Ein stuermischer Retter
anstrengend finden, kehren Sie mit dem ersten Schiff von dort aus nach England zurück. Haben wir uns verstanden, Mrs Blacklock?"
„Voll und ganz, Mr Blacklock." Zu seinem Erstaunen schüttelte sie ihm nicht die Hand, sondern stellte sich auf die Zehenspitzen, schlang die Arme um ihn und küsste ihn auf den Mund. Es war eigentlich kaum ein Kuss, nur ein leichtes Streifen seiner Lippen, ein Hauch warmen Atems, doch er ging Nick durch Mark und Bein.
Er sah ihr in die Augen. „Nein."
Sie schien verwirrt. „Was meinen Sie mit ,Nein'?"
„Wenn Sie bei mir bleiben wollen, werden wir uns nicht mehr auf diese Art küssen. Sie müssen lernen, dass Küsse bei uns jetzt keine Kinderküsschen mehr sein werden." Er schlang die Arme um sie, um ihr zu zeigen, wie er das meinte.
Er hatte sie einschüchtern wollen mit diesem Kuss, mit seinen typisch männlichen Gelüsten, doch als er ihre Lippen an seinen spürte, vergaß er es völlig. Sie schmeckten so süß und warm, genau wie er es in Erinnerung hatte. Er hatte sich so sehr danach gesehnt, nur noch ein einziges Mal von ihnen zu kosten, und nun übertraf dieser Kuss alle seine Erwartungen.
Erbebend öffnete Faith ihm ihren Mund - und er ergriff leidenschaftlich davon Besitz. Sie reagierte darauf scheu, aber auch mit einer Offenheit, die ihn überraschte. Sie schmiegte sich eng an ihn, streichelte sein Gesicht mit sanften Händen und erwiderte jeden seiner Küsse, bis er glaubte, sein Verlangen nach ihr kaum noch ertragen zu können.
Er ließ sie los und trat einen Schritt zurück. Sie wirkte benommen und ein wenig durcheinander, und er bemerkte, dass sie genauso schwer atmete wie er.
Sie blinzelte ein paarmal, dann fing sie an zu lächeln. „Ich denke, diese Lektionen werden sich als ziemlich zufriedenstellend erweisen, Mr Blacklock." In ihren Augen glomm ein verschmitzter Funken auf.
Am liebsten hätte er sie wieder an sich gerissen und erneut geküsst, aber sie befanden sich auf einer Straße. Außerdem wurden sie von seinen Männern beobachtet.
Mit seinem Kuss hatte er sie eigentlich in die Flucht schlagen wollen. Er hatte sie absichtlich so wild und leidenschaftlich geküsst, wie es in der Öffentlichkeit möglich war. Und sie ... Verdammt, sie stand jetzt da und lächelte ihn an, geradezu eine Einladung, es gleich noch einmal zu tun. Das Schlimmste war, er konnte nicht widerstehen. Er küsste sie erneut, kurz und hart, nur um ihr zu zeigen, wer hier das Sagen hatte - und wich dann zurück.
„Wir übernachten heute in einem Gasthaus in Le Touquet", teilte er ihr knapp mit. „Ein Zimmer, ein Bett. Kein Kissen zwischen uns. Sie haben bis heute Abend Zeit, Ihren Entschluss rückgängig zu machen."
„Das werde ich nicht tun", erwiderte sie sanft.
Er holte ihre Stute und hob sie in den Sattel. „Woher haben Sie überhaupt dieses Pferd?", fragte er stirnrunzelnd.
„Ich habe den Schiffskapitän gebeten, mir eins zu besorgen. Sie hatten recht, er war wirklich sehr hilfsbereit. Ich habe sogar das Geld für die Überfahrt erstattet bekommen. Wollen Sie Ihren Lederbeutel zurückhaben? Ich habe etwas von Ihrem Geld für dieses Reitkostüm ausgegeben. Doch da ich es bei einem Pfandleiher kaufte, war es nicht teuer. Die Qualität ist sehr gut, und es wird lange halten."
Er bedachte sie mit einem irritierten Blick, anschließend stapfte er zu seinem eigenen Pferd. Verdammt, verdammt, verdammt!
Faith sah ihrem hochgewachsenen Ehemann nach. Sie konnte ihn noch immer auf ihren Lippen schmecken. Es war ein sehr ... intimer Kuss gewesen. Sie leckte sich über die Lippen und erschauerte bei der Erinnerung an ihn.
Seine Worte fielen ihr wieder ein. Sie haben bis heute Abend Zeit, Ihren Entschluss rückgängig zu machen. Sie beobachtete ihn, wie er sich geschmeidig auf sein Pferd schwang, und irgendetwas in ihrem Innern sagte ihr, dass alles, was sie bislang getan hatte, richtig war. Sie würde ihre Meinung nicht mehr ändern. Sie war fest entschlossen, nach vorn zu gehen, nicht zurück.
In dieser Nacht würde sie endgültig Mrs Blacklock werden.
8. KAPITEL
Lass meine Hände schweifen, sag nicht nein, hinauf, hinab, hinüber, zwischendrein.
John Donne
Es war Nacht geworden, und in dem kleinen Gasthauszimmer wartete Faith auf ihren Ehemann. Sie trug das Gewand, das Marthe ihr nach der Trauung geschenkt hatte. Der cremeweiße Batist war so zart, dass er beinahe durchsichtig war. Das Oberteil war aus wunderschöner, handgeklöppelter Spitze und tief
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