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Ein Tag, zwei Leben

Ein Tag, zwei Leben

Titel: Ein Tag, zwei Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Shirvington
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etwas sagen, aber dann versorgte er einfach weiter meinen Arm. Ich glaube nicht, dass ich schon jemals jemanden getroffen habe, der auf so frustrierende Weise unausstehlich war.
    Ich spürte, wie mein Gesicht heiß wurde. » Wenn du einfach diese Riemen losmachst, kann ich das selber machen.«
    » Das wird nicht geschehen.«
    Jetzt war es an mir, den Kopf zu schütteln. » Du kennst mich nicht. Du weißt nicht das Geringste über mich.«
    » Lass mich raten. Es gibt noch mehr von diesen harmlosen kleinen Schnitten an deinem Körper?«
    Ich antwortete nicht.
    Er bedachte mich mit einem grimmigen Lächeln. » Dachte ich es mir doch. Ich glaube, dann weiß ich doch etwas über dich. Wo sind sie?«
    Ich antwortete immer noch nicht.
    Er packte meine Decke. » Ich ziehe sie weg, wenn es sein muss.«
    » Und ich schreie wie am Spieß! Wer glaubst du eigentlich, wer du bist?«, fuhr ich ihn an.
    Er ließ die Decke nicht los. » Ich bin der Typ, der hier reinkommen und dich sauber machen muss. Wenn du fertig damit bist, dich selbst zu bemitleiden – falls das überhaupt möglich ist –, würdest du mir dann vielleicht sagen, wo die übrigen Schnitte sind, damit ich heute auch noch etwas anderes tun kann?« Sein Tonfall war ruhig, aber die Worte schmerzten.
    Ich dachte über eine lange Reihe von Arten nach, ihm mitzuteilen, dass er mich sonst was könne. Aber da war etwas … Es war nicht so wie mit Mom und Dad. Er war wütend auf mich, und dazu hatte er wohl kaum Recht, zumal er mich eigentlich nicht kannte – aber es steckte eine gewisse Eindringlichkeit dahinter. Mich wieder hinzukriegen. Nicht meinen Kopf, sondern meinen Körper.
    Ich seufzte. » Ich sage es dir, aber du musst mir etwas versprechen.«
    Das brachte mir wieder ein Kopfschütteln ein. » Worum immer du mich bitten wirst, ich kann es nicht tun. Ich kann dich hier nicht rausholen, ich kann dir keine Drogen besorgen, ich kann nichts zu essen hereinschmuggeln, ich kann dir kein Telefon besorgen, ich kann keine Spritztour mit dir machen, ich darf dir nicht mal eine Zahnbürste bringen.«
    » Ich weiß, dass du darfst, worum ich dich bitte.« Ich hatte gehört, wie Mitch es zu ihm gesagt hatte.
    Er presste den Kiefer zusammen. » Und was soll das sein?«
    Ich holte tief Luft. » Versprich mir, dass du mir vor Mitternacht … Schwör mir, dass du mir die Fesseln abnimmst. Ich muss wissen, dass ich um Mitternacht nicht gefesselt bin.«
    Er konnte seine Verblüffung nicht verbergen. » Warum?«
    » Spielt das eine Rolle? Ich bin hier und ich kann nirgendwohin gehen. Es ist nur … Es ist wichtig für mich. Bitte.«
    Er hielt inne und sah mich neugierig an. » Was ist los mir dir, Sabine?«
    » Das ist … Es ist kompliziert, Ethan, und wir haben keine Zeit.« Und dann trafen sich unsere Blicke, und ohne nachzudenken, machte ich wieder den Mund auf, obwohl mich das heute schon genug in Schwierigkeiten gebracht hatte. » Aber wenn du es wirklich wissen willst, dann werde ich es dir erzählen. Ein anderes Mal.«
    Er betrachtete mich weiter. » Und weshalb solltest du das tun?«
    Ich zuckte mit den Achseln. » Na ja, ich bin bereits gefesselt. Viel schlimmer kann es nicht kommen.«
    Ethan nickte leicht. » Da ist was dran«, murmelte er. » Wo sind sie, Sabine?«
    » Versprich es mir.«
    Einen Moment lang dachte ich, er würde Nein sagen, doch dann seufzte er. » Du wirst um Mitternacht nicht gefesselt sein. Darauf gebe ich dir mein Wort.«
    » Und auf dein Wort ist Verlass?«, fragte ich und musterte ihn dabei eingehend.
    Er lächelte ein wenig. » Bei meinem Leben.«
    Ich wusste nicht warum, aber irgendwie war mir klar, dass es die Wahrheit war.
    » An meinem rechten Oberschenkel und an meinem Bauch. Und ich habe mir nicht selbst den Arm gebrochen.«
    Sein Blick wurde kurz weicher, bevor er sich wieder an die Arbeit machte und die Decke vom Fußende des Bettes aufschlug, um ein Bein freizulegen, und meinen Krankenhauskittel nach oben schob, bis er die Verbände gefunden hatte.
    Als er die Pflaster abzog, bemühte ich mich, nicht zusammenzuzucken.
    » Der hier ist nicht so schlimm«, sagte ich.
    Er zog scharf die Luft ein, als er den Rest des Verbandes entfernte. » Himmel. Womit hast du das angerichtet, mit einem Buttermesser?«
    » Schere und Rasierklinge. Die Schere war aber eine schlechte Idee.«
    » Ach, findest du?«, sagte er trocken, dann ging er wieder dazu über, den Kopf zu schütteln. » Bedeutete dir dein Leben so wenig?«
    » Im Gegenteil. Ich mache das

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