Ein Tag, zwei Leben (German Edition)
malen?«
Zeitlich war das nicht gerade großartig in Anbetracht all der Dinge, die ich für heute vorhatte, aber es war Maddie. » Das weißt du doch!«, rief ich zurück und ging in dem Bewusstsein hinaus, dass das Mädchen jetzt lächelnd am Küchentisch saß.
Capri arbeitete an den Wochenenden im Second-Hand-Musikgeschäft Thrifty Tunes. Das hatte einen doppelten Anreiz für sie; sie verdiente Geld und konnte darüber hinaus mit Angus, ihrem So-gut-wie-Freund, abhängen, der ebenfalls an den Wochenenden dort arbeitete.
Obwohl Capri das nicht zugeben wollte, passten sie perfekt zueinander: Beide mochten den Gothic Look, beide liebten Musik, beide waren eigensinnig und willensstark. Und wenn man sie zusammen erlebte … nun ja, dann konnte selbst der zurückgebliebenste Beobachter erkennen, dass sie in allen wichtigen Punkten zueinander passten. Allerdings hieß das auch, dass sie sich gegenseitig in den Wahnsinn trieben und wie die Verrückten miteinander stritten. Nach ihrem letzten Streit hatte Capri zwei Wochen lang nicht mehr mit Angus gesprochen.
» Sollen wir uns später treffen und einen Film anschauen oder so?«, bot Capri an, während wir durch Thrifty Tunes bummelten, jede von uns einen Mocha Frappuccino in der Hand.
» Ich kann nicht. Muss heute Nachmittag mit Maddie abhängen«, sagte ich zwischen zwei Schlucken und war irgendwie zufrieden, dass in meiner Lüge auch ein Körnchen Wahrheit steckte.
» Davis kommt wohl auch vorbei.« Sie sagte das, als wäre es eine Trumpfkarte.
» Ich habe dir doch schon gesagt, dass Davis und ich nur gute Freunde sind. Das ist alles.«
Capri warf ihren Getränkebecher in die Mülltonne und ließ ein paar Kaugummiblasen platzen, bevor sie noch im Gehen ihr Lipgloss auffrischte, das die Farbe schwarzer Johannisbeeren hatte.
» Das denkt er aber nicht. Ich seh doch, dass seine kleinere Ausgabe an ganz andere Dinge denkt, wenn du anwesend bist«, neckte sie mich.
Ich schlug ihr auf den Arm. » Bitte sag so was nicht.« Bitte! Es war schon schlimm genug zu wissen, wie eng ich im Moment an Dex dranhing. » Davis ist cool. Als guter Freund.«
» Komm schon, Sabs, was ist denn schon dabei? Wartest du auf Mr Haut-mich-vom-Hocker oder so? Oder wartest du auf mich? Aber weißt du …«
Ich schlug wieder nach ihr, aber ich lachte dabei. » Das hättest du wohl gern.«
Sie blickte mich immer noch an und wollte eine Antwort. Ich stöhnte. » Ich weiß nicht, Cap. Ich mag momentan nur niemanden auf diese Art.« Ich sah sie ernst an, um dem Ganzen mehr Nachdruck zu verleihen, denn ich war mir ziemlich sicher, dass Capri in alle Richtungen aufgeschlossen war. » Aber wenn es mal so weit ist, dann wird es ganz bestimmt ein Kerl sein.«
Wir blieben vor dem Musikgeschäft stehen und sie zuckte mit den Achseln, zufrieden, dass ich keine Leichen im Keller hatte. » Ich will doch nur, dass du jemanden abkriegst, weißt du? Und zwar bevor du fünfzig bist.«
Ein Teil von mir – ein ziemlich großer Teil – stimmte ihr voll und ganz zu. Aber ich funkelte sie trotzdem an. » Du bist ein Miststück, weißt du das?«
» Kann sein, dass ich das schon ein-zwei Mal gehört habe«, rief sie mir nach, als ich wegging.
Ich ging bei einem Schreibwarenladen vorbei und kaufte mir ein liniertes schwarzes Notizbuch. Das würde ich für meinen Plan brauchen. Mit zitternden Fingern wählte ich eine Nummer auf meinem Handy und vereinbarte für später einen Termin.
Im Drogeriemarkt begrüßte ich Mom und die Pharmazeutin Denise, dann schlängelte ich mich – wegen des Gipses – ungelenk in einen der weißen Kittel, durch die wir » medizinisch kompetenter« aussehen sollten. Als Mom und Denise gerade nicht hinschauten, legte ich mein Notizbuch auf den Ladentisch. Darauf legte ich eine Zeitschrift, damit keiner der Kunden, die hereinkamen, die Liste sehen konnte.
Bluttheorie überprüfen – äußerliche körperliche Reaktion
Haare testen – Färben und Entfärben
Abführmittel testen – innere körperliche Reaktion
Gift ausprobieren – Bewusstlosigkeit und Organversagen
Wenn die Punkte eins bis vier erfolgreich abgehakt wurden, zum nächsten Punkt übergehen.
Meine Hand zitterte, als ich Punkt fünf aufschrieb.
Entscheiden
Ich kaute auf einem Fingernagel herum und starrte auf das, was ich gerade geschrieben hatte. Konnte es wirklich so einfach sein? Ich wusste es nicht, aber trotzdem … ich strich den letzten Punkt durch. Dafür war es noch zu früh. Zuerst Punkt eins bis vier. Dann
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