Ein süßes Abenteuer
an. “Wenn es Ihnen nichts ausmacht, draußen auf mich zu warten, werde ich Toby noch einmal befragen. Hat einer von Ihnen vielleicht ein paar Guineas, mit denen ich ihm die Zunge lösen kann?”
“Ja, ich”, meldete sich Neville und zückte seine Börse. “Hier, bitte sehr.”
“Danke.”
Auf Zehenspitzen schlichen sie die Treppe hinab zu dem zerbrochenen Fenster. In der Gasse hinter dem Haus herrschte ein übler Gestank, doch inzwischen fielen solche Kleinigkeiten Neville überhaupt nicht mehr auf. Weit mehr beschäftigte ihn die Sorge, er könnte erneut vor Gericht landen oder sich erneut gezwungen sehen, einen potenziellen Mörder zu erschießen.
Sie begaben sich in einen verlassenen Hof hinter dem leer stehenden Nachbargebäude. Dort ließen Neville und Jackson sich auf zwei Fässern nieder, während Thad seinen Freund aufsuchte.
“Hoffentlich macht Mr. Newman sich nicht mit meinen zwei Guineas aus dem Staub”, bemerkte Neville.
“Dieses Risiko müssen wir eingehen”, erwiderte Jackson.
Das Warten schien kein Ende zu nehmen, zumal sie schweigen mussten, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Als sie den Nachtwächter herannahen hörten, zog Jackson seinen Begleiter hastig durch die verfallene Eingangstür ins Innere des Gebäudes. Mit angehaltenem Atem lauschten sie, wie der Wächter den Hof betrat, hustete, ausspuckte, mit seiner Laterne eine Runde drehte und sich schließlich wieder entfernte. Bald danach kehrte Thad zurück.
“Psst!”, flüsterte er. “Gleich kommen sie heraus. Einzeln. Toby hatte Neuigkeiten für mich, aber die erzähle ich Ihnen später.”
Kaum hatte er ausgesprochen, sahen sie bereits den ersten Mann am Hofeingang vorbeieilen. Da er sich mit Hut und Schal vermummt hatte, konnten sie ihn nicht erkennen und ebenso wenig die anderen, die in gewissen Abständen an ihnen vorbeizogen. Dann, beim letzten Mann, kam plötzlich eine derart starke Windbö auf, dass sein Hut davonwehte. Laut fluchend lief sein Besitzer ihm hinterher, wobei sein Schal verrutschte. Für einen Augenblick wurde sein Gesicht sichtbar.
Neville kannte ihn zwar nicht, aber Jackson offenbar schon. “Ihr Freund hat recht, das war eindeutig Knighton!”, wandte er sich an Thad, sobald der Captain sich außer Hörweite befand. “Sicher schmiedet er wieder einen seiner verräterischen Pläne. Folgen Sie ihm bis zu seinem Versteck und geben Sie mir gleich morgen früh die Adresse. Wegen seines früheren Umsturzversuchs besteht nämlich immer noch ein Haftbefehl gegen ihn. Und behalten Sie auch Latimer weiterhin im Auge.”
Letztendlich hatte sich ihre Mühe also gelohnt, auch wenn Thad seine Neuigkeiten, die höchstwahrscheinlich die vermissten Mädchen betrafen, erst morgen berichten konnte. Vorerst nahm er gehorsam die Verfolgung auf.
“Legen wir jetzt den Entführern das Handwerk”, schlug Neville vor.
“Hm … das könnten wir …” Jackson überlegte kurz, doch schließlich meinte er: “Nein, wir sollten unser Glück nicht überstrapazieren. Wenn wir den Kopf der Bande fangen wollen, müssen wir noch viel gründlicher ermitteln. Vielleicht hat Thad tatsächlich eine neue Spur. Dann steht uns noch ein gefährlicher Einsatz bevor, also sollten wir lieber nach Hause gehen und unseren versäumten Schlaf nachholen. Kommen Sie doch morgen früh auch zu mir, wenn Thad mir Bericht erstattet. Sicher brauche ich Ihnen nicht erst zu sagen, dass Sie keinem Menschen erzählen dürfen, was für ein Schlangennest wir heute entdeckt haben.”
Den ganzen folgenden Morgen über wartete Diana auf Nevilles Besuch, von dem Augenblick, da sie aufstand, bis zur Mittagszeit. Doch sie hoffte vergebens. Stunde um Stunde verging, ohne dass er sich blicken ließ.
Gegen ein Uhr verlor sie die Geduld. Wenn Neville nicht zu ihr kam, würde sie sich eben direkt bei Jackson nach dem Stand der Dinge erkundigen. Höflich, aber bestimmt. Nachdem sie dies beschlossen hatte, zog sie ihr unauffälligstes Kleid an und ließ sich in ihrem Landauer zum Haus des Ermittlers fahren. Indem sie Neville einfach überging, würde sie ihm eine wohlverdiente Lektion erteilen.
Im Grunde wusste sie selbst nicht genau, weshalb sie sich so sehr über ihn ärgerte. Glücklicherweise ahnte sie nicht, dass ihre Anstandsdame sie besser durchschaute als sie selbst. Isabella hatte ihre Unruhe wohl bemerkt und vermutete, ihr Schützling verzehre sich nach Sir Neville.
Bei Jackson angekommen, musste Diana die Hoffnung auf ein vertrauliches Gespräch
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