Eine Billion Dollar
herunterzulassen und das Telefon einfach hinaus in die Nacht zu werfen. »Nein. Tut mir leid.«
»Die Weltregierung, Mann. Du bist dabei, die Weltregierung zu installieren. Und das ist genau, was sie wollen. Alles andere, der jüngste männliche Nachfahre, das Erbe, die Prophezeiung – das ist alles Kino. Hollywood. Erstunken und erlogen, um Show zu machen. Die Leute zu beeindrucken. Das, was sie wollen, ist, dass eine Weltregierung entsteht, und du bist der Aufhänger, die Leute dazu zu bringen, auch noch begeistert mitzumachen. Weil die Leute an dich glauben. Du bist der Erbe, du wirst die Prophezeiung erfüllen, du wirst uns allen die Zukunft zurückgeben, Amen. Shit, Mann. Einen Dreck wirst du. Eine Weltregierung, das heißt, sie haben bloß noch eine Stelle, die sie manipulieren, bestechen, aus dem Hintergrund lenken müssen. Es wird für sie alles einfacher. Sie werden die endgültige Kontrolle über uns alle bekommen. Sie werden uns Barcodes in die Haut eintätowieren, und wir werden begeistert sein, dass wir die Kreditkarte zu Hause lassen können. Sie werden uns das Kinderkriegen ausreden und die künftigen Sklavenarbeiter in ihren gentechnischen Labors genau so züchten, wie sie sie haben wollen. Irgendwann wird es bloß noch sie geben, etwa tausend Familien, die die absoluten Herrscher sein werden, die Herrenrasse – und wir, der Rest, sind ihre Sklaven, hirnlos, wehrlos, nichts als Fleisch . John, ich beschwöre dich, du musst das stoppen!«
Einen Moment lang glaubte er ihm. Einen Moment lang war ihm, als risse ein Vorhang entzwei und gebe den Blick frei auf eine Szenerie unaussprechlicher Scheußlichkeit, eine Verschwörung monströsen Ausmaßes, eine Welt so grauenhaft, dass einen der bloße Anblick den Verstand kosten konnte. Dann fielen ihm Marvins andere Besessenheiten wieder ein – die Aliens von Roswell, die Sagen der Hopi-Indianer, die Drogenphilosophie Carlos Castanedas, die prophetischen Kräfte von Runen und die Heilkräfte von Edelsteinen. »Was hat er denn darüber gesagt, ob Elvis noch lebt, dein geheimnisvoller Bekannter?«
»Was?«, schnappte Marvin. »Hey, was soll der Scheiß jetzt?«
»Marvin, vergiss es. Es ist unmöglich. Niemand hätte all das so planen können, wie es passiert ist.«
Ein Laut wie ein Aufheulen war zu hören, mit der Verzögerung eines interkontinentalen Telefonats. »Du weißt nicht, was die alles können! Die haben alles unterwandert, jede Organisation, jede Partei… die stecken hinter allem, echt hinter allem… Und die haben Technologien, die du dir nicht vorstellen kannst, Hypnose, unglaubliche Drogen, die können sogar deine Aura beeinflussen…«
»Ja. Kann ich mir lebhaft vorstellen, dass die das können.«
»Ja, Mann, ich sag dir, die haben auch die Technologie der Aliens, die in den Vierzigern abgestürzt sind. Die können mit hypermagnetischen Flugscheiben zum Mars fliegen und bauen dort längst ihre Städte, und uns machen sie vor, dass dort bloß tote Wüste -«
»Marvin?«, unterbrach John ihn. »Das ist alles bullshit . Wer immer dir das erzählt, tickt nicht richtig. Oder er lügt. Nicht mal das mit der Weltregierung stimmt. Ich installiere keine Weltregierung.«
»Aber darauf läuft es hinaus.«
»In fünfzig Jahren vielleicht. Im Moment geht es nur darum, einen World Speaker zu wählen, und der wird äußerstenfalls ein paar Steuern ändern und –«
»Oh, Mann!« Es klang, als ob sich Marvin erbrach. »Ich hätt’s wissen müssen. Sie haben dich schon. Sie haben dich geistig im Griff. Scheiße, Mann. Sie sitzen in deinem Hirn, John, und du merkst es nicht mal!«
»Niemand sitzt in meinem Gehirn.«
»Scheiße, Mann, ich kann sie aus dir reden hörenl« schrie Marvin, dann war übergangslos die Verbindung weg.
John nahm das Telefon vom Ohr, betrachtete es beunruhigt und schaltete es schließlich aus. Woher hatte Marvin eigentlich seine Nummer? In diesem Punkt zumindest schien McCaine nicht Unrecht gehabt zu haben. Es war wirklich besser, wenn er den Kontakt zu ihm künftig mied.
Nach der ersten hämischen Schadenfreude über den Tiefschlag für den Billionär John Fontanelli begriffen allerdings auch andere Leute, dass ihr Vermögen den Blick der Gerechtigkeit zu fürchten hatte. Eine neue Art von Druck entstand. Allerorten »entdeckten« plötzlich Anwälte, die die Reichen und Mächtigen zu ihrem Klientel zählten und bislang eher durch Verschwiegenheit und Unauffälligkeit geglänzt hatten, dass man die Teilnahme an einer
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