Ein süßes Abenteuer
für den Mann einzuspringen. Von da an führte ich kranken Lüstlingen, die glaubten, sie würden durch den Beischlaf mit einer Jungfrau geheilt, unberührte Mädchen zu. Nun ja, meinen Vorgänger hat diese Methode offensichtlich nicht geheilt.”
Zwischendurch hatte George immer wieder innehalten müssen, um seiner schwachen Stimme eine Pause zu gönnen. Diesmal schwieg er mehrere Minuten lang, ehe er wieder zu sprechen begann, so leise, dass sich Neville und Jackson näher zu ihm vorbeugen mussten.
“Weißt du, ich kannte unsere Kunden nicht und auch keinen unserer Anführer, abgesehen von Prinz Adalbert. Ich diente bloß als Mittelsmann, als Latimers rechte Hand. Als es aussah, als könnte alles ans Licht kommen, bemühten wir uns, unser Geheimnis um jeden Preis zu schützen. Nicht einmal vor Mord schreckten wir zurück. Aber nachdem du uns einmal den Kampf angesagt hattest, Neville, konnte dich nichts mehr aufhalten. Und um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, mischte sich auch noch diese verfluchte Duchess in die Angelegenheit ein und Sidmouths Lieblingsspion Jackson ebenfalls. Daher sah Latimer keine andere Möglichkeit, als euch alle drei aus dem Weg zu räumen. Mir trug er auf, Diana zu beseitigen. Gott möge mir verzeihen, ich willigte ein, doch am Ende fiel ich in meine eigene Grube. Das alles erzähle ich dir nur, damit Latimer nicht etwa ohne Strafe davonkommt, schließlich klebt an seinen Händen ebenso viel unschuldiges Blut wie an meinen. Ich bin bereit, zur Bekräftigung meiner Aussage eine eidesstattliche Erklärung zu unterzeichnen. In der Zwischenzeit kannst du den Priester zu mir schicken.” Erschöpft wandte er den Kopf ab und stieß zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor: “Tu jetzt deine verdammte Pflicht, Neville, damit ich in Frieden sterben kann.”
Bereute George seine Taten? Ging es ihm wahrhaftig um die Gerechtigkeit, oder wollte er sich bloß an Henry Latimer rächen, der ihn in diesen Treibsand des Verbrechens und des Betrugs hineingezogen hatte? Nun, alles in allem spielte es keine große Rolle, welche Gründe ihn zu seinem Geständnis bewogen. Nachdem der Priester ihm die Absolution erteilt hatte, unterschrieb er mit zitternder Hand die von Neville aufgesetzte eidesstattliche Erklärung. Neville und Jackson beglaubigten das Dokument mit ihrer Unterschrift, dann überließen sie den Sterbenden der Fürsorge seines Arztes.
“Was nun?”, erkundigte sich Neville, sobald sie draußen auf dem Gehsteig standen.
“Ich werde diese Aussage Lord Sidmouth übergeben, und dann – wer weiß?”, meinte Jackson achselzuckend. “Auf jeden Fall muss ich Sie warnen. Wenn Latimer feststellt, dass Sie den Verbrecherring zerschlagen haben, wird er sich als Nächstes gegen Sie wenden.”
“Meinetwegen soll er tun, was er will, solange er nur seine dreckigen Finger von Diana lässt.”
“Machen Sie sich auf einen Gegenschlag gefasst”, schärfte Jackson ihm ein, ehe sie sich trennten. “Ein Bösewicht wird erst richtig gefährlich, wenn man ihn in die Enge treibt.”
15. KAPITEL
“D as sieht dem guten George ähnlich – mitten in einem nachmittäglichen Schäferstündchen ereilt ihn ein lebensbedrohlicher Unfall”, bemerkte Henry Latimer.
Als sich herumsprach, dass zum Zeitpunkt des Unglücks irgendeine unbekannte junge Frau bei Lord Alford in der Kutsche gesessen hatte, rissen viele seiner angeblichen Freunde zotige Witze. Zwar löste die Nachricht, dass er sich von seinen Verletzungen nicht mehr erholen würde, auch gewisses Mitgefühl aus, aber noch viel mehr interessierten sich alle für die geheimnisvolle verschwundene Dame.
Nur Henry Latimer beteiligte sich nicht an dem Rätselraten, da er ja wusste, dass es sich um die Duchess of Medbourne handeln musste. Innerlich schäumte er vor Wut, weil Alford, dieser Schwachkopf, es nicht geschafft hatte, sie zu entführen. Nun verbreitete die Duchess das Gerücht, ein paar Teilnehmer des Protestmarsches hätten ihre Kutsche gestohlen und ihren Stallburschen zusammengeschlagen.
Selbstverständlich wusste Henry auch, wer sein einträgliches Geschäft ruiniert hatte. Gegen Jackson, Sidmouths Spion, konnte er nicht viel unternehmen, aber mit Fortescue würde er kurzen Prozess machen. Dazu musste er nur einen Streit herbeiführen, der es ihm erlaubte, diesen selbstgerechten Mistkerl zum Duell zu fordern. In Mantons Schießstand hatte er seine Zielsicherheit oft genug bewiesen. Was Fortescue betraf, so wusste jeder, dass ihm nichts an den
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