Ein stuermischer Retter
„Hoffentlich irren Sie sich."
Nick hatte für mehrere Nächte zwei Zimmer im Gasthaus reserviert, demselben Gasthaus, in dessen Stallungen seine Pferde seit seiner Ankunft an diesem Ort untergebracht waren. Nur eins der beiden Zimmer war in der vergangenen Nacht benutzt worden. Stevens hatte dort geschlafen, während Faiths Zimmer unbenutzt geblieben war. Für Nick war die Versuchung zu groß gewesen, wieder unter dem Sternenhimmel zu nächtigen.
In seiner Hochzeitsnacht jedoch wollte er in Stevens Zimmer umziehen und den Vater von seinem Freund Algy zum Lagerplatz zurückschicken. Er hatte nicht vor, mit seiner Braut ein Bett zu teilen, das hätte er nicht mit seinem Gewissen vereinbaren können. Schließlich hatte er ihr sein Wort gegeben.
Als Faith und er zum Lager zurückkehrten, war der Wind noch stärker aufgefrischt. Dicke schwarze Sturmwolken zogen auf. Mac und Stevens begrüßten sie mit der Ankündigung, das Lager abbauen und ebenfalls im Gasthaus schlafen zu wollen. Nick hatte nichts dagegen.
Bei ihrer Ankunft in der Herberge mussten sie jedoch feststellen, dass es dort vor Menschen wimmelte. Viele Schiffe hatten wegen der vorherigen Flaute tagelang im Hafen vor Anker gelegen. In der Folge waren viele Gasthäuser in der Stadt voll belegt. Nun kamen noch weitere Schiffe hinzu, deren Kapitäne vor dem Sturm in den sicheren Hafen flüchteten. Und als auch noch das Postschiff zurückkehrte, das einige Stunden zuvor nach Dover ausgelaufen war, wussten die Wirte kaum noch, wohin mit all den gestrandeten Passagieren, die händeringend ein Bett für die Nacht suchten.
Als Faith und Nick eintraten, kam ihnen ihr Wirt bereits entgegengeeilt. „Bonjour, Monsieur. Wie Sie sehen, haben wir ein kleines Problem. Ich frage mich, ob die Dame in Ihrer Begleitung wohl damit einverstanden wäre, ihr Zimmer mit diesen beiden englischen Damen zu teilen? Sie sind wirklich sehr vornehm, Monsieur, über
jeden Zweifel an ihrer Anständigkeit erhaben - sie verfügen über allerfeinstes Ledergepäck, einen Majordomus, der die Dachkammer mit meinem Sohn teilen soll, und eine Zofe, die bei meiner Tochter schlafen wird. Die beiden Damen jedoch haben keine Bleibe, und alle meine anderen chambres sind bereits restlos überfüllt. Es bleiben nur noch die beiden Zimmer, für die Sie bereits bezahlt haben, und da Sie letzte Nacht nicht beide benutzt haben, dachte ich mir ..." Er spreizte die Finger und zuckte gleichzeitig die Achseln, eine typisch französische Geste.
Nick hatte nichts dagegen, er konnte mit Mac und Stevens in einem Zimmer schlafen. Er wandte sich an Faith. „Es ist Ihre Entscheidung, meine Liebe." Er hatte kaum zu Ende gesprochen, da erschütterte ein Donnerschlag das Gebäude, und die Schleusen des Himmels öffneten sich. Sturm und Regen umtobten das Gasthaus, Fenster und Türen klapperten. Faith erschauerte und klammerte sich unwillkürlich an Nicks Arm.
„Madame?", fragte der Wirt nach.
Sie erschauerte erneut, doch dann riss sie sich zusammen. „Natürlich habe ich nichts dagegen, das Zimmer mit ...", begann sie und drehte sich lächelnd zu den beiden elegant gekleideten Damen um, die der Wirt gemeint hatte. Ihr Lächeln erstarb, und sie packte Nicks Arm wieder fester.
„Was ist?", fragte er leise.
Sie zwang sich, ihren Griff zu lockern und möglichst gelassen zu wirken. „Ach, nichts weiter." Zum Wirt gewandt, sagte sie: „Ja, ich habe nichts dagegen ..."
Eine kühle, etwas blasierte Stimme ertönte auf Englisch. „Sieh nur, Mama, ist das nicht die Bettlerin, die wir neulich in der Stadt gesehen haben? Die, die Englisch gesprochen hat?"
Die ältere Dame drehte sich um und bedachte Faith mit einem verächtlichen Blick. „Du meinst das Flittchen, das die Frechheit besessen hat, uns anzusprechen? Wie ich sehe hat sie ... Beschützer gefunden. Leider haben Männer, meine liebe Lettice, sogar sogenannte Gentlemen, deutlich niedrigere Moralvorstellungen als wir!" Sie wandte sich mit tragender Stimme an den Wirt. „Ich vertraue darauf, dass diese Kreatur bei Ihnen kein Quartier findet. Ich dachte, das hier wäre einehrenwertes Haus."
Faiths vorhin noch so gute Laune verflog schlagartig, doch Nicholas nahm fest ihre Hand. „Ich benötige beide Zimmer, Wirt. Meine Frau hat die letzte Nacht unter der Obhut von Marthe Dubois im Haus von Monsieur le Curé verbracht, aber jetzt ist sie wieder wohlauf. Daher brauche ich beide Räume, eins für meine Frau und mich und eins für meine Männer."
„Aber
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