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Ein Toter zu wenig

Ein Toter zu wenig

Titel: Ein Toter zu wenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Leigh Sayers
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Flüsterstimme: »Ehrlich gesagt, ja, aber ich möchte nicht, daß es sich herumspricht. Ich rechne da mit einem schönen Profit.«
    »Aber ich dachte, die Geschichte sei nur ein Windei«, antwortete er. »Die Gesellschaft zahlt seit -zig Jahren keine Dividende.«
    »Das nicht«, sagte ich, »aber sie wird. Ich habe vertrauliche Informationen.« Er blickte noch immer ein wenig skeptisch drein, und ich leerte mein Glas und rückte jetzt ganz an sein Ohr heran. »Hören Sie«, sagte ich, »das erzähle ich wirklich nicht jedem, aber Ihnen und Christine will ich schon ganz gern mal etwas Gutes tun. Sie wissen ja, daß ich seit damals immer noch ein warmes Plätzchen für sie im Herzen frei habe. Sie sind mir seinerzeit zuvorgekommen, und jetzt ist es an mir, Sie beide mit glühenden Kohlen einzudecken.«
    Ich war inzwischen ein wenig erregt, und er hielt mich für betrunken. »Das ist ja sehr nett von Ihnen«, sagte er, »aber ich bin ein vorsichtiger Mensch, müssen Sie wissen - schon seit eh und je. Ich würde ganz gern ein paar Beweise sehen.«
    Er hob die Schultern und machte ein Gesicht wie ein Pfandleiher. »Die zeige ich Ihnen«, sagte ich, »aber hier ist das zu unsicher. Kommen Sie heute abend nach dem Essen zu mir, dann zeige ich Ihnen den Bericht.«
    »Wie sind Sie darangekommen?« fragte er. »Das erzähle ich Ihnen heute abend«, sagte ich. »Kommen Sie nach dem Abendessen - sagen wir irgendwann nach neun.«
    »In die Harley Street?« fragte er, und ich sah ihm an, daß er kommen wollte. »Nein«, sagte ich, »nach Battersea - Prince of Wales Road. Ich habe noch im Krankenhaus zu tun. Und hören Sie«, sagte ich, »erzählen Sie keiner Menschenseele, daß Sie kommen. Ich habe heute ein paar hundert Aktien gekauft, auf meinen eigenen Namen, und das werden die Leute bestimmt erfahren. Wenn man nun weiß, daß wir beide die Köpfe zusammenstecken, wird irgend jemand etwas riechen. Es ist überhaupt schon ein Risiko, hier über so etwas zu reden.«
    »Na schön«, sagte er, »ich werde zu niemandem ein Wort sagen. Ich komme gegen neun Uhr. Sind Sie sicher, daß an der Sache etwas dran ist?«
    »Da kann gar nichts schiefgehen«, versicherte ich ihm. Und das meinte ich ernst.
    Wir trennten uns danach, und ich begab mich zum Armenhaus. Mein Mann war gegen elf Uhr gestorben. Ich hatte ihn kurz nach dem Frühstück erst gesehen und war nicht überrascht. Ich erledigte die üblichen Formalitäten bei der Armenhausverwaltung und arrangierte seine Auslieferung ans Krankenhaus für etwa sieben Uhr.
    Am Nachmittag besuchte ich, da ich an diesem Tag keine Sprechstunde in der Harley Street abzuhalten brauchte, einen alten Freund von mir, der beim Hyde Park wohnt, und stellte fest, daß er gerade in irgendwelchen Geschäften nach Brighton fahren wollte. Ich trank noch Tee mit ihm und begleitete ihn zu seinem Zug um 17.35 Uhr ab Victoria-Bahnhof. Als ich vom Bahnsteig kam, hatte ich die Idee, mir noch rasch eine Abendzeitung zu kaufen, und wandte mich gedankenlos zu den Kiosken. Die übliche Menschenmenge drängte zu den Vorortzügen nach Hause, und beim Weggehen fand ich mich plötzlich in einer Gegenströmung von Leuten wieder, die alle von der U-Bahn kamen oder aus allen Richtungen zu dem 17.45-Uhr-Zug nach Battersea Park und Wandsworth Common strömten. Ich konnte mich nach kurzem Kampf daraus befreien und fuhr mit einem Taxi nach Hause; und erst als ich sicher und geborgen im Taxi saß, bemerkte ich, daß sich irgend jemandes goldener Kneifer im Astrachanpelz meines Mantelkragens verfangen hatte. Die Zeit von Viertel nach sechs bis sieben Uhr verwandte ich darauf, etwas für Sir Reuben zusammenzustellen, was nach einem fingierten Bericht aussah. Um sieben Uhr ging ich ins Krankenhaus, wo gerade ein Wagen der Armenhausverwaltung mein Objekt am Nebeneingang ablieferte. Ich ließ den Toten geradewegs in den Seziersaal bringen und sagte zu Watts, dem Aufseher, daß ich dort den ganzen Abend zu arbeiten gedächte. Ich sagte ihm, ich würde die Leiche selbst präparieren - die Injektion eines Konservierungsmittels wäre eine sehr peinliche Komplikation gewesen. Ich schickte ihn also seiner Wege und ging zum Essen nach Hause. Meinem Diener sagte ich, daß ich an diesem Abend noch im Krankenhaus arbeiten wolle, und er solle um halb elf wie gewohnt zu Bett gehen, da ich ihm nicht sagen könne, ob ich spät zurückkommen würde oder nicht. Er ist an meine Unberechenbarkeiten gewöhnt. Ich halte mir in dem Haus in Battersea nur

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