Ein stuermischer Retter
grün und noch nicht reif. Sie war fest entschlossen, eine gute Soldatenfrau zu werden, und das nicht nur, weil Nicholas sich das von einer Ehefrau wünschte.
In jener schrecklichen Zeit, als sie sich von Felix losgesagt hatte, war sie an einem Tiefpunkt angelangt. Die Tage, während sie über staubige Landstraßen wanderte, hatten ihr mehr als genug Zeit gelassen, gründlich über ihr Leben nachzudenken. Die Erkenntnis, den größten Teil ihres Lebens von anderen bestimmt worden zu sein -und das auch noch zugelassen zu haben -, war keine angenehme gewesen.
Sie wollte nie wieder das Gefühl haben, abhängig von anderen zu sein. So wie sie es verstanden hatte, waren Soldatenfrauen stark und frei, mehr gleichberechtigte Partnerinnen denn unterwürfige Geschöpfe ihrer Ehemänner. Genau das wollte Faith auch werden, eine Partnerin für Nicholas. Eine Partnerin fürs Leben.
Es war später Nachmittag. Die Pferde trotteten in größeren Abständen hintereinander her, als Faith ihn plötzlich entdeckte - einen großen Hasen, der an einem Büschel Mariengras knabberte. Ihre Chance war gekommen.
Ganz vorsichtig zog sie ihre Pistole, entsicherte sie und schoss. Der Hase fiel zur
Seite, und einen Moment lang verspürte Faith ein ungeheures Triumphgefühl. Doch dann bewegte sich der Hase zu ihrem Entsetzen wieder. Quälend langsam schleppte er sich in ein kleines Brombeerdickicht. Ihr wurde übel. Er war verletzt und blutete stark. Faith hatte ihn nicht richtig getroffen, schlimmer noch, sie hatte das arme Tier verwundet. Es musste Todesqualen ausstehen!
„Was, zum Teufel, geht hier vor?" Nicholas hatte zu ihr aufgeschlossen, seine Stimme klang hart und kalt. Zornig.
Sie zeigte auf das Brombeerdickicht. „Ich ... ich habe auf einen Hasen geschossen, aber ... aber ... "
„Aber es war kein sauberer Schuss", meinte er vorwurfsvoll.
„Ich weiß", jammerte sie. Sie fühlte sich schon elendig genug, da brauchte er sie nicht auch noch anzuraunen, als hätte sie das Tier absichtlich angeschossen. Inzwischen waren auch die anderen zur Stelle. Mac saß ab und spähte auf allen vieren ins Brombeergestrüpp. Beowulf war an seiner Seite und nahm bereits eifrig mit der Nase die Fährte auf.
„Ich kümmere mich darum", grollte Mac. „Ihr reitet weiter. Es wird bald dunkel, ihr müsst die Stadt erreichen. Ich hole euch schon ein."
„Gut", stimmte Nicholas zu. „Komm", fuhr er Faith an. Er wendete sein Pferd und trabte davon.
Schuldbewusst und traurig folgte sie ihm.
Eine geraume Zeit ignorierte er sie völlig. Schließlich brachte er sein Pferd zum Stehen und wartete, bis sie ihn eingeholt hatte. Dann entlud sich sein ganzer Zorn. „Was fällt dir überhaupt ein, so etwas Dummes, Unverantwortliches zu veranstalten? Ich habe dir die Pistole zur Selbstverteidigung gekauft, nicht, um auf Hasen zu schießen!" Seine Miene war wie versteinert und seine Stimme klang schneidend. „Keiner hat dich gebeten, diese Reise mitzumachen, und wenn du dich jetzt schon langweilst, ist das deine Schuld! Wenn du glaubst, du könntest die eintönige Zeit damit totschlagen, indem du aufs Geratewohl auf Tiere schießt, dann vergiss es! Das lasse ich nicht zu, hörst du? Stevens soll dich zurück nach Saint-Valery begleiten, von dort aus kannst du ein Schiff nach England besteigen! Ich verabscheue die Einstellung, dass Wild nur zu unserem sportlichen Vergnügen da ist!"
„Er war nicht zu meinem sportlichen Vergnügen da, er sollte unser Abendmahl werden", rechtfertigte sie sich und wischte sich die Tränen von den Wangen. „Und mir war nicht langweilig. Ich habe bisher jeden Augenblick dieser Reise genossen. Ich hatte nur diesen Hasen gesehen und gedacht, wir könnten ihn heute Abend essen." „Warum, in Gottes Namen?"
Faith rieb sich die Augen und versuchte zu erklären. „Ich dachte ... ich wollte sein wie ... ich meine, du warst doch so froh, als ich die Fische geangelt habe. Und du hast sie gegessen." Sie zog ein Taschentuch hervor und schnäuzte sich.
Er betrachtete sie schweigend, und als er schließlich wieder sprach, klang seine Stimme beinahe wieder normal. „Ich habe nichts gegen das Angeln und auch nichts dagegen, Wild zum eigenen Verzehr zu erlegen. Was ich hasse, das ist, Tiere nur zum
Vergnügen in Stücke zu reißen."
Bei seinen Worten kamen ihr wieder die Tränen. „Ich wollte den armen Hasen nicht in Stücke reißen! Ich habe noch nie zuvor in meinem Leben ein Tier getötet. Ich dachte, er wäre auf der Stelle tot. Aber
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