Ein sinnlicher Schuft
aufsuchen, die er als einzige je geliebt und die ihn zurückgewiesen hatte.
Die junge Witwe Madeleine Chandler umgaben tatsächlich einige Geheimnisse, aber in aller Heimlichkeit sein Kind geboren zu haben, das gehörte nicht dazu. Allerdings war das, was sie zu verbergen suchte, dermaßen gefährlich, dass sie schließlich bei Aidan Schutz suchte, obwohl sie ihm weiterhin die Wahrheit über ihre Vergangenheit verschwieg. Mit dramatischen Folgen, denn um ein Haar wäre sie dabei ums Leben gekommen.
Zwischenzeitlich lebten sie und Melody bei Aidan im Club, in dem er über eine kleine Wohnung verfügte. Heimlich, versteht sich, denn niemand durfte sie sehen, weil Männerbastionen wie Brown’s den Besuch von Damen nicht gestatteten. Doch nach anhaltenden Protesten seitens der Altherrenriege, als der Regelverstoß aufgedeckt wurde, bewies Wilberforce, der gestrenge Majordomus, sein gutes Herz und nutzte eine Lücke in den Statuten, um Madeleine und Melody den weiteren Aufenthalt im Club bei Aidan zu gestatten.
Die drei waren zwischenzeitlich zu einer richtigen kleinen Familie zusammengewachsen, und alle bedauerten zutiefst, dass sie das nicht wirklich waren. Trotzdem sollte die Kleine bei Aidan und Madeleine bleiben, die heirateten. Alle warteten auf die Rückkehr des zweiten Freundes, Jack, der noch in Übersee weilte und den man jetzt für den Vater hielt, da Sir Colin Lambert, der Dritte im Bunde, diese Möglichkeit kategorisch ausgeschlossen hatte. Zunächst, denn mit einem Mal begann er zu vermuten, Melody könnte doch sein Kind sein. Er hoffte es sogar, denn er war völlig vernarrt in das entzückende Mädchen.
Zwanzig Jahre später …
W arten Sie, das ist nicht das Ende der Geschichte, oder? Es kann nicht alles sein. Hören Sie nicht an dieser Stelle auf!«
Die junge Frau richtete sich auf dem Sofa auf und löste sich aus dem Arm des Geschichtenerzählers, um ihm ins Gesicht sehen zu können. »Button, erzählen Sie mir den Rest! Was geschah dann?«
Der Mann lächelte ihr zu und gluckste koboldhaft. »Sie hören sich an, als wären Sie drei Jahre alt und nicht zweiundzwanzig.«
Melody schaute ein wenig furchtsam zu dem Brautkleid hinüber, das sie bald würde anziehen müssen, wandte schnell den Blick ab und zog ihre kalten, nackten Füße unter ihren Hausmantel, um sie zu wärmen. »Ich fühle mich wie ein Kind.« Sie schlug die Hände vors Gesicht, als wollte sie sich vor dem bedeutsamen Tag, der vor ihr lag, verstecken. »Wie kann ich heiraten? Wie kann ich überhaupt wissen, ob ich ihn für immer lieben werde?«
Button neigte den Kopf zur Seite und betrachtete sie liebevoll. »Hm. Vielleicht ist eine weitere Geschichte in Ordnung. Wir haben noch Zeit. Kommen Sie, Liebes.« Er nahm sie erneut in den Arm wie ein Großvater, der er für sie war beziehungsweise den er ihr ersetzte. Das hätte sich der berühmte Modeschöpfer auch nicht träumen lassen, bevor das kleine Mädchen in sein Leben trat.
Sie schmiegte sich erwartungsvoll an ihn, froh darüber, den Gang zum Altar noch ein Weilchen aufschieben zu können. An seine Schulter gekuschelt schloss sie die Augen und seufzte. »Erzählen Sie mir eine Geschichte, Button.«
Sie spürte das Glucksen in seiner Brust, als er auf seine eigenartige Weise in sich hineinlachte.
»Na schön, meine kleine Mellie, die wieder ein Kind sein möchte. Komm her, mein Mäuschen«, sagte er und fiel in das vertraute Du und den Kosenamen der Kinderzeit zurück. Dann drückte er einen Kuss auf ihre Stirn und setzte seine Erzählung fort.
»Es war einmal ein gelehrter Mann, der alles zu wissen glaubte…«
Die Frau auf der Bühne war nicht nur schön, sondern strahlend schön. Sie glühte von innen her und verkörperte genau das, was sie spielte: eine reine Seele. Atemlos ließ sich das Publikum von ihr in den Bann schlagen, wenn sie über die Bühne schwebte. Jede Geste war ein Tanz, jedes Wort ein Lied.
Colin Lambert, Sohn eines renommierten Sozialwissenschaftlers, war von der blassen schwarzhaarigen Göttin noch derart verzaubert, dass er seinem Freund Jack auf die Zehen trat, während die beiden Männer sich nach Ende der Vorstellung durch die Menge schoben.
»Runter da, du Trampel.« Jack versetzte ihm einen freundschaftlichen Klaps, bevor er bemerkte, was die Aufmerksamkeit seines Freundes erregte. »Gütiger Gott, was für ein hübsches Vögelchen«, sagte er nachdenklich.
Sein Tonfall machte Colin stutzig. »Ich habe sie zuerst entdeckt«, sagte er mit
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