Ein stuermischer Retter
sein. Ich wollte nur so dringend mit Mr Blacklock sprechen, weil ich so wütend auf ihn bin. Ich wollte meine Wut aber nicht an Ihnen auslassen, Stevens."
„Schon gut, Miss. Sie haben nichts gesagt, was mich gekränkt hätte."
Danach angelten sie beide eine ganze Weile schweigend. Faith beobachtete ihn verstohlen. Er schien das Angeln wirklich beruhigend zu finden. Es war eigentlich ganz nett, auf einem Stein zu sitzen und aufs Meer hinauszublicken, aber es war auch ein wenig ... langweilig. Vor allem, weil sie das dringende Bedürfnis hatte, jemanden zu erdrosseln.
„Machen Sie sich nichts aus Mr Nicks Selbstherrlichkeit, Miss. Er hat schon immer das getan, was er selbst für richtig hielt, ganz gleich, was andere sagen. Schon immer, seit er ein Junge war."
Faith schnaubte leise. Selbstherrlichkeit, in der Tat! Aber gefälligst seinem eigenen Hab und Gut gegenüber.
„Ich kenne ihn schon sein ganzes Leben lang, wissen Sie."
Faith wartete darauf, dass er mehr sagte, aber er schien vollkommen aufs Angeln konzentriert zu sein. Schließlich gewann ihre Neugier die Oberhand. „Sie kennen Mr Blacklock schon seit seiner Geburt?"
„Seit der Zeit, als er alt genug war, seiner Kinderfrau wegzulaufen und in die Stallungen zu rennen. Er liebt Pferde, von klein auf. Im Grunde liebt er alle Tiere, auch die wild lebenden - die sogar ganz besonders." Stevens runzelte die Stirn und holte seine Angelschnur ein. „Raffinierte Biester! Sie haben schon wieder den Köder weggeknabbert." Er nahm etwas aus dem Eimer, der neben ihm im Sand stand und spießte es auf den Angelhaken. Faith wandte den Blick ab und versuchte zu ignorieren, dass dieses Etwas zappelte. Nachdem Stevens die Schnur wieder ausgeworfen hatte, fuhr er fort. „Master Nicholas war genauso alt wie mein Junge, Algy."
„Sie haben einen Sohn?"
„Hatte. Er ist im Krieg gefallen." Er zog leicht an der Schnur. „Als Mr Nicholas in den Krieg geschickt wurde, folgte mein Junge ihm. Rannte ohne ein Abschiedswort davon und schloss sich Master Nick an." Er schüttelte den Kopf bei dieser Erinnerung. „Er konnte Mr Nicholas nicht allein fortgehen lassen. Die beiden waren unzertrennlich, heckten ständig zusammen irgendwelche Streiche aus. Mr Nicholas holte Algy zu sich in sein eigenes Regiment. Der alte Sir Henry hatte ihm eins besorgt."
„Es tut mir leid, dass Sie Ihren Sohn verloren haben, Stevens. Vermutlich glaubten beide, der Krieg wäre ein einziges großes Abenteuer - das tun junge Männer oft, glaube ich."
„Nein." Stevens warf ihr einen Blick zu. „Mr Nicholas wurde in den Krieg geschickt, Miss. Er wollte nicht, aber ihm blieb keine andere Wahl. Der alte Sir Henry war wütend auf ihn - Mr Nicholas hatte mal wieder etwas angestellt.
Der Alte dachte wohl, die Armee würde ihm eine Lektion erteilen."
„Was hatte er denn getan?"
Er schüttelte den Kopf. „Harmloses Zeug, typischer Unsinn, den junge Männer so machen. Aber der alte Mann war außer sich vor Zorn. Für ihn sollte Mr Nicholas eher so sein wie sein Bruder, der junge Sir Henry."
Faith hätte gern mehr über diesen Bruder erfahren, aber Stevens war jetzt so in seine Erinnerungen versunken, dass sie ihn nicht unterbrechen wollte.
„Mr Nicholas war völlig verzweifelt, weil man ihn zwang, Soldat zu werden. Er hätte nie einer Fliege etwas zuleide tun können, damals jedenfalls nicht. Er war noch so jung - genau wie Algy. Noch fast Kinder, alle beide." Wieder schüttelte er den Kopf. „Sie wären beide in ihrer ersten Schlacht gefallen, wenn Mac nicht gewesen wäre." „Mac?"
„Lassen Sie sich nicht von Macs Verbitterung täuschen. Er ist ein guter Mann, Miss. Ein herzloses spanisches Mädchen hat ihn zu dem gemacht, was er heute ist. Dieser riesige schottische Tölpel hat ein Herz aus Gold."
„Mac?" Sie konnte es nicht glauben.
Stevens schmunzelte. „Kaum zu fassen, ich weiß. Aber er riskierte sein Leben, als er in den Fluss sprang - damals konnte er noch nicht schwimmen -, um einen hässlichen Mischlingswelpen zu retten, dem man einen Stein um den Hals gebunden hatte, um ihn zu töten. Mac holte ihn heraus und wäre dabei selbst beinahe ertrunken, wenn Mr Nicholas nicht ebenfalls in den Fluss gesprungen wäre, als er merkte, dass Mac in Gefahr war. Tsss! Und das alles nur wegen eines Hundes!" Er nickte mit dem Kopf in die Richtung des Lagers. „Beowulf. Mr Nicholas, Mac und Algy kümmerten sich um den hässlichen Welpen, und die drei Jungen wurden unzertrennlich, auch später
Weitere Kostenlose Bücher