Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zärtlicher Sturm

Zärtlicher Sturm

Titel: Zärtlicher Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
Vom Netzwerk:
Prolog

    San Carlos Reservat, Arizona, 1874
    Die Wildkatze war riesig, mehr als zweihundert Pfund schwer und fast zweieinhalb Meter lang. Hoch oben in den Bergen lag sie auf einem Felsblock, und ihre Augen waren auf einen Fleck gerichtet, der zehn Meter tiefer lag, dort, wo der Hang abfiel und zu einem breiten Vorsprung auslief. Dort unter den hohen Kiefern stand eingezäunt eine kleine Herde von Wildpferden. Sie stapften nervös auf den Boden; denn sie nahmen die Gegenwart der Wildkatze wahr, obwohl kein Wind wehte, der ihren Geruch ihnen hinübergetragen hätte.
    Plötzlich witterte die Katze Gefahr. Dann sah sie die beiden Männer, die mit sieben weiteren Pferden auf die Herde zukamen. Die beiden Männer waren recht jung und sahen einander fast zum Verwechseln ähnlich. Beide hatten dunkle, sonnengebräunte Haut und langes schwarzes Haar, das frei auf die Schultern fiel; sie trugen weiche Wildlederstiefel, die ihnen bis zu den Knien reichten, und lange weiße Reithosen, die sich um muskulöse Oberschenkel spannten. Doch einer der beiden war groß und trug nichts unter seiner kurzen schwarzen Weste; der andere war wesentlich kleiner und trug ein langärmeliges weißes Leinenhemd und einen Patronengürtel um die Hüften.
    Als die neuen Pferde bei der Herde angelangt waren, erhob sich der Puma auf seinem Vorsprung, sprang von dem Felsblock und bewegte sich behutsam auf die beiden jungen Männer zu. Einer der beiden war ein halber Apache; der andere, der größere von beiden, hatte kein Indianerblut.
    Die beiden Männer blieben erstarrt stehen und blickten zu dem riesigen Puma auf. Warum hatten sie seine Nähe nicht bemerkt? Bis auf das unruhige Stapfen der Pferde war nichts zu vernehmen.
    Der große Mann streckte seine Hand aus, und der Puma sprang mit einem grollenden Schnurren auf ihn zu. Die Katze rieb sich den Kopf an der ausgestreckten Hand und rollte sich um die Beine des Mannes zusammen. Im nächsten Moment strich sie unter der ausgestreckten Handfläche hindurch, schlenderte dann weiter und ließ sich einen halben Meter entfernt auf ein ebenes Fleckchen Boden fallen.
    Billy Wolf atmete ganz langsam aus, damit der andere junge Mann nicht hörte, daß er den Atem angehalten hatte. Seine Hände zitterten fast, und das bedrohte seine Männlichkeit.
    »Himmel Donnerwetter!« sagte Billy in der Sprache, die sein Freund ihm so gründlich beigebracht hatte; und als er damit die Aufmerksamkeit des Größeren nicht auf sich lenken konnte, sagte er noch einmal lauter: »Himmel Donnerwetter! Du hast doch gehört, was er mit den Stuten anstellt, Slade?«
    Der größere Mann wandte sein Gesicht ab und schenkte Billy ein Lächeln, was bei ihm eine Seltenheit war.
    »Warst du denn kein bißchen nervös, solange du nicht wußtest, daß er es ist?«
    »Ein bißchen schon«, war alles, was Slade Holt sagte, ehe er zu den Pferden hinüberging, um sie zu beruhigen.
    Billy Wolf folgte ihm eilig. »Sieh dir doch bloß an, wie er daliegt – als wüßte er, daß er hier gern gesehen ist, als wäre er nicht einen Moment lang von deiner Seite gewichen!«
    »Er weiß ja auch, daß er gern gesehen ist«, sagte Slade ausdruckslos.
    Billy starrte den Puma an und schüttelte den Kopf. »Seit acht Monaten hast du ihn nicht mehr gesehen und davor ein ganzes Jahr nicht. Wieso erinnert er sich an dich? Und wie kannst du ihn jetzt noch erkennen? Er sieht inzwischen wie jede andere Raubkatze aus.«
    »Ich habe ihn nicht erkannt«, gab Slade zu, und sein Mund verzog sich zu einem Grinsen. »Ich wußte nur, daß er keine Bedrohung darstellt, genauso, wie du gewußt hast, daß ich keine Bedrohung für dich darstelle, als du mich zum erstenmal gesehen hast.«
    Billy dachte einen Moment lang darüber nach und sah diese Erklärung dann als vernünftig und einleuchtend an. Und wechselte, wie es seine Art war, abrupt das Thema.
    »Bist du wirklich fest entschlossen, morgen wieder zu gehen, Slade?« Als der andere anstelle einer Antwort nur nickte und sich neben die Riesenkatze setzte, runzelte Billy die Stirn. »Bist du denn auch sicher, daß du soweit bist?«
    Slade warf einen Blick auf einen Spalt im Berg. Dort lagen eine Decke, die Kleidung eines Weißen, Stiefel, die Billy im letzten Winter gegen ein Pferd eingetauscht hatte, ein Sack mit Konservendosen, den Billy ihm mitgebracht hatte, und die Faustfeuerwaffe mit dem Halfter, die er vor zwei Jahren gestohlen hatte, als Cactus Reed ihm den Gebrauch von Waffen beigebracht hatte. Im Moment

Weitere Kostenlose Bücher