Wenn dein dunkles Herz mich ruft (German Edition)
Wer Wind sät…
Das Meer glitzerte im Licht der karibischen Mittagssonne, als hätte man das Firmament wie ein Tuch über das Wasser gelegt und betrachtete nun die unzähligen Sterne, die nicht mehr verblassen wollten, seit man sie vom Himmel geholt hatte. Wellen rollten mit einer weißen Krone aus Gischt an den Strand und umspülten Kimberlys nackte Füße, griffen nach ihr wie kalte, tote Finger, die sie in die Fluten ziehen wollten. Das Meer war hier anders, hinter seiner Schönheit wirkte es tückisch und bösartig, als lauerte es. Ob das an der Insel lag? Oder an dem, was hier verborgen war?
Über Kimberlys Kopf kreiste eine Möwe, neugierig, was ein Mensch hier zu suchen hatte, doch sie beachtete den Vogel nicht weiter. Sie war viel zu sehr mit dem Smaragd in ihren schlanken Händen beschäftigt – und dem Lichtstrahl, den er auf die Felswand vor ihr warf. Aus den Augenwinkeln sah sie das kleine Boot, mit dem sie hergekommen war, auf den Wellen schaukeln. Wäre es nicht so gut festgetaut gewesen, würde das Meer es mit sich reißen und Kimberly allein auf der Insel zurücklassen. Allein mit einem in einer Höhle verborgenen Kristall und einem dunklen, gefährlichen Geheimnis. Dem Geheimnis, wegen dem sie hergekommen war.
Schweiß lief ihr in die grünen Augen, tropfte von ihren dichten schwarzen Wimpern, ihrem Kinn und ihren Rücken hinab auf den feuchten Sand. Die Sonne stand hoch, brannte heiß auf sie nieder, aber das Mittagslicht war der einzige Zeitpunkt, an dem es funktionierte. Funktionieren sollte. Es dauerte eine Weile, bis Kimberly es schaffte, dass der Lichtstrahl, der sich in dem Edelstein in ihren Händen brach, auf die Vertiefung im Fels traf, ein kaum noch zu erkennendes Muster im rauen Gestein: Eine Schlange, die sich um ein Pentagramm wandte und deren Kopf in der Mitte eines Sterns ruhte.
Zuerst geschah gar nichts, bis auf das Rauschen der Wellen und dem Zirpen einiger Insekten war es still. Sie lauschte, starrte angestrengt auf das Symbol im Stein und bemühte sich, den Lichtstrahl dort zu halten. Ein Grollen schwoll an, dunkel und bedrohlich, es war ein Rumpeln, das tief aus dem Inneren des Gesteins zu kommen schien und ein Stück der massiven Felswand zur Seite gleiten ließ. Vor Kimberly öffnete sich ein schmaler Spalt, dessen Gang in ein Nichts aus Dunkelheit führte. Das Licht der Sonne verlor sich rasch, wurde von der tiefen Finsternis verschluckt.
Den Smaragd ließ Kimberly in die Tasche ihrer Wollhose gleiten, bevor sie eine mitgebrachte Fackel hervorholte, sowie zwei Feuersteine, die sie nun gegeneinander stieß. Ein Funke glomm auf, rieselte auf die Fackel und schien für einen Moment erloschen, bis er sich in das trockene Material verbiss und zu wachsen begann. Orangeblaue Flammen loderten auf. Hoffentlich brannten sie lange genug, bis Kimberly wieder draußen war.
Sie warf einen letzten Blick auf das Meer und auf die Holy Devil , die etwas weiter draußen vor Anker lag. Das Schiff würde warten bis sie zurückgekehrt war. Hoffentlich.
Mit der freien Hand ihren Säbel ziehend, schritt sie in die Dunkelheit und fühlte sich sofort von dem Fels um sie herum eingeengt. Das Fackellicht konnte die Finsternis nur spärlich vertreiben und ließ unheimliche Schatten an den Wänden tanzen. Ihre nackten Füße machten tapsende Geräusche, ließen ihr Herz schneller schlagen. Sie fühlte, dass etwas hier war, etwas Böses. Und jetzt wusste es, dass sie da war.
Es war nicht direkt Furcht, die sie verspürte, es war vielmehr ein wachsendes Unwohlsein. Das Gefühl von Bedrohung und das Wissen, dass sie nicht hier sein durfte. Das, was sie tat, war verboten und gefährlich. Und es war ihre Aufgabe. Ihr Befehl.
Kimberly vertrieb diese Gedanken mit einem leisen Fluch und konzentrierte sich stattdessen darauf, schneller zu laufen. Obwohl es in der Sonne unerträglich heiß war und sich die Höhle eigentlich aufgeheizt haben müsste, war es hier drinnen geradezu kalt und sie fröstelte. Die Fackel flackert und spuckte grauen Qualm aus, aber sie erlosch nicht. Noch nicht. Immer wieder huschten Schatten an ihr vorbei, von denen sie sich beobachtete fühlte. Diese Insel war böse, also warum sollte nicht auch alles, was auf ihr war, ebenfalls böse sein? Vielleicht konnten hier selbst die Schatten gefährlich werden, wer wusste das schon? Kimberly wollte nicht lange genug bleiben, um es herauszufinden. Und noch viel weniger wollte sie daran denken, dass sie einen Teil dieses Bösen mit an
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