Eine Braut fuer Lord Sandiford
Aber für mich werden Sie immer der Oberst sein. Sie sind durch und durch Soldat. Westen mögen vielleicht Ihr Aussehen ändern, aber Sie werden niemals wie einer dieser nichtsnutzigen Dandys aussehen. Gott sei Dank, wenn ich das sagen darf."
Sandiford dachte an die teuer ausstaffierten Menschen, die er bei seinem Ausflug zur Bond Street gesehen hatte, und es schüttelte ihn. "Ich hoffe es auch nicht. Aber wir haben nun einen ganz anderen Kampf auszufechten. Walters gesteht mir zwei, höchstens drei Monate zu, um eine reiche Erbin und deren Mitgift zu gewinnen."
Jeffers legte das zusammengefaltete Kleidungsstück in den Garderobenschrank und drehte sich seufzend zu seinem Herrn um. "Es ist für meinen Geschmack entwürdigend, sich von dem Geld einer Frau abhängig machen zu müssen. Aber Sie sind der beste Offizier, dem ich jemals gedient habe. Falls es einen Mann geben sollte, der unter all den Federn und Spitzen eine Frau entdecken kann, die es wert ist, dann sind Sie das."
Sandiford lachte missbilligend. "Ich bin in dieser Sache nicht derjenige, der die Wahl hat. Ich muss eine Frau finden, die mich haben will. Hinter meinem Titel versteckt sich schließlich nur ein leerer Geldbeutel."
Der Bursche seufzte. "Ich weiß zwar nicht, wie eine Frau denkt. Wenn aber so eine Person nicht erkennen kann, dass Sie ein ganzes Heer von diesen Nichtsnutzen aufwiegen, die man auf den Londoner Straßen sieht, dann ist sie eine Närrin."
"Sie sollte mein Angebot wohl als ein Zeichen der Ehrerbietung sehen", scherzte Sandiford voll Bitterkeit.
Jeffers straffte sich, als ob er an einer Parade teilnehmen würde, und starrte fast beleidigt zu seinem Herrn. "Ein Oberst der Zehnten Husaren, Veteran von Vimeiro und Sahagun, Corunna und Vittoria und …" Er hielt inne, als Sandiford ungeduldig abwinkte.
"Wir werden sehen. Wenn du mit den Schachteln fertig bist, geh zu Mrs. Webster in die Küche. Sie hält ein Essen für dich bereit. Wir haben beide genug kaltes Hammelfleisch gegessen und sollten endlich wieder einmal eine warme Mahlzeit genießen."
"Zu Befehl, Oberst." Bevor er Jeffers tadeln konnte, salutierte der mit einem leichten Lächeln und ging aus dem Zimmer.
Kopfschüttelnd nahm Sandiford einen weiteren Schluck Wein und setzte sich in den Ohrensessel. Federn und Spitzen , so hatte Jeffers die Damen beschrieben, aus deren Reihen er eine Braut finden musste. Ein alter Soldat wie er, der in der Eiseskälte auf hartem Boden geschlafen hatte, der sich glücklich geschätzt hatte, trockenes Brot und ein halb gegartes Huhn zu verspeisen, würde wohl kaum mit einer überdrehten Dame Gemeinsamkeiten finden. Zudem würde eine solche Frau, die einer Gesellschaft angehörte, in der es mehr um Wohlstand als um Charakter ging, kaum einen Mann anziehend finden, der ihre Welt aus ganzem Herzen hasste.
Eine Welt, deren Hauptbeschäftigung das Glücksspiel war, das seinen Vater ruiniert und ihn selbst bettelarm gemacht hatte.
Vor seinem inneren Auge tauchte die kostspielig gekleidete Dame auf, die er heute Morgen vor Sarahs Haus angetroffen hatte. Wieder verzog sich sein Mund zu einem spöttischen Lächeln.
Zweifellos war sie eine Schönheit, so wie seine Mutter eine gewesen war, die Sarah stets als zu reizlos für ihren einzigen Sohn dargestellt hatte. Gewiss war diese Dame ein hochnäsiges Geschöpf, das es gewöhnt war, ein ganzes Heer von Reitknechten, Butlern, Lakaien und Kammerzofen zu kommandieren. Wenn sie heiratete, würde sie ihr Porzellangesicht und ihren makellosen Körper einem nachgiebigen Gatten verkaufen; ihre einzige Aufgabe wäre es dann, seine Kinder zu bekommen und vielleicht das Regiment über seinen Haushalt zu führen. Man würde nur auf den Festen der Gesellschaft Gemeinsamkeit demonstrieren, über Belanglosigkeiten plaudern oder die jüngsten Einkäufe besprechen. Sie würde verächtlich auf jene herabblicken, die weniger Geld hatten oder von niedriger Geburt wie Jeffers waren, der nach sechs Jahren des Militärdienstes für Sandiford mehr ein Freund als ein Diener geworden war.
Sollte der Preis für die Rettung seines Besitzes ein Leben in solchem Trübsinn sein?
Nein, beschloss er und füllte erneut sein Weinglas. Er konnte es vielleicht ertragen, eine Frau zu heiraten, die er nicht liebte, aber er müsste sie zumindest respektieren können. Wenn eine solche Frau tatsächlich, wie Jeffers vermutete, in der Aristokratie kaum zu finden war, musste er sie eben woanders suchen.
Vielleicht unter den Bürgern?
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