Ein unmoralisches Angebot
erniedrigt. Was gab ihm das Recht,
sie derart zu behandeln? Sie traute sich nicht, ihm in die Augen zu
sehen, und betrachtete stattdessen seine breiten Schultern. Im
Ernstfall würde Zakour bestimmt keine Leibgarde brauchen, um
sich zu verteidigen. Er sah ganz so aus, als könnte er auch mit
mehreren Feinden gleichzeitig fertig werden. Unter seinem perfekt
sitzenden Anzug verbarg sich ein athletischer Körper.
Zakour
verkörperte nicht nur das Idealbild eines Märchenprinzen,
er war ein echter Prinz obendrein. Als sie seine Blicke auf sich
spürte, musste sie schlucken.
"Treten
Sie näher", befahl er, und Amy gehorchte widerstandslos.
Zu
ihrem Leidwesen war sie gut eins achtzig groß und daher
gewohnt, sich mit den meisten Männern auf gleicher Augenhöhe
zu befinden. Doch um Prinz Zakour ins Gesicht zu sehen, musste sie
den Kopf zurücklegen. Zum ersten Mal in ihrem Leben genoss sie
das Gefühl, zart, zerbrechlich und unbeschreiblich weiblich zu
sein.
"Sie
sind also Peter Kingstons Schwester." Arrogant musterte er sie
von Kopf bis Fuß. "In Ihrem Interesse hoffe ich, Sie sind
gekommen, um seine Schulden zu begleichen, denn das war der Sinn
dieses Treffens."
Seine
Worte waren eine offene Drohung, und Amy wünschte, niemals nach
Kazban gekommen zu sein. Vergeblich suchte sie in den Augen des
Prinzen nach Mitgefühl und Wärme.
"Geld
habe ich leider nicht dabei – die Angelegenheit ist etwas
kompliziert", antwortete sie zögernd.
"Sie
irren, die Sachlage ist so eindeutig, dass sich jede weitere
Diskussion erübrigt."
Wie
konnte ein Mann so ruhig und leise sprechen und dabei so unnachgiebig
klingen? Prinz Zakour stand in dem Ruf, ein äußerst
erfolgreicher Geschäftsmann zu sein – anscheinend trug
allein sein Auftreten entscheidend zu seinem Erfolg bei.
"Bestimmt
möchten Sie wissen, weshalb ich anstelle meines Bruders vor
Ihnen stehe." Sie gab sich größte Mühe,
möglichst diplomatisch vorzugehen.
Der
Prinz reagierte darauf jedoch nur mit Spott. "Ich bin nicht auf
den Kopf gefallen, Miss Kingston. Meinen Sie, ich wüsste nicht,
weshalb Ihr Bruder seine bezaubernde Schwester vorgeschickt hat?"
Sein
Blick ließ sie erbeben. Was dachte er nur von ihr? "Peter
ist verhindert, allein aus diesem Grund bin ich hier",
verteidigte sie sich.
Zakour
Al-Farisi zog die Brauen hoch. "Das soll ich Ihnen glauben?
Haben Sie nicht viel eher den Auftrag, mich zu umgarnen und gnädig
zu stimmen?"
Er
verließ seinen Platz am Fenster, ging langsam um Amy herum und
begutachtete sie wie eine Ware, die er zu kaufen gedachte. Dann legte
er ihr die Hand unters Kinn und drehte ihren Kopf ins Licht. "Sie
sollen mich dazu bringen, Ihrem Bruder die Schulden zu erlassen, das
ist doch Ihr Ziel, oder?"
Seine
Berührung ließ Amy erschauern, und sie konnte sich nur
schwer konzentrieren. "Nicht erlassen – nur stunden",
erklärte sie stockend.
"Ehe
Sie sich weiter in Lügen verstricken, möchte ich Ihnen
etwas sagen: Wenn ich bei einer Frau eines nicht ausstehen kann, dann
ist es Unaufrichtigkeit."
"Was
gibt Ihnen das Recht, mich als Lügnerin zu bezeichnen?" Amy
war empört. "Peter will die Schulden bezahlen, so wahr ich
hier stehe. Er bittet lediglich um einen Aufschub von zwei Monaten,
dann wird er jeden Penny zurückzahlen, das hat er versprochen."
"Er
hat auch versprochen, zum Vorteil von Kazban zu investieren."
Nervös
trat Amy von einem Fuß auf den anderen. Zu diesem Vorwurf
konnte sie nichts sagen, denn über Peters Geldgeschäfte war
sie nicht informiert. Sie war nach Kazban geflogen, weil sie ihren
Bruder liebte und ihm helfen wollte.
"Peter
hat keine Einzelheiten genannt", gab sie widerstrebend zu. "Ich
soll lediglich seine Bitte vortragen, nämlich die ihm gegebene
Frist um zwei Monate zu verlängern."
Zakour
blickte sie durchdringend an. "Und weshalb sollte ich diesem
Wunsch nachkommen?"
Verwirrt
sah Amy zu Boden. Auf die Idee, der Prinz könne die Bitte
abschlagen, war sie nicht gekommen, denn Zakour Al-Farisi war einer
der reichsten Männer der Welt. Er würde es doch bestimmt
nicht einmal merken, wenn Peter seinen Verpflichtungen einige Wochen
später nachkäme!
"Weshalb?"
wiederholte sie und rang sich ein Lächeln ab. "Weil Sie ein
netter Mensch sind, nehme ich an."
"Dann
besitzen Sie keinerlei Menschenkenntnis, Miss Kingston, ich bin
nämlich alles andere als ein netter Mensch."
Mit
einer geschickten Bewegung entfernte er ihr die Spange aus dem Haar
und warf sie achtlos zu Boden. Extra für diese Begegnung
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