und etwas essen.“
Fragen über Fragen wirbelten durch ihren Kopf, aber aus dem Tontopf, der auf dem Tablett vor sich hin dampfte, duftete es verführerisch, und ihr Magen knurrte hörbar. Der Mann machte dazu keine Bemerkung, sondern half ihr, sich aufzurichten. Als seine Hand ihre Haut berührte, schien die Stelle zu brennen.
Sobald sie saß, stellte er das Tablett vor sie. Gracie bewegte ihre Beine und verspürte plötzlich einen heftigen Schmerz, der sie zusammenzucken ließ. Bisher hatte sie gar nicht bemerkt, dass sie außer der Kopfwunde auch noch eine andere Verletzung davongetragen hatte.
Er beantwortete ihre unausgesprochene Frage. „Jacob – mein Bruder, ein Arzt – er hat die Wunde an Ihrem Schienbein genäht. Sie haben sich an den scharfkantigen Kieseln geschnitten, als Sie …“ Er hielt inne, und sie sah, dass ihm die Erinnerung an den Vorfall sehr unangenehm war. Ohne weiteren Kommentar zog er sich einen Stuhl ans Bett und sah zu, wie Gracie aß.
Wenn sie nicht am Verhungern gewesen wäre, hätte seine Anwesenheit sie nervös gemacht. Aber offenbar war es Stunden her, seit sie das letzte Mal gegessen hatte, und die Hühnersuppe schmeckte einfach köstlich! Große Fleischstücke, frische Karotten und Sellerie schwammen in einer kräftigen Brühe. Wer auch immer diese
Weitere Kostenlose Bücher