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Ein Tag, zwei Leben

Ein Tag, zwei Leben

Titel: Ein Tag, zwei Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Shirvington
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widersprochen hätte, aber der Gentleman, der in ihm steckte, siegte, und er nickte. » Ich kann geduldig sein, wenn ich weiß, was mich am Ende erwartet.« Ein leicht anzügliches Lächeln umspielte seine Lippen.
    » Aber eigentlich …«, er trat zurück und schaffte ein wenig Raum zwischen uns, wofür ich dankbar war, » … bin ich gekommen, um dich zu fragen, ob wir uns vielleicht in der Stadt einen Film anschauen sollen.«
    Beinahe wären meine Knie unter mir eingeknickt. » In der Stadt … Boston?«
    Er verdrehte die Augen. » Ja, Sabine. In der Stadt. Ich weiß, dass du nicht gern nach Boston gehst, aber dort gibt es die besten Kinos, und ich dachte mir, es wäre schön, mal einen Tag aus Wellesley herauszukommen. Was meinst du?«
    Ich mied Besuche in der Stadt wie die Pest, weil ich nicht gerne durch die Straßen meines anderen Lebens wanderte. Es fühlte sich falsch an. In vielerlei Hinsicht. Einmal hatte mich meine Neugier zu der Adresse meines anderen Zuhauses geführt, wobei ich entdeckt hatte, dass das Haus zwar da war, dass es aber nicht dasselbe war. Wie alles in meinem beiden Welten – es war ähnlich, und doch ganz leicht anders. Es lebte dort eine andere Familie und an der Seite des Hause war angebaut worden. Seitdem irritierte es mich, in die Nähe von Roxbury zu kommen. Ich zog es vor, meine beiden Leben vollkommen zu trennen.
    Dex beobachtete mich mit einem hoffnungsvollen Schimmer in den Augen. Er würde mich nur löchern und Fragen stellen, wenn ich es ablehnte, und ich war nicht schnell genug gewesen, mit einer Ausrede rauszuplatzen. Außerdem musste ich irgendetwas Normales tun. Deshalb setzte ich ein Lächeln auf und sagte: » Okay. Kino klingt super.«
    Dex hatte den ganzen Tag geplant – wir parkten in einer Tiefgarage und gingen dann zu einem französischen Bistro, wo er schon einen Tisch reserviert hatte. Ich versuchte, mich davon nicht irritieren zu lassen und stattdessen die liebevolle Geste anzunehmen, aber aus irgendwelchen Gründen gelang es mir nicht, Begeisterung zu heucheln.
    Das Bistro hieß Le Bon Gout – Der gute Geschmack – und gehörte zu den teuersten Orten, an denen man in Boston zu Mittag essen konnte. Dex legte es darauf an, mich zu beeindrucken.
    Wir sprachen über unsere Pläne für das kommende Jahr. Über Harvard. Dex schlug vor, dass wir uns nach dem ersten Jahr gemeinsam eine Wohnung suchen sollten. Ich versuchte zu verbergen, dass ich daraufhin erstarrte – immerhin war das eine natürliche Entwicklung. Eine, die ich wollte. Zumindest … glaubte ich, dass ich das wollte.
    Das Mittagessen war köstlich, wir schwelgten beide in Fisch und teilten uns zum Nachtisch eine Crème brûlée. Ich lächelte, lachte sogar, und versuchte verzweifelt, die Gedanken zu ignorieren, die mein Gehirn zu dominieren drohten: Der Niedergang meines anderen Lebens, die Trauer darüber, dass meine Eltern mir nicht geglaubt hatten, mir nicht einmal die Chance gegeben hatten, alles zu erklären.
    Ich war weggeschlossen worden. Und jetzt verputzte ich Crème brûlée.
    Der Ober kam und fing an abzuräumen.
    » Bonne?«, fragte er.
    Ich lächelte. » Oui, merci. Tout était délicieux!« Die Worte rollten mir nur so von der Zunge.
    Die Augen des Obers funkelten. » Votre accent est presque parfait«, sagte er, womit er mir ein Kompliment zu meinem Französisch machte.
    Mein Lächeln wurde breiter. » J’aime la langue. J’ai été l’apprentissage toute ma vie«, erwiderte ich; damit sagte ich dem Kellner, dass ich diese Sprache mochte und sie schon mein ganzes Leben lang lernte.
    Daraufhin strahlte er. » Oui. Pas assez de gens réalisent les avantages de parler une autre langue. Vous pouvez prendre la compétence partout avec vous.« Er machte eine kleine Verbeugung, während ich noch sprachlos war über das, was er gesagt hatte.
    Der Kellner wandte sich an Dex. » Bitte entschuldigen Sie. Ihre Freundin ist einfach entzückend und so wenige unserer Gäste sprechen so gut Französisch.«
    Dex sah nicht gerade begeistert aus. » Ja. Sie ist wundervoll.« Seine Miene wurde säuerlich und sogar ein wenig bedrohlich, als er hinzufügte. » Und sie ist meine Freundin.« Er reichte dem Kellner das Geld für die Rechnung.
    Der Kellner lächelte gelassen. » Selbstverständlich.« Er blickte mich wieder an und entfernte sich von unserem Tisch.
    » Was hat er gesagt?«, fragte Dex und versuchte seinen Ärger darüber zu verbergen, dass er es nicht wusste. Aber ich hatte keine Lust, ihn zu

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