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Ein Tag, zwei Leben

Ein Tag, zwei Leben

Titel: Ein Tag, zwei Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Shirvington
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ich mir sogar noch einen Nachschlag, nur um das Glitzern in ihren Augen zu sehen.
    » Du und Dex verbringt neuerdings viel Zeit miteinander«, deutete Mom an.
    Ich schaufelte mir einen großen Löffel Kuchen in den Mund und nickte.
    Sie verdrehte die Augen. » Na schön, du brauchst mir nichts über deinen Freund zu erzählen. Ich will nur, dass du weißt, dass ich ihn für einen großartigen Jungen halte. Ihr beide seid ein schönes Paar.« Sie hob ihr Glas, um mir bestätigend zuzuprosten.
    Ich schaufelte einen weiteren Löffel in meinen ohnehin schon vollen Mund und nickte, während ich kaute.
    Mom lächelte. » Okay, schon kapiert. Jedenfalls wollte ich nur, dass du weißt, wie sehr ich …« Sie richtete sich auf ihrem Stuhl auf. Mom war in solchen Gesprächen noch nie gut. Gespräche, in denen es um » Gefühle« ging. Sie räusperte sich. » Ich bin froh, dass du nach Harvard gehst. Ich hätte dich vermisst, wenn du auf ein College gegangen wärst, das weit weg ist.« Und damit stand sie auf und räumte den Tisch ab.
    » Ich hab dich auch lieb, Mom«, murmelte ich durch einen Mundvoll Kuchen, als sie in die Küche ging.
    Bevor ich die Gelegenheit hatte zu schlucken, klingelte mein Handy.
    » Hallo?«, sagte ich mit kaum hörbarer Stimme.
    » Sabine? Hallo? Lebst du noch?«
    Miriam.
    » Vielleicht ist sie bei Dex«, kicherte Lucy.
    » Oder unter ihm«, fügte Miriam hinzu.
    Es war Zeit für unsere Sonntagabendkonferenz.
    Ich verdrehte die Augen und schluckte so viel Kuchen, wie ich konnte. » Pfirsichtörtchen, ihr Sahnestückchen.«
    Sie lachten beide.
    » Nun, hat er dich heute in ein schickes Restaurant in der Stadt ausgeführt oder hat er das nicht? Und dann ins Kino, in die letzte Reihe?«, wollte Miriam wissen.
    Ich seufzte und dachte an das nicht ganz so erfolgreiche Date.
    » Also …?«, drängte Lucy, ihre Stimme klang ein wenig atemlos. Ich konnte sie mir vorstellen, wie sie auf ihrem Bett saß und eifrig auf und ab hüpfte.
    Ich erwog, ihnen zu erzählen, dass es nicht so besonders gut verlaufen war. Aber das würde auf die eine oder andere Weise Dex zugetragen werden, deshalb tat ich das, was ich am besten konnte.
    Ich log.
    » Es war toll. Dex hat alle Register gezogen und mich zum Mittagessen ins Le Bon Gout eingeladen. Ihr wisst ja, wie gern ich da mal hinwollte. Ich war zwar noch ein wenig müde von der Party, aber Dex war echt ein Schatz. Er hat über Harvard geredet, über unsere Zukunft …«
    » Über die Abschlussnacht«, fiel Lucy mit ein.
    Ich lachte. » Kann sein, dass er das auch erwähnt hat. Alles in allem war es ziemlich perfekt.«
    » Na ja, das ist Dex auch für dich, er ist der perfekte Mann«, sagte Lucy.
    » Allerdings«, stimmte ich zu.
    Theoretisch.
    » Ooh, ihr beiden seid einfach füreinander gemacht«, sagte Miriam und stimmte damit das allgemeine Loblied auf Dex an. » Weißt du, alle setzen darauf, dass ihr diejenigen seid, die es schaffen werden. Ich kann es geradezu vor mir sehen – Mr und Mrs Dex Holdsworth.«
    » Ähm«, stotterte ich. » Eins nach dem anderen.«
    » Sie hat recht, Miriam, gib ihnen wenigstens erst mal die Gelegenheit für eine ordentliche Probefahrt«, witzelte Lucy. Ich erwiderte nichts darauf. Das war auch nicht notwendig – sie waren zu sehr mit Lachen beschäftigt.
    Eigentlich wollte ich diese Unterhaltung nicht führen, aber ich behielt einen lockeren, bereitwilligen Tonfall bei, und Lucy und Miriam bestritten sowieso den Großteil des Geplauders. Doch schließlich fiel ich in alte Gewohnheiten zurück und kicherte mit ihnen – wir tratschten über potenzielle Skandale und darüber, was die anderen nach der Schule wohl vorhatten. Immerhin hatten mir meine Freundinnen mein Ich zurückgegeben – das Wellesley-Ich –, vorübergehend zumindest. Eine Stunde später legten wir auf, erschöpft von Gelächter und witzigen Anspielungen.
    Als ich Mom » Gute Nacht« zurief und in mein Zimmer ging, warf ich einen Blick auf die Uhr und schauderte. Noch zwei Stunden bis zum Wechsel – und alles, was ich bis dahin zu tun hatte, war, darüber nachzudenken, was mich auf der anderen Seite erwartete.

12 – Wellesley, Sonntag / Roxbury, Montag
    Nachdem ich geduscht, das Heft mit den Harvard-Kursen durchgeblättert und sogar mein Zimmer geputzt hatte, blieb immer noch eine Stunde Zeit, und meine Hände zitterten. Ich hatte noch nie in dem Wissen den Wechsel vollzogen, dass ich zu einer zugedröhnten Version meiner selbst zurückkehren würde. Der Gedanke

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