Eine Frage der Schuld - Mit der Kurzen Autobiographie der Graefin S A Tolstaja
gekannt und nicht zu schätzen gewußt hatte... Er begriff, daß die Liebe, die er ihr gegeben hatte, sie umgebracht hatte, daß er sie nicht so hätte lieben dürfen. Jetzt, da ihr Körper ihm genommen war, begann er ihre Seele zu verstehen. Mehr und mehr lernte er, diese ihm entflogene zärtliche und reine Seele zu schätzen, die ihn geliebt, die so viele Jahre auf so fröhliche und vielfältige Weise sein Leben und das ihrer Kinder befruchtet hatte - und es drängte ihn, seine Seele mit der ihrigen zu vereinigen …
Freunde und Bekannte des Fürsten begannen davon zu sprechen, daß er ein überspannter Spiritist geworden sei und sie sich Sorgen machten um seinen geistigen Zustand.
Einen Monat nach Annas Tod kam die Nachricht, daß Bechmetew im Ausland gestorben war.
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KURZE AUTOBIOGRAPHIE DER GRÄFIN SOFJA ANDREJEWNA TOLSTAJA
I
Ich wurde am 22. August 1844 in unserem Sommerhaus in dem Dorf Pokrowskoje, Glebowo-Streschnewo 1 , geboren, wo ich bis zu meiner Heirat jeden Sommer verbrachte. Die Winter über lebten wir in Moskau, im Kreml, im Gebäude neben dem Dreifaltigkeitstor, in der Dienstwohnung meines Vaters, der Hofarzt war. Darüber hinaus bekleidete er die Stellung eines Oberarztes des Senats und des Ordonnanzhauses.
Mein Vater war lutherischen, meine Mutter russisch-orthodoxen Glaubens. Den Studien meiner Schwester Tatjana Andrejewna Kusminskaja und meines Cousins Alexander Alexandrowitsch Behrs entsprechend ist die Abstammung meines Vaters die folgende: Sein Großvater kam aus Deutschland. In der Regierungszeit der Zarin Elisabeth, der Tochter Peters des Großen, wurde die Armee nach neuen Verordnungen reformiert, und zur Ausbildung der Truppen wurden Instruktoren benötigt. Auf Wunsch Ihrer Majestät der Zarin kommandierte der Preußische König
vier Offiziere des Kürassierregiments nach Petersburg ab. Unter ihnen befand sich der Rittmeister Hans Behrs, welcher, nachdem er einige Zeit in Rußland gedient hatte, in der Schlacht bei Zorndorf 2 fiel. Er hinterließ eine Witwe und den Sohn Jewstafi. Über seine Gattin ist nur bekannt, daß sie Maria hieß und eine Baronesse war. Sie starb früh und hinterließ ihrem Sohn Jewstafi ein stattliches Vermögen.
Jewstafi Iwanowitsch lebte in Moskau und heiratete Jelisaweta Iwanowna Wulfert, die aus einem alten Adelsgeschlecht Westfalens stammte. Sie hatten zwei Söhne: Alexander und meinen Vater Andrej. Beide studierten an der Moskauer Universität und wurden Ärzte.
Im Jahr 1812 verbrannte der gesamte Besitz des Jewstafi Iwanowitsch, sein Haus und alle Dokumente sowie sein Siegel mit dem Wappen, auf dem ein Bienenstock mit Bienen dargestellt war, die einen Bären angreifen, woher auch der Familienname Behrs stammt (nach dem deutschen«Bär»). Obwohl die Nachkommen sich um die Wiederherstellung des Wappens bemühten, wurde es von der Regierung nicht in der ursprünglichen Form erneuert. Das neue Wappen zeigt nur den Bienenstock mit den Bienen.
Nach Ende des Krieges im Jahr 1812 3 unterstützte
die Regierung Jewstafi Iwanowitsch mit einer kleineren Summe. Als sie Witwe geworden war, konnte meine Großmutter Jelisaweta Iwanowna die Ausbildung ihrer Söhne nur mit Mühe unterstützen. Nach Beendigung des Studiums an der Medizinischen Fakultät begannen die Söhne Behrs, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Der ältere, Alexander, ließ sich in Petersburg nieder, der jüngere lebte mit seiner Mutter in Moskau. Im Alter von vierunddreißig Jahren heiratete dieser Ljubow Alexandrowna Islawina, die sechzehnjährige Tochter des Alexander Michailowitsch Islenew und der Fürstin Sofja Petrowna Koslowskaja, geborene Gräfin Sawadowskaja.
Die Abstammung meiner Mutter ist folgende: Der Graf Pjotr Wassilewitsch Sawadowski, der Großvater meiner Mutter, war ein bekannter Staatsmann und Protegé der Zarin Katharina der Großen. Während der Regierungszeit Alexanders I. war er der erste Bildungsminister in Rußland. Er heiratete die Gräfin Vera Nikolajewna Apraxina, die Hofdame, später Ordensdame, und eine besondere Schönheit war. Sie hatten einige Töchter und zwei Söhne, die kinderlos starben. Die älteste Tochter, die Gräfin Sofja Petrowna Sawadowskaja, wurde im Alter
von sechzehn Jahren ohne ihr Einverständnis dem Fürsten Koslowski zur Frau gegeben; sie bekamen einen Sohn. Sie lebte nur kurze Zeit und sehr unglücklich mit ihrem Mann zusammen, verließ ihn und verbrachte danach ihr gesamtes Leben mit Alexander Michailowitsch
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