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Eine bezaubernde Erbin

Eine bezaubernde Erbin

Titel: Eine bezaubernde Erbin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sherry Thomas
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hielten. Die gute Gesellschaft war zum Ende der Saison aus London abgereist, er konnte davon ausgehen, weitestgehend ungestört zu sein.
    Der Club war tatsächlich ziemlich leer. Mit einem Glas Brandy machte er es sich bequem und versuchte, die Times zu lesen.
    Am Tag war es leichter. Seine Studien, sein Anwesen und seine Freunde nahmen Christians Zeit vollkommen in Anspruch. Doch in der Nacht, wenn es um ihn herum ruhig wurde und er mit seinen Gedanken allein war, dachte er allzu oft an die Frau, die ihm das Herz gestohlen hatte, ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen.
    Er träumte von ihr. Manchmal waren die Träume sehr lebhaft. Ihr nackter, schlanker Leib unter seinem, ihre Lippen flüsterten sinnliche Worte der Ermutigung in sein Ohr. Dann wieder blieb sie gänzlich unerreichbar für ihn, schritt von dannen, während er wie festgewachsen dastand, oder trat neben ihn, just nachdem er sich in eine Steinstatue verwandelt hatte. Er mühte sich und schrie in seinem marmornen Gefängnis, doch sie bemerkte es gar nicht, genauso gefühlskalt wie schön.
    Jemand betrat die mit dunklem Holz getäfelte Bibliothek. Christian erkannte den Mann sofort: Anthony Townsend. Ihr Gatte.
    Nach seiner Begegnung mit Mrs Townsend waren ihm die Jahre wie eine lange Lehrstunde über die bedrückenderen Aspekte des menschlichen Daseins erschienen. Zuvor hatte er weder Eifersucht noch Kummer oder Verzweiflung gekannt. Auch keine Schuld, die beim Anblick Townsends nun durch seine Adern pulste.
    Er hatte dem Mann nie etwas Böses gewünscht – und in seinen Gedanken war er kaum jemals mehr gewesen als ein unbewegliches Hindernis auf seinem Weg. Doch er hatte in seiner Fantasie unzählige Male mit seiner Frau geschlafen. Und wenn Townsend etwas zustoßen würde, wäre er der Erste in der Schlange derer, die die Bekanntschaft seiner Witwe suchten.
    Dies waren genug Gründe für Christian, dass er seinen Brandy hastig leerte und die Zeitung raschelnd beiseitelegte.
    Er erhob sich zum Gehen.
    „Ich habe Sie schon einmal gesehen“, bemerkte Townsend.
    Nachdem er einen Moment lang wie gelähmt war, erwiderte Christian kühl: „Ich glaube nicht, dass wir uns schon einmal begegnet sind.“
    Er bildete sich weniger auf die Geschichte seiner Familie ein als seine Vorfahren, doch er war so unnahbar wie jeder de Montfort.
    Townsend blieb jedoch unbeirrt: „Ich sagte nicht, dass wir einander begegnet sind, aber ich kenne Ihr Gesicht von irgendwoher. Ja, jetzt erinnere ich mich. Lord’s Cricket Ground, vor zwei Jahren. Sie haben eine Kappe mit Streifen von Harrow getragen und meine Frau angegafft.“
    Christians Spiegelbild im Fenster, eine Radierung aus Licht vor dem Hintergrund der dunklen Straße, zeigte einen Mann, der in Fassungslosigkeit erstarrt war, so, als ob er Medusa selbst in die Augen gesehen hatte.
    „Ich kann mir nicht merken, wie meine Dienstmädchen aussehen, aber ich erinnere mich an die Gesichter aller Männer, die je nach meiner Frau gelüstet haben.“ Townsend klang seltsam teilnahmslos, als ob es ihm nichts mehr ausmachte.
    Christians Wangen glühten, doch er sagte kein Wort: Ganz gleich wie geschmacklos es war, so über seine eigene Frau zu sprechen – und jene zu beschimpfen, die sie begehrten –, Townsend besaß jedes Recht dazu.
    „Sie erinnern mich an jemanden“, fuhr Townsend fort. „Sind Sie mit dem verstorbenen Duke of Lexington verwandt?“
    Wenn Christian seinen Namen nannte, würde Townsend ihn dann gegenüber seiner Gattin verunglimpfen? Er beobachtete, wie sich die Lippen seines Spiegelbildes bewegten. „Der verstorbene Herzog war mein Vater.“
    „Aber natürlich. Dann sind Sie Lexington. Sie wäre entzückt darüber, dass jemand von Ihrem Stand sie für begehrenswert hält.“ Townsend lachte, aber es klang trocken und humorlos. „Ihr Wunsch könnte sogar in Erfüllung gehen, Euer Gnaden. Aber überlegen Sie es sich noch einmal. Sonst ergeht es Ihnen am Ende womöglich noch wie mir.“
    Diesmal konnte Christian seine Verachtung nicht für sich behalten. „Sie meinen, dass ich mit Fremden über meine Frau spreche? Das glaube ich eher nicht.“
    „Das hätte ich früher von mir auch nicht gedacht“, entgegnete Townsend achselzuckend. „Entschuldigen Sie, Sir, dass ich Sie mit meinem unmännlichen Gerede aufgehalten habe.“
    Er verneigte sich. Christian erwiderte das mit einem kurzen Nicken.
    Erst am nächsten Tag fragte er sich, was Townsend wohl mit „Ihr Wunsch könnte in Erfüllung gehen“

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