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Ein wilder und einsamer Ort

Ein wilder und einsamer Ort

Titel: Ein wilder und einsamer Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Kästchen, zerrte an dem Knopf. Es
ging nicht auf. O Gott, es durfte nicht abgeschlossen sein! Ich ruckte heftiger
— und diesmal gab das Türchen quietschend nach.
    Die Pistole, wo...
    Da! Ich grabschte sie. Tastete nach dem
Munitionsschächtelchen, erwischte es ebenfalls und stolperte dann die Treppe
hinauf, aufs Achterdeck. Ich mußte darauf setzen, daß Newton hinter mir herkam.
Wenn ich die Pistole schon abfeuern mußte, dann nicht in der Enge der Kajüte —
Adahs wegen.
    Ich rutschte auf Knien über das
glitschige Teakholz und fingerte in dem Kästchen herum. Eine Patrone. Eine
Chance. Ich riß sie heraus, duckte mich gegen die Backbordreling und versuchte
keuchend und mit zittrigen Fingern, die Pistole zu öffnen, damit ich sie laden
konnte.
    Von unten drangen Geräusche empor. Wenn
er dort unten blieb und Adah als Geisel benutzte...
    Ich rammte die Patrone in den
abgeknickten Lauf. Hielt die Pistole schußbereit.
    Newtons Kopf tauchte auf, dann der Rest
seines Körpers, als er die Kajütentreppe heraufhastete. Allein. Keuchend, mit
irrem Blick. Die Pistole in seiner Hand immer noch zittrig.
    »Newton! Legen Sie die Waffe weg!«
    Er erstarrte für einen kurzen Moment.
Dann fuhren Kopf und Pistole in meine Richtung herum. Er versuchte mich in dem
dichten Nebel zu orten.
    »Ich meine es ernst, Newton! Legen Sie
die Waffe weg! Zwingen Sie mich nicht zu schießen...«
    Er sah mich, noch ehe ich das letzte
Wort ganz draußen hatte. Er war viel zu durchgeknallt, um zuzuhören.
    Er schoß.
    Einmal, zweimal — wildes Geballer, aber
die zweite Kugel war dicht an mir vorbeigepfiffen.
    Ich warf das Munitionskästchen nach
seiner Pistole. Es prallte von seinem Arm ab. Der nächste Schuß pfiff noch
näher an mir vorbei.
    Wieviel Schuß hatte er noch? Ich wußte
es nicht, durfte nicht noch mehr riskieren. Keine Wahl, verdammt noch mal, er
ließ mir keine Wahl...
    Ich konzentrierte mich und zog den
Abzug der Leuchtpistole durch.
    Die Leuchtrakete traf ihn mitten in die
Brust, schleuderte ihn gegen die Steuerbordreling. Entzündete Kleidung und
Fleisch. In Sekundenschnelle verwandelte er sich in eine lebende Fackel.
    Sie haben Ihre Opfer nicht in Flammen
aufgehen sehen. Nicht den Geruch ihres brennenden Fleisches gerochen...
    Von Übelkeit gewürgt, sah ich, wie er
mit dem Kreuz gegen die Reling schlug. Seine Beine flogen hoch, und er kippte
hintenüber. Er gab keinen Laut von sich — keinen einzigen Laut. Als er ins
Wasser klatschte, hörte ich es zischen und sah den Dampf aufsteigen. Die
Flammen erloschen, aber der beißende Geruch lag immer noch in der Morgenluft.
    Ich warf die Pistole hin und krümmte
mich.
     
     
     
     

31
    Ich saß auf meiner Terrasse und bemühte
mich, Langley Newton aus meinem Kopf zu verbannen, indem ich aus ein paar alten
Seidentüchern einen neuen Schwanz für W. C. Fields fabrizierte, als Adah am
Dienstag nachmittag kam. Sie hatte dunkle Schatten um die Augen, sah erschöpft
aus, und ihr sonst so energischer Schritt hatte etwas Zaghaftes. Es würde wohl
eine Weile dauern, bis sie sich von diesen Horrortagen erholt haben würde.
    »Hat die Katze den erwischt?« Sie
zeigte auf den Seidenpapagei. »Allerdings.«
    »Welche?«
    »Bisher hat sich keine dazu bekannt.«
    »Der neue Schwanz wird keine fünf
Minuten halten, solange diese Biester hier herumstreunen.«
    »Ich weiß. Ich nehme ihn mit nach
Bootlegger’s Cove, wo er vor ihren dreckigen Tatzen sicher ist.«
    Adah ließ einen Schlüssel auf den Tisch
neben mir klimpern.
    »Was ist das?«
    »Dein Ersatzschlüssel. Als du neulich
nicht aufgemacht hast, habe ich ihn benutzt. Ich gebe ihn dir hiermit zurück.«
    »Tu’s nicht«, sagte ich. »Du weißt nie,
wann du ihn wieder brauchen kannst.«
    Unsere Blicke trafen sich, und nach
einem kurzen Moment nickte sie und steckte den Schlüssel wieder ein. »Danke.«
Dann deponierte sie eine Papiertüte auf dem Tisch und zog eine Flasche Wein
heraus. »Für dich. Ein dreiundneunziger Deer Hill Chardonnay. Ich mußte in
sechs Weinhandlungen gehen, bis ich ihn gekriegt habe.«
    Ich bemerkte, daß die Flasche gekühlt
war. »Willst du nicht reingehen und den Korkenzieher und zwei Gläser holen?«
    »Ich dachte, du wolltest ihn für deinen
Vierzigsten aufheben.«
    »Was ist schon ein Geburtstag,
verglichen mit der Tatsache, daß wir beide den gestrigen Morgen überlebt
haben?«
    Sie schnitt eine Grimasse. »Da hast du
allerdings nicht ganz unrecht.«
    Als sie wieder herauskam, nahm ich ihr
den

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