Ein Vampir liebt auch zweimal (German Edition)
Prolog
Alec Darwin lag im Sterben. Nur ein winziges, allerletztes Fünkchen Leben trennte ihn noch vom Tod.
Er schloss die Augen und versuchte sich zu entspannen, doch dann merkte er, wie sich ihm ein Stein in den Rücken bohrte. Sollte er sich dazu aufraffen, ihn zu entfernen, damit er bis in alle Ewigkeit bequem lag? War so eine Belanglosigkeit überhaupt der Mühe wert? Und hatte er noch die nötige Kraft dazu? Er hatte es gerade noch geschafft, sich zu der Stelle zu schleppen, die er am Vortag von sämtlichen Steinen befreit hatte und die seine letzte Ruhestätte sein sollte.
Er bewegte verdrossen die Schulter. Der Stein drückte gegen seine Niere und die Schmerzen lenkten ihn von seinem Plan ab. Verdammt, er hatte keinen Stein gesehen, als er entkräftet zu Boden gesunken war und sein Körper das letzte bisschen Energie aus den ein bis zwei Teelöffeln Blut herausgequetscht hatte, die seinem sterbenden Leib noch als Nahrung verblieben waren.
Während er langsam im Akasha dahinschied, hätte er sich seinem Martyrium hingeben sollen und gar nicht an den verdammten Stein von der Größe einer Wassermelone denken dürfen, der ihn plagte. Er hätte an das erbärmliche Leben zurückdenken sollen, das zu leben er gezwungen gewesen war; eine Tragödie ohne jede Freude, Zufriedenheit und Hoffnung. Er hätte gar nicht darüber nachdenken dürfen, ob ihn der verdammte Stein endlich in Ruhe sterben ließ, wenn er sich auf die Seite drehte.
Wäre seine Auserwählte nur nicht gestorben! Wäre er nur ein paar Minuten früher bei ihr gewesen, dann hätte er sie retten können, als diese dämliche Schnitterin die Kontrolle verloren hatte. Hätte er ihr nur beigewohnt und die Vereinigung mit ihr vollzogen, gleich nachdem er sie als seine Auserwählte erkannt hatte, statt auf ihre menschlichen Gefühlsduseleien und ihre Forderung einzugehen, ihr zuvor den Hof zu machen!
Während er seinen letzten Atemzug tat, versuchte er, sich das Bild ihres Gesichts ins Gedächtnis zu rufen, das Bild seiner einzigen wahren Liebe; der Frau, die auf die Welt gekommen war, um ihn zu retten, und die ihr Leben bei einem dummen Unfall lassen musste, der letztlich für seinen Tod verantwortlich war.
Er verlor Stück für Stück das Bewusstsein, der Stein störte ihn immer weniger, und die letzten Impulse zwischen seinen Gehirnzellen brachten nicht das gewünschte Bild seiner Auserwählten hervor, sondern das einer Frau, die einige Monate zuvor ohnmächtig zu seinen Füßen gelegen hatte.
1
Der Traum fing an wie immer.
»Was sehen Sie, Corazon?«
Die entspannte Stimme gehörte Barbara, der Hypnotherapeutin, die Patsy für unseren halbjährlichen Frauenabend engagiert hatte.
»Schlamm. Ich sehe Schlamm. Also, Schlamm und Gras und so was. Aber hauptsächlich Schlamm.«
»Sind Sie sicher, dass sie unter Hypnose steht?«, fragte Patsy misstrauisch. Sie war die Skeptikerin in unserer Runde. »Ich finde, es sieht nicht danach aus. CORA ! Kannst du mich hören?«
»Ich müsste zehn Kilometer weit weg sein, um dich nicht zu hören. Ich bin hypnotisiert, nicht taub!« Ich sah sie giftig an, woraufhin wiederum sie mich giftig ansah.
»Moment mal … «, sagte sie plötzlich und zeigte mit theatralischer Geste auf mich, die ich bäuchlings auf der Couch lag. »Du dürftest mich eigentlich gar nicht hören!«
»Ist es richtig, dass ihr bewusst ist, dass sie unter Hypnose steht?«
Das war Terri, das dritte Mitglied unseres kleinen Terrortrios, wie mein Exmann uns immer genannt hat.
Der Dreckskerl.
»Das beeinträchtigt doch nicht die Rückführung, oder?«, fragte Terri Barbara.
»Hypnose ist kein magischer unbewusster Zustand«, entgegnete Barbara gelassen. »Corazon ist einfach entspannt, in Kontakt mit ihrem wahren inneren Selbst und hat ihr Bewusstsein den vielfältigen Erinnerungen an ihre früheren Leben geöffnet. Ich versichere Ihnen, dass sie sich wirklich in Hypnose befindet.«
»Ich hole schnell eine Nadel und piekse sie damit«, sagte Patsy und ging zum Bücherschrank, der außer mit Büchern mit vielen anderen Dingen vollgestopft war. »Wenn sie reagiert, wissen wir, dass sie uns nur etwas vormacht.«
»Untersteh dich!« Ich setzte mich ruckartig auf, um mich in Sicherheit bringen zu können, falls sie mir tatsächlich mit irgendetwas Spitzem auf den Leib rückte.
»Bitte, meine Damen.« Barbara zeigte zwar keine Anzeichen von Hektik, aber mir war klar, dass sie uns zur Eile treiben wollte, damit sie möglichst schnell wieder
Weitere Kostenlose Bücher