Ein Sohn für den Scheich
noch je schlafen werde”, wandte Leona bestürzt ein, weil Hassan von seinem ungeheuerlichen Verdacht nicht abzubringen war. “Wenn du ehrlich bist, musst du zugeben, dass du das ganz genau weißt.”
Hassans Reaktion löste in Leona widersprüchliche Gefühle aus. Denn auch wenn sein Blick sie hoffen ließ, dass er endlich bereit war, ihr zu glauben, verletzte sie das herablassende Lächeln, das seine Lippen umspielte, nicht weniger als seine verbalen Anschuldigungen.
“Selbst wenn ich dir glauben sollte, wird das Problem nicht geringer”, sagte er unvermindert misstrauisch. “Es dürfte nicht leicht sein, den Menschen in Rahman begreiflich zu machen, dass ich an der Treue meiner Ehefrau nicht zweifle, obwohl sie mit einem fremden Mann unter einem Dach lebt.”
“Dann solltest du ihnen sagen, dass mein Vater Nacht für Nacht als Aufpasser in der Nähe war”, riet Leona ihm gekränkt. “Wenn er heute nicht in London aufgehalten worden wäre …”
“… hätte dich niemand davor bewahren können, einen unverzeihlichen Fehler zu begehen”, fiel Hassan ihr ins Wort. “Du hast also allen Grund, mir dankbar zu sein”, fügte er hinzu und ging zurück zur Bar.
Die Unverfrorenheit, mit der Hassan die Dinge auslegte, wie es ihm passte, überraschte selbst Leona. “Ist dir eigentlich schon aufgefallen, dass man niemanden vor etwas bewahren muss, was er gar nicht tun will?”, fragte sie entgeistert.
“Sicher ist sicher”, erwiderte Hassan sarkastisch, während er eine Flasche Weißwein aus dem Kühlschrank holte und den Korkenzieher ansetzte. “Zumal wir auf diese Weise endlich Gelegenheit haben, uns aus der Krise zu manövrieren, in der wir stecken.”
Hassan schien offenbar noch nicht bemerkt zu haben, dass ihre Ehe nicht in einer “Krise” steckte, sondern endgültig gescheitert war. “Solltest du damit meinen, dass ich zu dir zurückkomme, muss ich dich enttäuschen”, teilte sie ihm unmissverständlich mit. “Nichts ist ausgeschlossener als das.”
Um sich nicht anhören zu müssen, dass ihr eine solche Entscheidung als Frau nicht zustand, wandte sie sich um und tat, als interessierte sie die Zukunft ihrer Ehe weitaus weniger als der Raum, in dem sie sich befand.
Bislang hatten Hassans Anschuldigungen all ihre Aufmerksamkeit in Anspruch genommen, und so war sie davon ausgegangen, dass sie sich im Salon der Yacht befanden.
Doch als sie das riesige Bett entdeckte, das eine Längsseite des Zimmers einnahm, wurde ihr klar, dass es sich bei dem luxuriös ausgestatteten Raum um die Eignerkabine handelte.
Am meisten jedoch empörte sie, die beiden Polstersessel sehen zu müssen, die zusammen mit einem Mahagonitischchen vor einem großen Fenster standen und aufs Haar jenen glichen, die auf ihren Wunsch hin für Hassans Arbeitszimmer im Palast angeschafft worden waren.
Auch wenn Leona ihm den Rücken zugewandt hatte, blieb Hassan nicht verborgen, dass ihr die Sessel aufgefallen waren. Sie stand reglos da, als wäre ihr der Schreck in die Glieder gefahren, und hätte sie nicht das betörende Trägerkleid getragen, hätte man sie für das Werk eines Bildhauers halten können.
Einen Moment war Hassan versucht, zu ihr zu gehen und sie in die Arme zu nehmen. Doch weil er ahnte, wie sie darauf reagieren würde, beließ er es dabei, ihr die Weißweinschorle zu bringen, die er für sie gemixt hatte.
“Du hast abgenommen”, sagte er so unvermittelt, dass Leona regelrecht erschrak.
“Ich hatte die Grippe”, erklärte sie verlegen.
“Um sich von einer Virusgrippe zu erholen, braucht der Körper nur wenige Tage”, erwiderte Hassan. “Deine Erkrankung liegt jedoch schon Wochen zurück”, fügte er hinzu, auch wenn er damit preisgab, dass er über alles informiert war, was Leona in den letzten Monaten widerfahren war.
Offensichtlich hatte sie etwas Derartiges vermutet, denn sie reagierte keineswegs überrascht. “Ich wusste gar nicht, dass du dich in medizinischen Fragen so gut auskennst”, erwiderte sie sarkastisch, weil Hassan in all den Jahren, die sie sich kannten, nie krank gewesen war.
“Als dein Ehemann brauche ich kein Arzt zu sein, um zu wissen, dass du dazu neigst, auf seelischen Kummer körperlich …”
“Ich hatte keinen Kummer, sondern war krank!”, fiel Leona ihm entrüstet ins Wort.
“Das warst du in der Tat”, erwiderte Hassan ungerührt und hielt ihr das Glas entgegen. “Krank vor Sehnsucht nach mir. Warum gibst du nicht einfach zu, wie sehr du mich vermisst
Weitere Kostenlose Bücher