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Ein silbernes Hufeisen

Ein silbernes Hufeisen

Titel: Ein silbernes Hufeisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Barbera
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verließen sie die engen Straßen, die durch die Mitte der Stadt verliefen, um sich in Guinievaires Viertel wiederzufinden, wo die Bewohner sich bedeutend mehr Platz leisten konnten. Es gab grüne Gärten und breite Bürgersteige, und die kalte Luft roch besser, und die Laternen hatten elegante Formen. Hier, wo es teuer war zu leben, stand Hastings House, in dem sie seit achtzehn Jahren wohnte und wo sie auch geboren worden war. Dennoch bezeichnete sie diesen Ort niemals als ihr Zuhause.
    Schwarze Eisentore mit spitzen Enden versperrten den Weg zu dem quadratischen Ungeheuer aus altem, dunkel angelaufenem Backstein. Vor den nutzlosen, dunklen Fenstern gab es manchmal sogar Gitter. Das Dach war lange schwarz und steinerne Ungeheuer saßen unter dem Giebel. Es war ein großes Anwesen, aber es war unvorstellbar finster und ganz und gar nicht einladend. Wie oft hatte sie sich schon gefragt, was zum Teufel in den Architekten gefahren war, als er die Pläne gemacht hatte! Hatte er vorgehabt ein unheimliches, kaltes, scheußliches und moderndes Spukschloss inmitten einer ansehnlichen Nachbarschaft zu erbauen, so war es ihm absolut und vollkommen gelungen.
    Wenn Guinievaire Tony heiratete, dann bedeutete das, dass sie ihrem riesenhaften Verlies endlich entkam und damit auch ihrem herrischen Vater, den sie verabscheute, seitdem sie ein kleines Kind war, und der sie ebenso wenig leiden mochte wie andersherum. Sie wäre dann Mrs Ford und würde vermutlich in Tonys Stadthaus ziehen, das weit, weit entfernt von hier lag, in einem wesentlich bürgerlicheren Viertel. Sein runder, braver Vater lebte ebenfalls dort, also würde sie zugleich auch Teil einer neuen Familie werden. Guinievaire wusste nicht, ob ihr diese Vorstellung gefallen sollte oder nicht.
    „Du könntest meinem Vater einfach erzählen, dass ich nun eine fantastische Reiterin bin und ich müsste nie wieder mein Leben und das anderer aufs Spiel setzen, Tony,“ schlug sie vor, während sie in einem sehr, sehr langsamen Tempo in ihre Straße bogen.
    Er schüttelte sein unordentliches Haar. „Dann hätten wir aber keine Stunden mehr, und ich dürfte dich nicht mehr sehen,“ wehrte er ab.
    Tony liebte Guinievaire sehr, dessen war sie sich voll und ganz bewusst, immerhin war sie nicht ganz unschuldig daran. In der Sekunde, in der sie ihn kennengelernt hatte, hatte sie gewusst, dass er anders war als alle Männer, die sie jemals gekannt hatte, weswegen sie sich brennend dafür interessiert hatte, wie er wohl funktionierte. Er war immer freundlich zu ihr gewesen, aber auch höflich und schüchtern und distanziert. Guinievaire, mit der man üblicherweise nicht derart förmlich umging, hatte sich ein wenig an seiner Zurückhaltung gestört, also hatte sie bald damit begonnen, zu versuchen, ihn aus seiner vorsichtigen Reserve zu locken, und sie hatte Erfolg damit gehabt, sehr großen Erfolg sogar. Tony hatte sich heftig in sie verliebt, hatte es ihr eines schönen Tages verzweifelt gestanden, und sie war so beeindruckt gewesen von seiner Offenheit und seinen aufrichtigen Gefühlen, dass sie sich tatsächlich, trotz allem, dazu herabgelassen hatte, mit ihm zusammen zu sein. Damals hatte sie sich selbst überrascht mit dieser Entscheidung und manchmal konnte sie es heute noch nicht glauben, wenn sie sich erinnerte, was im letzten Sommer in ihrem Leben vorgefallen war.
    „Wir brauchen die Stunden ohnehin nicht mehr,“ seufzte sie. „Wir wollen am Freitag mit meinem Vater sprechen, dann wird er endlich alles erfahren, und wenn er das tut, dann besteht die nicht allzu geringe Chance, Tony, dass er mich niemals wieder in deine Nähe lässt.“
    Guinievaires Verlobter nickte lediglich bedächtig, als er beide Pferde vor den schwarzen Toren, die sie endlich erreicht hatten, anhielt.
    „Vielleicht sollte ich jetzt sofort mit ihm reden,“ schlug er wieder einmal vor. „Am Freitag wird es so unruhig sein, und vielleicht wird er sich überfallen fühlen.“
    Er war zu zuversichtlich, das hatte Guinievaire schon oft an ihm bemängelt, aber wie sollte er auch wissen, was ihn erwartete, wenn er in zwei Tagen Hastings House zum ersten Mal betrat? Er kannte ihren Vater nicht wirklich, und er hatte keine Ahnung, welch unerhörten Ärger Guinievaire ihm in der Vergangenheit immer wieder bereitet hatte. Tony glaubte, Mortimer Hastings würde empfänglich sein für seine Liebesschwüre und Versprechungen, und sein Herz würde sich erweichen ob ihrer hinreißenden Geschichte vom reichen,

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