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Weisse Haut - Schwarze Haut

Weisse Haut - Schwarze Haut

Titel: Weisse Haut - Schwarze Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Friedemann
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    N ebel, dunkler, grauer Dunst, Feuchtigkeit und
Kälte lagen über der Stadt Southampton. Es war noch still, beschaulich an
diesem sehr frühen Morgen. Kein Rollen von Gummireifen, kein Motorengeräusch,
kein Lärmen der Hafenarbeiter war zu hören. Alles schien noch zu schlafen sowie
die Sonne seit Tagen. Selbst der Wind war zu diesem bleiernen Tagesbeginn
untätig. Es stank in dieser Morgenstunde wenigstens nicht so stark nach Unrat,
Fisch, nur ein leichter Geruch von dem Salzwasser lag in der Luft. Das würde
sich bald ändern. Es wehte eigentlich ständig eine frische Brise, gerade hier
am Hafenbecken.
    Der Junge saß zwischen den Kisten zusammengekauert und
spähte auf das Grau vor sich. Nur schemenhaft erkannte er die Umrisse des
großen Frachtschiffes. Er wusste jedoch, wie das Schiff aussah. Es gehörte der
Blue Star Line. Eine britische Reederei mit Hauptsitz in London. Die
Gesellschaft betrieb Liniendienste bis nach Kapstadt, Südamerika, Australien,
Neuseeland. Die Route dieses Frachters verlief von London, Southampton nach
Ostasien. Zu erkennen waren die Schiffe an einem blauen Stern auf weißen Grund.
Die Schornsteine waren Rot mit einem zentralen weißen Kreis, in dessen Mitte
eben jener Stern prangte, die Kappe schwarz mit einem schmalen weißen Band im
unteren Teil. Es war die Afric Star mit 11 884 Bruttoregistertonnen. Es war ein
schönes, großes Schiff mit 475 x 67 x 45 feet. Viele Schiffe der Blue Star Line
wurden nach Ländern oder Städten benannt und am Ende stand immer Star. So bei
der Australia Star, Viking Star oder Empire Star. Einige dieser Schiffe kannte
er vom Sehen.
    Gestern hatte er einen Matrosen gefragt und so erfahren,
dass es heute, in wenigen Stunden ablegen würde. Das Schiff nahm den English Channel
Kurs auf dem Atlantik nach Tanger, folgend den Weg durch die Straße von
Gibraltar, den Suezkanal, um später in dem Protektorat Britisch-Somaliland
anzulegen. Danach setzten sie die Fahrt zu der Kronkolonie British East Africa,
Mombasa, fort, bevor sie nach Madagaskar schipperte und nachfolgend den
Indischen Pazifik durchqueren würden.
    Während er wartete, schweiften seine Gedanken zu seiner
Familie. Was hatte sein Onkel vorgestern Abend zu dem Vater gesagt? „Hier geht
es nur noch abwärts. Der britische Premierminister Chamberlain von der
Conservative and Unionist Party bezeichnet diese Politik als aktive
Beschwichtigung. Seine Absicht ist es, durch Zugeständnisse die territorialen
Ambitionen Hitlers auf friedlichem Weg zu befriedigen und dadurch einen Krieg
zu vermeiden. Seine Appeasementpolitik und dieses Münchner-Abkommen mit the
peace in our time, sind doch nur Hinhaltetaktik. Uns wird’s erwischen. Hör auf
Churchill. Der fordert dringend die Aufrüstung der Armee gegen die Bedrohung
durch diese Nationalsozialisten. Es wird Krieg geben. Glaub mir, Edward.“
    Sein Vater glaubte es nicht, tat das als Spinnerei ab.
Überall hörte man, dass ein Krieg bevorstand und er wollte nicht Soldat werden.
Niemals! Nein, er wollte nicht zur Army. In der Fabrik arbeiten wollte er
ebenfalls nicht mehr, notabene würde man ihn keineswegs fragen, sondern bei
Kriegsbeginn kurzerhand einberufen. Das sahen seine Eltern, seine älteren
Brüder, anders.
    „Du kannst stolz sein, wenn sie dich nehmen“, hatte Sean,
sein zweitältester Bruder erst vor wenigen Tagen zu ihm gesagt. „Wir werden für
unser Vaterland kämpfen.“
    „Ja, und sterben“, hatte er erwidert.
    „Du willst ja wohl nicht kneifen? Bist du ein Mann oder
eine Memme?“, hatte ihn Edward der älteste Bruder mit heruntergezogenen Mundwinkeln
angebrüllt.
    Selbst seine Mutter redete so. „Du kannst stolz sein, wenn
du für deine Heimat dein Leben lässt. Gott hat es dann so gewollt.“
    Er wollte hingegen nicht stolz sterben, sondern leben. Er
wollte nicht nur leben, sondern etwas anderes sehen, als das was er kannte.
Hier würde sein Leben beharrlich stumpfsinnig so weitergehen, wie in den
letzten drei Jahren, und zwar bis zu seinem Tod. In der Fabrik arbeiten, abends
essen, schlafen, und morgens begann es von neuem. Das wenige Geld reichte
gerade so, dass man nicht verhungerte oder fror. Es musste doch noch mehr,
etwas anderes geben, als diese Eintönigkeit? Es musste mehr als graue, triste
Häuserzeilen und der wie eine Glocke über allem hängenden Geruch nach Kohle,
geben. Nein, er wollte sein Leben nicht in dieser Monotonie verbringen. Diese
unerträgliche Vorstellung hatte in ihm den Plan reifen lassen.
    Einige

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