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Ein stuermischer Retter

Ein stuermischer Retter

Titel: Ein stuermischer Retter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Gracie
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dann hat er sich im letzten Moment bewegt, und ich habe ihn nicht richtig erwischt." Zweifelnd blickte sie auf ihr Taschentuch. Er seufzte, fasste in seine Tasche und reichte ihr ein sauberes. Sie nahm es dankbar an. Als sie sich wieder einigermaßen gefasst hatte, fragte er: „Warum, um Himmels willen, bist du plötzlich auf die Idee gekommen, für unser Abendessen selbst auf die Jagd gehen zu müssen? Ich habe genügend Mittel, uns mit dem zu versorgen, was wir brauchen!"
    „Ich w...wollte wie Polly MicMac sein."
    „Wie Polly MicMac? Polly MicMac?" Er starrte sie ungläubig an. „Warum wolltest du sein wie dieses diebische kleine Frauenzimmer?"
    „Diebisch?"
    Er machte eine ungeduldige Handbewegung. „Die diebischste Elster, der ich je begegnet bin. Frag die Bauern und Dorfbewohner, denen sie einen Besuch abgestattet hat. Keiner dieser Besuche verlief, ohne dass Polly einen jungen Hahn oder ein paar Äpfel oder gar ein Ferkel ,gefunden' hätte. Sie konnte aus nur wenigen Zutaten ein Festmahl zaubern, dieses verdammte Weib. Abgesehen davon war zu der Zeit Krieg!"
    Faith sah Polly MicMacs Aktivitäten plötzlich in einem anderen Licht. Vielleicht beurteilten Offiziere und Bedienstete so etwas ja von verschiedenen Standpunkten her - vor allem, wenn die Betroffenen in den Genuss der Beutezüge dieser Dame kamen.
    „Woher hast du überhaupt von Polly MicMac erfahren?" Er schlug sich mit der flachen Hand an die Stirn. „Natürlich, von Stevens! Das hätte ich mir denken können. Hat wohl wieder in Erinnerungen an seine Zeit in der Armee geschwelgt. Er hatte ja immer eine Schwäche für diese Frau, aber sie war ..." Er merkte, in welche Richtung er abzuschweifen drohte, und verstummte abrupt. Er sah sie streng an. „Nun, von jetzt an verbiete ich dir, noch einmal auf unglückliche Kreaturen zu schießen. Du liebe Güte - du weißt ja noch nicht einmal, wem das Land gehört, auf dem sich der Hase herumtrieb! Ist dir klar, dass du wegen Wilderei verhaftet werden könntest, wenn wir jetzt in England wären?"
    „W...Wilderei?", stammelte Faith. Daran hatte sie gar nicht gedacht.
    „Es werden ständig Leute nach New South Wales verbannt, weil sie sich Hasen geschnappt haben, die ihnen gar nicht gehörten. Gott weiß, was sie in Frankreich mit Wilderern anstellen."
    Faith nagte an ihrer Unterlippe. „Ich habe nicht richtig nachgedacht."
    „Nein, das hast du nicht! Also, keine weiteren Schießübungen. Lass die Pistole da, wo sie hingehört. Du sollst damit Räuber und Wegelagerer abschrecken, aber nicht unser Abendmahl erlegen!" Er trieb sein Pferd zu einer schnelleren Gangart an und ritt voraus.
    Faith kam sich klein, dumm und grausam vor.
    „Machen Sie sich nichts draus, Miss." Stevens ritt neben sie. „Sie haben nur zufällig einen wunden Punkt bei Mr Nick erwischt. Er liebt Tiere einfach über alles, schon seit er ein kleiner Junge war und sich den ganzen Tag mit meinem Algy im Wald herumtrieb."
    „Aber er hat ja recht. Ich habe nicht nachgedacht. Ich fühle mich ganz schrecklich wegen dieses armen Hasen. Ich dachte, es ginge blitzschnell - kurz und schmerzlos wie bei den Fischen, die Sie getötet haben." Sie schüttelte sich, denn ihr war immer noch schlecht.
    „Nehmen Sie es nicht so schwer, Miss. Sie haben das doch nicht mit Absicht getan, das weiß ich. Und Mr Nick weiß auch, dass Sie es nur gut gemeint haben."
    „Nein, das tut er nicht", erwiderte sie kläglich.
    „Zerbrechen Sie sich darüber nicht den Kopf, Miss. Er wird bald wieder einlenken, Sie werden schon sehen."
    „Ich wünschte nur ..." Sie biss sich auf die Unterlippe.
    „Na, na, Miss, alles wird wieder gut. Mr Nick wird sich beruhigen, und Mac wird den Hasen finden und ihn schnell von seinen Qualen erlösen."
    „Ich vermute, Mac hält es eher für eine Sünde, das gute Fleisch zu vergeuden." Noch während sie das sagte, merkte sie, wie dumm das klang.
    „Nein, da irren Sie sich", tadelte Stevens sie prompt. „Mac tut das, weil er kein lebendes Wesen leiden sehen kann. Er wird das Tier finden und ihm ein schnelles, schmerzloses Ende machen. Das ist ein Vermächtnis des Krieges."
    Faith fühlte sich bei diesen Worten noch miserabler, allein schon wegen ihrer bissigen Bemerkung. „Wie meinen Sie das, ein Vermächtnis des Krieges?"
    „Mac hat viele Männer langsam und qualvoll sterben sehen. Wir alle haben das erlebt, aber ihm schien das mehr zuzusetzen als anderen. Manche Männer brauchten Tage, manche auch Wochen und Monate, bis sie

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