Ein unmoralisches Angebot
Mal,
dass sie ihr Leben für seinen verzogenen kleinen Neffen aufs
Spiel setzte.
Entschlossen
drehte er sich um. "Ich werde noch einmal den Hubschrauber
nehmen."
Sharif
sah ihn entsetzt an. "Aber der Sturm …"
"Ich
weiß, das Risiko ist groß, deshalb fliege ich auch
allein."
"Königliche
Hoheit …"
Zakour
sah dem Mann in die Augen, dem er schon als Kind vertraut hatte und
der so etwas wie ein Vater für ihn geworden war. "Es geht
um meinen Neffen und die Frau, die ich liebe, Sharif!"
Sharifs
Augen leuchteten auf. "Dann beeilen Sie sich, Königliche
Hoheit. Der Sturm lässt nicht mehr lange auf sich warten."
Amy
stand in den Bügeln und hatte sich weit über Saharas Hals
gelegt, um ihn möglichst wenig mit ihrem Gewicht zu belasten.
Als wäre ihm die Gefahr bewusst, galoppierte der Hengst mit
aller Kraft auf die Höhlen zu.
Der
Himmel wurde von Minute zu Minute dunkler, und noch immer hatte Amy
keine Spur von Jamal entdeckt. Die Berge lagen jetzt so dicht vor
ihr, dass sie die Höhleneingänge deutlich erkennen konnte.
Wo sollte sie mit der Suche beginnen?
Ihre
Gedanken wurden jäh unterbrochen, als Sahara plötzlich
schreckte und abrupt stehen blieb. Amy, die darauf nicht vorbereitet
gewesen war, landete unsanft im Wüstensand.
"Amy?"
ertönte eine dünne Stimme neben ihr.
"Oh
Jamal!" Erleichtert schloss sie den Jungen in die Arme. Doch es
gab keine Zeit zu verlieren, und schnell stand sie wieder auf.
"Ich
bin von meinem Pony gefallen und habe die Zügel losgelassen",
gestand Jamal kleinlaut. "Es ist mir weggelaufen."
"Das
ist jetzt egal. Wir müssen unbedingt noch vor dem Sturm die
Höhlen erreichen. Komm, schnell!" Sie blickte zu den
Eingängen, die ihr plötzlich unendlich weit entfernt
schienen. Der Sand wehte ihnen schon in die Augen.
"Sahara!"
rief sie verzweifelt, doch der Hengst schnaubte nur aufgeregt und
galoppierte in Richtung der Höhlen davon. Auch er hatte Angst
vor dem Unwetter.
Amy
zog Jamal eng an sich, um ihn vor dem Sand zu schützen. "Es
tut mir so Leid, Amy …", schluchzte der Junge.
"Schon
gut, wir werden bestimmt einen Ausweg finden", beruhigte sie
ihn, obwohl sie nicht mehr daran glaubte. Sahara war verschwunden,
und zu Fuß würden sie sich unmöglich rechtzeitig in
Sicherheit bringen können.
Da
hörte sie es. Ein tiefes, brummendes Geräusch genau über
ihnen, und gleich darauf landete ein Hubschrauber in unmittelbarer
Nähe im Sand.
"Onkel
Zakour!" Jamal lief ihm entgegen.
Im
Nu war Zakour neben Amy und legte ihr die Hand auf den Arm. Seine
Finger zitterten, und von seiner gewohnten Souveränität war
nicht mehr viel zu spüren. So hatte sie ihn noch nie erlebt.
"Wo
ist Sahara?" fragte er rau.
"Weg."
Amy musste fast schreien, um das Tosen des Windes zu übertönen.
"Er hatte Angst."
Zakour
antwortete etwas, das sie nicht verstand, und pfiff dann auf zwei
Fingern. Das hatte er auch vor dem Souk getan, und wie damals tauchte
Sahara plötzlich wie aus dem Nichts vor ihnen auf.
"Schnell!"
Zakour half Amy in den Sattel, hob Jamal auf Saharas Hals und saß
dann hinter den beiden auf. Ein kurzes Kommando, und Sahara
galoppierte los. Wie er das mit drei Personen auf dem Rücken
fertig brachte, grenzte für Amy an ein Wunder.
Kaum
hatten sie den Höhleneingang erreicht, saß Zakour ab und
befahl Amy, mit Jamal tiefer in die Höhle hineinzureiten. Amy
gehorchte, ohne zu fragen, obwohl ihr das Heulen des Sturms und das
Tropfen des Wassers in dem engen Gang unheimlich waren.
Jamal
hörte die Hufgeräusche zuerst. "Er hat mein Pony
gefunden!" Aufgeregt ließ er sich von Saharas Hals
gleiten.
Zakour
reichte Jamal die Zügel des Ponys, half Amy dann beim Absitzen
und ließ sie vorsichtig zu Boden gleiten. Erleichtert lehnte
sie sich an seine Brust.
"Ich
begreife nicht, wie du bei diesem Sturm fliegen konntest",
meinte sie leise.
"Und
ich begreife nicht, wie du Sahara bei diesem Sturm reiten konntest!"
"Ich
weiß, du bist sehr ärgerlich, weil ich dein kostbares
Pferd …"
"Es
geht mir nicht um Sahara, es geht mir um dich, Darling."
Er
machte sich Sorgen um sie?
"Jamal
war in Gefahr, und ich sah keinen anderen Ausweg, als ihm mit Sahara
zu folgen." Sie hob die Hand und streichelte seine Wange. "Aber
wenn du nicht gekommen wärst …"
"Lass
uns bitte nicht daran denken." Er schloss kurz die Augen und zog
dann eine Taschenlampe aus seiner Fliegerjacke hervor. "Wir
müssen unbedingt noch tiefer in die Höhle. Da gibt es
Trinkwasser und einen trockenen Unterschlupf, wo
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