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Eine Handvoll Dunkelheit

Eine Handvoll Dunkelheit

Titel: Eine Handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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halben Stunde, ihren derzeitigen Standort zu bestimmen.
    „Dort“, erklärte der Kommandierende Polizeicaptain. „Das müßte es sein, dieses Gebäude, das als Lebensmittelgeschäft dient.“ Der Kopter sank tiefer.
    Es war tatsächlich ein Lebensmittelgeschäft; Hood sah kein Anzeichen politischer Aktivität, keine herumlungernden Personen, keine Fahnen oder Transparente. Und dennoch – etwas Unheilverkündendes schien hinter dem alltäglichen Bild zu lauern, hinter den Blumenkisten, die auf dem Bürgersteig standen, den ärmlich gekleideten Frauen, die die Winterkartoffeln prüfend in die Hand nahmen, dem ältlichen Ladenbesitzer mit seiner weißen Stoffschürze, der mit dem Besen fegte … alles war zu natürlich, zu unbeschwert. Es war zu normal.
    „Sollen wir landen?“ fragte ihn der Polizeicaptain.
    „Ja“, sagte Hood. „Und halten Sie sich bereit.“
    Der Ladenbesitzer sah sie auf der Straße vor seinem Lebensmittelgeschäft landen, stellte den Besen sorgsam beiseite und ging auf sie zu. Er war, wie Hood erkannte, ein Grieche; er besaß einen buschigen Schnurrbart und leicht gewelltes graues Haar, und er blickte ihnen mit angeborener Vorsicht entgegen, als ob ihm mit einemmal klarwurde, daß ihr Auftauchen für ihn nichts Gutes bedeuten konnte. Trotzdem hatte er sich entschieden, sie höflich zu begrüßen; er empfand vor ihnen keine Furcht.
    „Meine Herren“, sagte der griechische Ladenbesitzer und deutete eine leichte Verbeugung an. „Was kann ich für Sie tun?“ Forschend betrachtete er die schwarzen, centaurischen Polizeiuniformen, aber er verriet keine Reaktion, und sein Antlitz blieb weiterhin ausdruckslos.
    „Wir sind hier“, erklärte Hood, „um einen politischen Agitator gefangenzunehmen. Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen.“ Er näherte sich dem Lebensmittelgeschäft; die Polizisten folgten ihm mit gezückten Waffen.
    „Politische Agitation? Hier?“ fragte der Grieche. „Kommen Sie; das ist unmöglich.“ Er eilte keuchend und nun beunruhigt hinter ihnen her. „Was soll ich denn getan haben? Ich bin unschuldig; schauen Sie sich ruhig um. Gehen Sie.“ Er hielt ihnen die Ladentür auf und geleitete sie ins Innere. „Sehen Sie selbst.“
    „Das haben wir auch vor“, versicherte Hood. Er bewegte sich flink und verschwendete keine Zeit mit dem unverdächtigen Bereich des Ladenraums; geradewegs durchquerte er ihn.
    Dann lag der Hinterraum vor ihm, das Warenlager mit den Kartons voller Konserven und den Regalen, die sich an jeder Wand erhoben. Ein Junge war mit der Inventur beschäftigt; er blickte verblüfft auf, als sie eintraten. Nichts, dachte Hood. Der Sohn des Besitzers bei der Arbeit, das ist alles. Hood öffnete den Deckel eines Kartons und blickte hinein. Pfirsichkonserven. Und daneben eine Kiste mit Kopfsalat; er riß ein Blatt ab, erfüllt von einem Gefühl der Nutzlosigkeit und – Enttäuschung.
    „Nichts, Sir“, teilte ihm der Polizeicaptain leise mit.
    „Das sehe ich“, entgegnete Hood gereizt.
    Rechts befand sich die Tür zu einem Wandschrank; er öffnete sie und entdeckte Besen und einen Mop, einen verzinkten Eimer, Reinigungsmittel. Und …
    Farbflecken klebten am Boden. Kürzlich mußte der Wandschrank angestrichen worden sein; als er sich bückte und mit dem Fingernagel die Farbe abkratzte, stellte er fest, daß sie noch frisch war.
    „Schauen Sie sich das an“, bat er und winkte den Polizeicaptain herüber.
    Nervös fragte der Grieche: „Was ist, meine Herren? Sie haben Schmutz entdeckt und wollen das dem Gesundheitsamt melden, nicht wahr? Haben sich Kunden beklagt? Bitte, sagen Sie mir die Wahrheit. Ja, das ist frische Farbe; wir halten alles tipptopp in Ordnung. Liegt das nicht im öffentlichen Interesse?“
    Der Polizeicaptain fuhr mit den Händen über die Wand des Besenschrankes und bemerkte ernst: „Mr. Hood, hier befand sich eine Tür. Sie muß erst vor kurzem versiegelt worden sein.“ Forschend sah er Hood an und erwartete weitere Instruktionen.
    „Aufbrechen“, befahl Hood. „Sofort.“
    Der Polizeicaptain wandte sich an seine Untergebenen und erteilte eine Reihe Anweisungen. Aus dem Helikopter wurde Werkzeug herbeigeschafft und durch den Ladenraum zum Wandschrank getragen; ein gedämpftes Sirren ertönte, als sich die Polizisten daran machten, sich durch Holz und Putz zu bohren.
    Bleich stieß der Grieche hervor: „Das ist unerhört. Ich werde Sie verklagen.“
    „Richtig so“, stimmte Hood zu. „Bringen Sie uns vor Gericht.“

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