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Ein Universum aus Nichts - ... und warum da trotzdem etwas ist

Ein Universum aus Nichts - ... und warum da trotzdem etwas ist

Titel: Ein Universum aus Nichts - ... und warum da trotzdem etwas ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence M.Krauss
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Rotverschiebung abwärts gekrümmt, weswegen eine Obergrenze für die Energie des leeren Raums um einiges unter dem Wert liegen musste, der erforderlich gewesen wäre, um einen bedeutenden Beitrag zur heutigen Gesamtenergie liefern zu können.
    Doch oft sind die ersten hereinkommenden Daten nicht repräsentativ für die Gesamtheit der Daten – entweder man hat statistisch gesehen einfach Pech, oder unerwartete systematische Fehler beeinträchtigen die Daten, die nicht aussagekräftig sind, solange nicht eine viel größere Stichprobe vorliegt. Bei den vom Supernova Cosmology Project veröffentlichten Daten war genau das der Fall, weshalb die Schlussfolgerungen unzutreffend waren.
    Ein weiteres Supernova-Forschungsprojekt namens High-Z Supernova Search Team unter Leitung von Brian Schmidt am Mt.-Stromlo-Observatorium in Australien arbeitete an einem Programm mit dem gleichen Ziel, und dort begann man andere Resultate zu erhalten. Als ihre erste aussagekräftige Bestimmung von High-Z Supernova hereinkam, die auf ein sich beschleunigendes Universum mit erheblicher Vakuumenergie schließen ließ, wurde ihnen, wie Schmidt mir kürzlich mitteilte, weitere Nutzungszeit am Teleskop verweigert mit dem Argument, sie müssten falsch liegen, weil das Supernova Cosmology Project bereits herausgefunden habe, dass das Universum tatsächlich flach sei und von Materie beherrscht werde.
    Die Geschichte des Wettstreits zwischen den beiden Gruppen wird gewiss noch oft in allen Einzelheiten durchgespielt werden. Hier ist nicht der Ort, sich Gedanken um die Priorität zu machen. Es genügt wohl, darauf hinzuweisen, dass Schmidts Gruppe Anfang 1998 einen Aufsatz veröffentlichte, in dem gezeigt wurde, dass das Universum sich zu beschleunigen schien. Etwa sechs Monate später verkündete Perlmutters Gruppe ähnliche Ergebnisse und veröffentlichte einen Aufsatz, der das Ergebnis von High-Z Supernova bestätigte, womit sie faktisch ihren früheren Irrtum eingestand. Das machte das Konzept eines von der Energie des leeren Raums – heute heißt sie üblicherweise Dunkle Energie – dominierten Universums noch glaubwürdiger. 2011 erhielten die beiden den Nobelpreis für diese Entdeckung, gemeinsam mit Adam Riess, der am High-2-Supernova-Projekt mitarbeitete.
    Das Tempo, in dem diese Ergebnisse von der wissenschaftlichen Gemeinde übernommen wurden – obwohl dazu eine umfassende Revision des gesamten akzeptierten Bildes vom Universum erforderlich war –, liefert eine interessante Studie zur Soziologie der Naturwissenschaften. Es schien, als würden die Resultate fast über Nacht allgemein anerkannt, obwohl doch, wie Carl Sagan betont hat, »außerordentliche Behauptungen außerordentlicher Beweise bedürfen«. Und wenn es je eine außergewöhnliche Behauptung gegeben hat, so lag sie hier vor.
    Als Science im Dezember 1998 die Entdeckung eines sich beschleunigenden Universums als wissenschaftlichen Durchbruch des Jahres bezeichnete und ein bemerkenswertes Titelbild mit der Zeichnung eines bestürzt dreinschauenden Einstein brachte, war ich schockiert:

    Dabei war ich nicht etwa erschüttert, weil ich meinte, das Resultat habe keine Titelstory verdient. Ganz im Gegenteil. Wenn es sich als wahr herausstellte, handelte es sich um eine der wichtigsten astronomischen Entdeckungen unserer Zeit, aber damals waren die Daten nur ein starkes Indiz. Sie erforderten einen großen Wandel unseres Bildes vom Universum. Deshalb hätten wir meiner Ansicht nach erst andere mögliche Ursachen der von den Teams beobachteten Effekte definitiv ausschließen sollen, ehe alle auf den Zug der kosmologischen Konstante aufsprangen. Zumindest einem Journalisten gegenüber habe ich das damals so ausgedrückt: »Das erste Mal, dass ich nicht an eine kosmologische Konstante geglaubt habe, war der Moment, als Beobachter behaupteten, sie entdeckt zu haben.«
    Meine ein wenig spöttische Reaktion mag merkwürdig erscheinen, wenn man weiß, dass ich diese Möglichkeit in der einen oder anderen Form vielleicht ein Jahrzehnt lang selbst propagiert habe. Als Theoretiker bin ich der Meinung, dass Spekulation in Ordnung ist, besonders wenn damit neue Zugangswege für Experimente erschlossen werden. Wenn es jedoch um die Untersuchung realer Daten geht, bin ich aus Überzeugung möglichst konservativ – vielleicht weil meine wissenschaftliche

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