Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Art von Zorn

Eine Art von Zorn

Titel: Eine Art von Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
Vom Netzwerk:
Vollmitglied, aber bei Falschmünzerei und Rauschgifthandel arbeiten Schatzamt und Rauschgiftabteilung mit Interpol zusammen. Ich halte den Hinweis zweifelsohne für verläßlich.«
    Das ›zweifelsohne‹ machte mich lachen. Ich sagte: »Wenn Sie schon gestern abend gewußt hätten, worauf der heiße Tip hinausläuft, hätten Sie dann auch Bob Parsons für den Job vorgeschlagen?«
    Er winkte gereizt ab. »Lassen wir die Späße. Überlegen wir lieber, wie wir die Sache am besten angehen können.« Er starrte einen Augenblick auf den Brief und fuhr dann fort: » Es läuft also auf folgendes hinaus. Wir kennen nun einen Freund dieser Frau, der in Frankreich lebt und der sie vielleicht aus alter Freundschaft vor der Polizei verstecken würde. Nun ist aber der Mann ein Gauner, und eine alte Freundschaft bedeutet ihm nichts, wenn er Schwierigkeiten mit der Polizei riskiert. Die Sache ist unsicher, aber einen Versuch wert. Irgendwelche Vorschläge? «
    »Keine brauchbaren.«
    Er seufzte. »Sie haben mich gefragt, Piet, ob ich wegen eines solchen Tips Bob Parsons aus Rom geholt hätte. Ehrlich gesagt, nein. Wahrscheinlich hätte ich einen freien Mitarbeiter in Marseille mit der Sache betraut. Aber der Chef hat nun einmal Sie auserwählt. Wir wissen beide warum – er möchte Ihnen etwas ankreiden. Also geben Sie sich Mühe, damit er es nicht kann. Er erwartet keine Wunder. Sie brauchen nur diesen Sanger zu finden und sich zu vergewissern, daß von ihm keine Spur zu der Frau führt. Dann ist die Sache für uns beide erledigt. Klar?«
    »Wo soll ich anfangen?«
    Er grinste. »So gefallen Sie mir schon besser, Söhnchen.« Er warf einen Blick auf seine Uhr. » Um sechs oder sieben geht ein Flugzeug nach Marseille. Antoinette soll einen Platz für Sie reservieren und ein Hotelzimmer für eine Nacht. Morgen früh mieten Sie einen Wagen, fahren nach Sète und fangen mit den Nachforschungen an. «
    »Morgen ist Sonntag. Da wird die mairie geschlossen sein.«
    »Zum Teufel mit der mairie ! Da können Sie ja gleich zur Polizei gehen und sagen, warum Sie dort sind. Nein, beginnen Sie mit den Cafés und den Tankstellen, aber sagen Sie niemandem, daß Sie ein Reporter sind. So was spricht sich schnell herum, und dann haben wir die Konkurrenz, die Lokalblätter, auf dem Hals. Sagen Sie doch, Sie seien Schadeninspektor und suchten nach einem Zeugen. Dafür ist Ihr Französisch gut genug. Oder erzählen Sie meinetwegen, daß Sie einen alten Kriegskameraden wiederfinden möchten. Das hören sie lieber.«
    »Und wenn ich nichts herausbekomme?«
    »Dann versuchen Sie es in den Geschäften. Verdammt noch mal, der Ort ist ja nicht so groß. Irgend jemand muß ihn doch kennen.«
    »Haben wir Beziehungen zum Quai des Orfèvres?«
    »Warum?«
    »Ich würde gerne wissen, ob das Gerücht, die Polizei habe sich in diesem Fall kein Bein ausgerissen, stimmt?«
    »Was hat das mit Ihrer Aufgabe zu tun?«
    »Angenommen, wir haben Glück und die Bernardi versteckt sich wirklich bei Sanger, angenommen, die Polizei weiß das, hat aber von oben die Anweisung, es zu ignorieren, ganz gleich aus welchem Grund. Dann hat Sanger quasi Polizeischutz. Für den Fall nun, daß ich ihn finde und mit ihm ins Gespräch komme, wüßte ich ganz gern, woran ich bin, will sagen, mit wem ich es zu tun habe – mit einem Betrüger in der Defensive oder einem falschen Ehrenmann, der mich aber jederzeit hinauswerfen kann.«
    Er dachte darüber nach und schüttelte dann den Kopf. »Da ist was dran, aber ich glaube nicht, daß es viel Sinn hat, im Quai des Orfèvres nachzufragen. Ich kenne den stellvertretenden Leiter, und ich weiß genau, was er mir antworten würde: ›Sie haben die falschen Zeitungen gelesen, mon cher . Zugegeben, wir zerbrechen uns über diese Angelegenheit nicht mehr den Kopf. Die junge Frau wird von unseren Schweizer Kollegen als Zeugin gesucht, und wir haben unser möglichstes getan, ihnen einen Gefallen zu erweisen. Wir glauben jetzt, daß sie einige Zeitungen zu Gesicht bekommen hat und nach Italien gegangen ist.‹« Er schüttelte wieder den Kopf. »Nein Piet, ich glaube, Sie werden improvisieren müssen, wenn es soweit ist.«
    Er rät den Leuten immer, zu improvisieren. Das Wort ärgert mich jedesmal. Ich spiele lieber nach Noten.

Zweites Kapitel
I
    Am Abend nahm ich die Maschine nach Marseille und stieg im Hotel L’Arbois ab. Am nächsten Morgen ging ich zum Flughafen und mietete einen Wagen. Am späten Nachmittag war ich in Sète. Wer nicht

Weitere Kostenlose Bücher