Ein zahnharter Auftrag
beeindrucken. Sie blieb stehen. »Du kannst also hellsehen, ja?« Sie verschränkte die Arme und sah Ludo an. Dabei hob sie das Kinn.
Ludo nickte zögernd.
»Dann sieh doch bitte mal nach, wie der Verkauf von meinen Klodeckeln nächsten Monat so läuft.«
Ludo schloss die Augen und presste die Lippen aufeinander. Im Wohnzimmer der Tepes wurde es ganz still. Nur Ludos Atem war zu hören. Laut und regelmäßig. Ludo blähte die Backen auf. Er quietschte, er grunzte. Dann atmete er lautstark aus. Seine Backen fielen ein.
Herr und Frau Tepes beobachteten Ludo mit gerunzelter Stirn. Sie warfen sich einen fragenden Blick zu.
Plötzlich riss Ludo die Augen auf. Er schüttelte die Arme aus, rollte die Schultern und spreizte die Finger. »Also. Der Empfang war nicht so gut. Aber ich habe etwas gesehen: Der Verkauf läuft gut.«
Frau Tepes zog eine Augenbraue nach oben. »Und das nennst du hellsehen? Da sehe ich mehr, wenn ich in den Ofen gucke.«
»Das war noch nicht alles«, fuhr Ludo fort. »Ein Großauftrag kommt rein. Von irgendeinem Hotel.«
Frau Tepes' nachtblaue Augen blitzten auf. »Vom Goldenen Löwen?«
»Das weiß ich nicht. So scharf habe ich nicht gesehen. Wie gesagt, der Empfang ...«
Elvira Tepes sah ihren Mann ratlos an. »Ich hatte heute Morgen eine Anfrage vom Goldenen Löwen, dem großen Hotel gleich neben dem Rathaus.«
Herr Tepes lächelte seine Frau an. »Na siehst du, dann ist ja alles geklärt. Daka und Silvania haben sich an die Regeln gehalten. Sie haben einen neuen Freund, der hellsehen kann. Und du bekommst einen Großauftrag. Ich finde, das ist ein Grund zum Anstoßen!« Mihai Tepes wollte gerade die Karpovkaflasche aus dem Schrank holen, als ein furchterregendes Grollen erklang. Es kam aus dem Keller. Herr Tepes hielt in der Bewegung inne. Er stand mit hochgekrempelten Hosen barfuß auf dem cremeweißen Wohnzimmerteppich und starrte auf den Fußboden. Was war im Keller los?
Das Grollen war verklungen. Jetzt waren Schritte zu hören.
Elvira Tepes blickte nervös zur Tür.
»Was war das?«, fragte Silvania.
»Wer kommt da?«, fragte Daka.
Die Schritte näherten sich dem Wohnzimmer. Jetzt war auch ein Zischen und Rauschen zu hören.
»Ich muss ganz schnell nach Hause«, sagte Helene. Ihre Stimme klang piepsig.
»Ich glaube, ich auch«, meinte Ludo.
Doch keiner der beiden wagte es, sich zu bewegen.
Vor der Wohnzimmertür erklang ein Kichern. Dann ein kleiner Rülpser.
Frau Tepes sah mit weit aufgerissenen Augen von Helene und Ludo zur Wohnzimmertür. Dann sah sie zu ihrem Mann. »Mihai! Tu etwas! Sonst geschieht ein Unglück!«
»Zu spät«, sagte Ludo. »Ich sehe es kommen.«
In dem Moment flog die Wohnzimmertür auf. Sie war nicht das Einzige, was flog.
Toilettenrauschen,
Teil zwei
D irk van Kombast hatte den Kopf in die Hände gestützt. Seine Finger umklammerten krampfhaft die Kopfhörer. Seine Ohren waren mittlerweile schon ganz warm. Was die in den letzten paar Minuten zu hören bekommen hatten, war kaum zu glauben.
Dirk van Kombast hatte also recht gehabt mit seinem Verdacht. Dieser Lumbo oder Sumbo hatte es laut und deutlich gesagt: Herr Tepes war ein Vampir. Seine Töchter waren Halbvampire. Die Schwestern hatten es nicht abgestritten. Herr Tepes hatte es nicht abgestritten. Nur Frau Tepes hatte sich aufgeregt. Aber nicht, weil ihr Mann ein Vampir war. Dabei wäre das für so manche Ehefrau ein Scheidungsgrund.
Schade, dass man mit dem Vampire-Best-Buy-Bug das abgehörte Gespräch nicht mitschneiden konnte. Dann hätte er den Beweis. Wort für Wort. Silbe für Silbe. Aber Beweise würden sich finden lassen. Jetzt, wo Dirk van Kombast sich sicher war, mit wem er es bei den neuen Nachbarn zu tun hatte. Die Jagd war eröffnet!
Das Vampire-Best-Buy-Bug setzte wieder eine Sekunde aus. Es rauschte. Dirk van Kombast fluchte leise. Er zischte: »Sssccchhh...ande!« Er wackelte mit dem Kabel. Dann hörte er, wie Frau Tepes aufgebracht rief: »Mihai! Tu et...« – Rauschen – »schieht ein Unglück!«
Dirk van Kombast wusste nicht, ob Mihai Tepes etwas tat. Auf jeden Fall tat sich etwas im Nachbarhaus. Dirk van Kombast hörte, wie eine Tür aufflog. Dann rauschte und zischelte es, aber dieses Mal war es keine Störung. Jemand schrie auf. So schrill, dass Dirk van Kombast das Gefühl hatte, jemand steche ihn mit einer Nadel ins Ohr. Stimmen redeten wirr durcheinander. Jemand schrie: »HILFE!«, eine andere Stimme: »FUMPFS!«. Eine weitere: »NEIN!« Eine Mädchenstimme
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