Ein stuermischer Retter
dass er damit den Augenblick der Trennung hinauszögerte.
Ihre Tränen sind sicher schnell getrocknet, redete er sich ein. Schon bald würde er nur noch eine Erinnerung für sie sein; ein Fremder, dem sie zufällig begegnet war und der ihr geholfen hatte, in ein sicheres Zuhause zurückzukehren. Sie hatte auch ohne ihn eine Zukunft.
„Willst du heute Nacht ein Lager aufschlagen oder lieber in einem Gasthaus übernachten?"
Macs Laune hatte sich schlagartig gebessert, sobald sie Calais verlassen hatten. Nick hatte nicht gewartet, bis das Schiff mit Faith abgelegt hatte. Ohne einen Blick zurück war er die Gangway hinuntermarschiert, hatte seine Männer und die Pferde vom Gasthaus abgeholt, den Wirt bezahlt und, die neugierigen Fragen nach dem Verbleib seiner Braut ignorierend, die Stadt verlassen. Seine Reise hatte endlich begonnen. „Ein Lager, denke ich", antwortete Nick. „Es sieht so aus, als würde die Nacht klar und ziemlich mild werden." Sie hatten Boulogne-sur-Mer hinter sich gelassen, und am Horizont war glitzernd das Meer zu sehen. Schon bald wollten sie landeinwärts weiter nach Süden ziehen, das war der kürzere Weg nach Spanien, obwohl Nick das Meer liebte. Es war so frisch und rein, und er hatte das Gefühl, es reinigte auf beinahe mystische Weise seine Seele.
Mac warf ihm einen Seitenblick zu. „Du hast genau das Richtige getan, Capt'n.
Frauen machen einen nur fertig. Es ist besser, sich ihrer zu entledigen."
Nick schwieg.
„Ich weiß nicht, ich vermisse sie", ließ sich Stevens vernehmen. „Sie hatte so eine reizende Art, die kleine Miss Faith."
„Ja, ja, die meisten Frauen haben eine reizende Art. Für einen Mann ist es das Beste, sich von der ganzen Bande fernzuhalten", meinte Mac säuerlich.
„Miss Faith war eine von den Guten", beharrte Stevens. „Mr Nick hätte kein besseres Mädchen finden können, in ganz London nicht, möchte ich wetten."
Mac stieß einen verächtlichen Laut aus.
„Nur ganz wenige junge Damen hätten es mit dieser alten Hexe aufgenommen, geschweige denn jemanden wie mich so mutig verteidigt, wie Miss Faith das getan hat." Stevens' Stimme klang etwas belegt, er war zutiefst gerührt.
Zu Recht, dachte Nick. Sie war eher gewillt gewesen, Stevens zu beschützen als sich selbst. Es schien fast so, als fände sie, Stevens hätte es nicht verdient, derart abfällig von Lady Brinckat behandelt zu werden, sie selbst hingegen schon. Nick umfasste die Zügel fester. Es gab eine Menge Dinge, die dieser bulgarische Bastard zu verantworten hatte.
„Ja, es war gut, dass sie sich für dich eingesetzt hat, und das rechne ich ihr auch hoch an", gab Mac widerwillig zu. „Aber deswegen brauchte der Capt'n sie noch
lange nicht zu heiraten."
„Schluss jetzt, alle beide!", brauste Nick auf. „Meine Hochzeit liegt hinter mir, und dabei soll es auch bleiben. Das Thema ist beendet, ein für alle Mal."
Eine Weile ritten die Männer schweigend weiter, aber dann meldete sich Stevens erneut zu Wort, er klang ziemlich belustigt. „Mr Nick, Ihre Hochzeit mag ja hinter Ihnen liegen, genau wie Ihre Braut ... Letztere nur nicht ganz so weit hinter Ihnen, wie Sie vielleicht denken könnten. Sehen Sie nur mal!"
„Wie bitte?" Nick drehte sich im Sattel um und sah in die Richtung, in die Stevens zeigte. Verblüfft entdeckte er seine Frau keine hundert Meter hinter ihnen in einem schiefergrauen Reitkostüm auf einem braunen Pferd, das sich in leichtem Galopp rasch näherte. Nick fluchte. „Wartet hier", befahl er seinen Männern. „Ich kümmere mich darum." Er galoppierte ihr entgegen. „Was, zum Teufel, haben Sie hier zu suchen?", brüllte er, als er sie erreicht hatte. Und bereute es auf der Stelle.
Sein Aufschrei und das Donnern der Hufe seines heranstürmenden Pferds ließen ihr eigenes scheuen. Es bäumte sich vor Schreck auf. Nick streckte den Arm aus, um seine Zügel zu fassen, aber es wich zur Seite aus und bäumte sich ein weiteres Mal auf. Das Herz schlug Nick bis zum Hals. Großer Gott, vielleicht brach sie sich seinetwegen das Genick! Er konnte nur hilflos zusehen.
Er ist wütend, dachte Faith, während sie versuchte, ihre Stute zu beruhigen. Nicht nur auf sie, sondern jetzt auch noch auf sich selbst. Etwas anderes hatte sie auch nicht erwartet. Sie hatte Herzklopfen, und das lag nicht an ihrem scheuenden Tier. Männer schätzten Handlungen aus Trotz nicht besonders.
Bis sie ihr Pferd endlich wieder im Griff hatte, waren sie beide ruhiger geworden. Als ihr Pferd
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