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Ein toter Taucher nimmt kein Gold

Ein toter Taucher nimmt kein Gold

Titel: Ein toter Taucher nimmt kein Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Der Tote lag im Hinterzimmer seines Ladens unter dem Schreibtisch. Nur die Füße des kleinen, faltigen, verhutzelten Mannes ragten unter der Tischplatte hervor. Er war sehr stolz gewesen auf diesen Schreibtisch, ein Prunkstück aus Nußbaum, echte Hochrenaissance, mit dem Politurglanz der Jahrhunderte. Jetzt war er tot, und der Mörder hatte die Leiche unter den geschnitzten Tisch geschoben. Für den alten Hubert Drexius hatte es zwei Orte gegeben, wo er einmal sterben wollte: draußen in seinem kleinen Sommerhaus mit dem verwilderten, romantischen Garten, oder hier, hinter seinem Schreibtisch, mitten zwischen seinen geliebten Antiquitäten.
    Drexius' Geschäft lag in einer stillen Querstraße. Nur wenige kannten es, wirkliche Liebhaber alter, erlesener, mit Liebe zusammengetragener Sammlerstücke. Das Schaufenster zeigte wenig von den Schätzen, die in den zwei kleinen Räumen verborgen waren. Oft stand nur eine große chinesische Vase auf einem Ebenholzsockel hinter der ungeputzten Scheibe, oder ein paar Kupferstiche lagen auf dem alten schwarzen Samt, mit dem das Schaufenster ausgeschlagen war. Aber drinnen öffnete sich dem Kenner eine Welt vergessener Schönheit. Der Glanz vergangener Epochen kehrte wieder, zwar etwas verstaubt, aber einen stillen Zauber verbreitend. Von den Uniformen schwedischer Reiter aus dem Dreißigjährigen Krieg bis zu den winzigen, kunstvoll geschnitzten japanischen Elfenbein-Miniaturen, von Ausgrabungsfunden aus Ninive bis zum Halsschmuck einer Rokokogräfin, von der Brustspange eines Inkas mit dem Sonnengott bis zur einfachen Milligrammwaage eines biedermeierlichen Apothekers fand der Sammler alles, was sein Herz begeistern konnte.
    Er mußte nur Geduld genug haben, sich durch all die unordentlich herumliegenden Schätze hindurchzuwühlen, dann eröffneten sich ihm längst vergangene Welten und Schicksale.
    Nun war Hubert Drexius tot. Irgend jemand, der keine Münze der Konquistadoren, sondern simples Bargeld gesucht hatte, mußte dem Alten mit einem harten Gegenstand den Schädel zertrümmert haben. Das weiße lange Haar war kaum blutbefleckt, nur eine Schramme zog sich von der Stirn über den Scheitel. Aber die Kopfschale war eingedrückt …
    Hans Faerber war ein junger Mann, der Antiquitäten sammelte. Das ist für einen 26-jährigen Studenten der Medizin ein seltenes Hobby, aber der Sohn eines Herrn über 4.000 Arbeiter einer Maschinenfabrik konnte es sich leisten, Kunde von Drexius zu sein. Das war nämlich das Besondere an Drexius gewesen: Er suchte keine Käufer, und er behandelte alle, die seinen Laden betraten, nach Sympathie, nicht nach dem Geldbeutel. Es konnte vorkommen, daß er einem vornehmen Herrn den Verkauf eines geschnitzten heiligen Hahnes aus Sumatra verweigerte und daß er den gleichen Hahn dann einem Mann verkaufte, der heimlich hinter einem Regal sein Geld zählte, weil er nicht sicher war, ob es auch reichte.
    Drexius war eben ein Sonderling gewesen. Mit Hans Faerber verband ihn seit zwei Jahren ein besonderes Verhältnis. Faerber kaufte mit der Liebe des echten Sammlers, beriet Drexius ab und zu bei seinen kleinen Krankheiten, Grippe, Rheuma, und einmal sogar eine leichte Lungenentzündung, und Drexius schloß ihn mit einer merkwürdigen Liebe in sein Herz. War es ein Vaterkomplex? Er war nie verheiratet gewesen, und jetzt im Alter sehnte er sich heimlich nach einem Sohn wie Hans Faerber.
    An diesem Morgen betrat Faerber vor Beginn der Vorlesung über Hämatologie das Antiquitätengeschäft und rief schon an der Tür, die sich mit dem Klang eines altmodischen Glockenspiels öffnete:
    »Ich bin's nur, Herr Drexius. Heute keinen Schnupfen? Draußen ist ein Sauwetter! Die Ärzte stehen am Fenster, reiben sich die Hände und sagen: ›Welch ein schönes Grippewetterchen!‹«
    Der alte Drexius antwortete nicht. Hans Faerber sah die Tür zum Hinterzimmer, dem Büro, offenstehen und nickte. Er sitzt wieder über seinen uralten Büchern und studiert den Geist der Jahrhunderte, dachte er. Dann gibt es keine Gegenwart für ihn.
    »Ich seh' mich hier etwas um«, rief Faerber wieder. »Etwas Neues hereingekommen? Ich suche für meine medizinische Sammlung ein altdeutsches Schröpfgerät. Wenn Sie's nicht haben, Drexius – wer sonst?«
    Wieder keine Antwort. Faerber zuckte die Schultern und begann die Regale und offenen Schränke zu durchstöbern. Er sah auf den Tischen nach, auf denen Drexius seine ›Neuheiten‹ auszustellen pflegte.
    Nach einer Viertelstunde wurde

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