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Ein unerhörtes Angebot

Ein unerhörtes Angebot

Titel: Ein unerhörtes Angebot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MARY BRENDAN
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1. KAPITEL

    „Wie kannst du es wagen, deine Schwestern so abscheulich zu behandeln!“
    „Mäßige dich, Helen, dein Ton gefällt mir nicht. Du weißt, dass mich das Gesetz nicht verpflichtet, dir und Charlotte Obdach zu gewähren oder euch einen einzigen Penny zu geben.“
    „Das Gesetz vielleicht nicht, aber der Anstand gebietet es! Und nicht nur, uns Obdach zu gewähren, sondern auch die uns gebührenden Annehmlichkeiten. Du kannst nicht vorgeben wollen, das nicht zu wissen.“
    George Kingston schien von der feurigen Entrüstung seiner Schwester nicht sonderlich beeindruckt. Tatsächlich lehnte er sich nur in seinem Sessel zurück und fuhr fort, seine Zähne mit einem kleinen silbernen Zahnstocher zu bearbeiten.
    Helen Marlowe, geborene Kingston, blieb nichts anderes übrig, als ihren Bruder in hilfloser Wut zu betrachten. Ihre hellbraunen Augen blitzten. Eine Strähne ihres dunklen Haares hatte sich aus der ordentlichen Frisur gelöst, und Helen strich sie ungeduldig aus dem Gesicht, das, normalerweise so blass wie Porzellan, nun vor Empörung gerötet war. „Ich weiß, dass du nicht wirklich wünschst, gemein zu uns zu sein, George, weil ich sicher bin, du erinnerst dich genauso gut wie ich an das Versprechen, das du Papa gegeben hast. Wir bitten dich nicht um dein Geld. Wir wollen nur den monatlichen Unterhalt, der uns zusteht. Papa hat außerdem verlangt, dass Westlea House so lange wie nötig Charlottes und mein Zuhause bleiben soll.“ Sie hielt inne und atmete tief ein. „Unsere Eltern wären entsetzt, wenn sie wüssten, dass du die Absicht hast, den Familiensitz zu verkaufen und deinen Schwestern das Dach über dem Kopf zu nehmen.“
    Helen verschränkte bedrückt die Hände, als sie erkannte, dass ihr Versuch, an den Anstand ihres Bruders zu appellieren, ihn eher verärgerte als umstimmte. Mit einem Rascheln ihrer lavendelfarbenen Röcke drehte sie sich um und wandte sich an ihre Schwägerin. „Hast du nichts zu alldem zu bemerken, Iris? Ist dir der Gedanke angenehm, dass dein Gatte uns aus unserem Heim zu werfen versucht?“
    Iris trat an den goldgerahmten Spiegel über dem Kamin und betrachtete ihr niedliches Püppchengesicht und das flachsblonde Haar, während sie ihre schnippische Antwort gab. „Es wird sich ein anderes Haus für euch finden. George hat bereits eins im Auge. Ich verstehe nicht, warum du und Charlotte so weiterzumachen wünscht. Du bist doch ansehnlich genug, um einen Ehemann zu finden, der dich versorgen würde.“ Sie sagte es mit einem leichten Stirnrunzeln, als hege sie Zweifel daran, ob ihr Kompliment wirklich zutraf. Offenbar unzufrieden mit dem Blumenarrangement an der Krempe ihres neuen Hutes, begann sie daran herumzuzupfen. „Und Charlotte ist eine wahre Schönheit. Ich bin sicher, das Mädchen könnte sich einen Gatten mit guten Aussichten angeln. Vielleicht würde ein begüterter Kaufmann oder dergleichen sich für sie interessieren.“
    „Charlotte hat bereits einen Verehrer. Sie und Philip lieben sich und möchten ihre Verlobung bekannt geben, wie du sehr wohl weißt.“
    „Wie reizend. Aber er besitzt kein Geld und hat auch keine Aussichten darauf, wie du sehr wohl weißt“, konterte Iris kühl.
    George Kingston sprang aus seinem Sessel auf, als er sah, dass sich die Zornesröte auf den Wangen seiner Schwester vertiefte. Er war sich wohl bewusst, dass Helen zwar einen zerbrechlichen Eindruck machte, indes zu einer wahren Kratzbürste werden konnte, wenn sie glaubte, ihre Schwester oder sich verteidigen zu müssen. Hastig stellte er sich zwischen sie und seine Gattin und steckte scheinbar gelassen die Hände in die Hosentaschen. „Es ist ja nicht so, als würdet ihr auf die Straße gesetzt, Helen“, betonte er schmeichelnd. „Ich habe etwas anderes für euch gefunden, ein Haus im Rowan Walk, und sogar schon einen halbjährigen Pachtvertrag dafür unterschrieben. Sechs Monate sollten selbst euch reichen, um die nötigen Arrangements für eure Zukunft zu treffen.“
    Helens Augen weiteten sich ungläubig. „Rowan Walk?“, fragte sie bestürzt. Dann wiederholte sie den Namen der Straße in einem eher drohenden Ton.
    „Nun … ja“, stammelte George, da ihm klar war, warum seine Schwester so entsetzt reagierte.
    Der Rowan Walk lag in einem Teil der Stadt, in dem vornehme Damen kaum ihr Domizil wählen würden, und natürlich war es George bekannt, dass dort viele Frauen wohnten, die von wohlhabenden Männern des ton in vergleichsweise bescheidenen

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