Ein unvergessliches Abenteuer
beharrte Crissy. „Sicher, er hatte diese großartige emotionale Erkenntnis, aber ist es Rachels Schuld, dass sie seine Liebe nicht erwidert?“
„Liebe kann man nicht erzwingen“, gab Noelle zu. „Aber es ist schade, dass du ihn nicht auch liebst. Dann könntet ihr eine Familie sein.“
Rachel wusste, dass die Freundinnen ihr helfen wollten, und war ihnen dankbar. Aber zugleich fühlte sie sich kritisiert. Im Idealfall hätte sie sich Hals über Kopf in Carter verliebt, und sie beide wären glücklich gewesen, aber das Leben war nun mal nicht perfekt.
„Ich kann es einfach nicht“, sagte sie, während sie die Serviette zusammenknüllte und auf den Tisch warf. „Ich kann nicht so sein, wie er mich haben will.“
„Wie sollst du denn sein?“, fragte Crissy. „Was genau erwartet er von dir?“
„Er erwartet, dass ich …“ Rachel zögerte. Was verlangte Carter? Außer dass sie ihn liebte und heiratete? Sonst fiel ihr nichts ein. „Dass ich ihn liebe. Aber das kann ich nicht!“
„Schon gut“, meinte Noelle besänftigend. „Er wird darüber hinwegkommen und eine andere finden.“
Rachel starrte sie an. „Was?“
„Eine andere“, wiederholte ihre Freundin. „Jetzt, da er weiß, dass er sich verlieben kann, wird er es ein zweites Mal tun wollen. Ich hoffe nur, dass er jemanden findet, der seine Liebe erwidert.“
Das bedeutete, dass Carter irgendwann heiraten würde. Rachel würde eine von vielen Exfreundinnen sein – wenn auch eine mit einem Baby von ihm. Zusammen mit Jenny und ein paar ausgewählten anderen würde sie an Festtagen zu seiner Familie eingeladen werden. Sie würde das Baby mitbringen, und alle würden es bewundern. Vor allem Carters neue Ehefrau würde sich nicht anmerken lassen wollen, dass es ihr etwas ausmachte.
Und dann würde er eigene Kinder haben. Kinder, die ihn vergessen ließen, dass er auch eines mit Rachel hatte.
„Es ist alles ihre Schuld“, murmelte sie.
„Wen meinst du?“, fragte Crissy verwirrt.
„Die Frau, die er geheiratet hat. Sie ist unmöglich.“
Crissy trank einen Schluck Wein. „Reden wir über Carters zukünftige Frau? Vielleicht wirst du sie mögen.“
Rachel antwortete nicht. Sie selbst wollte Carter nicht heiraten, aber sie wollte auch nicht, dass eine andere ihn bekam. Das war eine sehr egoistische Einstellung, und sie hasste sich dafür.
„Es tut mir leid“, sagte sie und stand auf. „Ich möchte nicht mehr darüber reden. Ich muss los.“
„Geht es dir gut?“, fragte Noelle besorgt, während sie sich schwerfällig erhob. Crissy sprang auf und half ihr, dann folgten sie beide Rachel zur Haustür.
„Mit mir ist alles in Ordnung“, sagte Rachel und wünschte, es wäre wahr. „Ich brauche nur etwas Zeit zum Nachdenken.“
Die Freundinnen umarmten sie, und sie musste versprechen, dass sie bald anrufen würde. Sie verabschiedete sich, ging zum Wagen, fuhr jedoch nicht nach Hause, sondern ziellos durch die Stadt, bis sie schließlich im Einkaufszentrum landete.
Es war Freitagabend, und die Passagen waren voller Menschen, vor allem Teenager. Rachel schlenderte umher und versuchte, Interesse für eine neue Bodylotion oder einen Snack aufzubringen. Es gelang ihr nicht. Stattdessen ertappte sie sich dabei, wie sie die Jugendlichen beobachtete. Die meisten waren in Gruppen unterwegs, aber es gab auch einige Paare.
Sie sind so unbeschwert, dachte sie, als sie sah, wie ein Mädchen sich an ihren Freund schmiegte und ihn in einer Ecke neben dem Kartenshop leidenschaftlich küsste. So war sie selbst in dem Alter nie gewesen, nie so sorglos und bereit, sich auf jemanden einzulassen. Sie war immer auf Distanz geblieben, weil der Verlust so wehtat – in jeder Minute an jedem Tag hatte sie ihre Eltern und ihren Bruder vermisst.
Jemand hätte mit ihr zu einem Psychotherapeuten gehen sollen.
Der Gedanke kam so unerwartet, dass sie abrupt stehen blieb und eine Familie mit zwei Kleinkindern ausweichen musste.
Eine Therapie. Natürlich. Sie war erst zwölf gewesen und hatte ihre ganze Familie verloren. Jemand, mit dem sie reden konnte und der ihre Trauer verstand, wäre eine große Hilfe gewesen. Aber niemand hatte ihr dazu geraten, und sie selbst war gar nicht auf die Idee gekommen.
Rachel ging weiter, ohne die Schaufenster um sie herum richtig wahrzunehmen. Stattdessen sah sie Brett vor sich, ihren ersten richtigen Freund. Er war nicht überrascht gewesen, als sie ihre Verlobung gelöst hatte. Im Gegenteil, er gab sogar zu, dass er damit
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