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Eine Hexe in Nevermore

Eine Hexe in Nevermore

Titel: Eine Hexe in Nevermore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Bardsley
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jung und schön, und doch so missbraucht, so sehr der Welt ausgeliefert. »Du hast etwas Besseres verdient.«
    Marcy riss noch einmal die Augen auf, dann entwich ihr Atem mit einem letzten leisen Hauch. Ihr Körper erschlaffte, und Lucinda dachte im selben Moment: Nicht schon wieder. Sie steckte den roten Beutel in die Vordertasche ihrer Jeans, dann schloss sie Marcy die Augen und begann die Magie ihrer Thaumaturgie zu spinnen.
     
    Der alte Ford rumpelte über die dunkle Straße, als Gray der glitzernden grünen Spur folgte, die er mit seinem Ortungszauber aktiviert hatte. Es hatte aufgehört zu regnen, was die Verfolgung eindeutig erleichterte. Die Spur würde ihn direkt zu Lucinda bringen. Diesmal würde er dafür sorgen, dass sie etwas zu essen bekam und sich ausruhen konnte. Und dann … dann würde er ihr seinen Schutz anbieten. Nicht den Schutz eines Ehemannes, doch zumindest wäre sie an seiner Seite in Nevermore in Sicherheit.
    Was zum Teufel …
    Er trat instinktiv auf die Bremse, schaltete dann in den Rückwärtsgang und setzte zurück. Kaum war der Wagen zum Stehen gekommen, sprang Gray heraus und inspizierte Marcys verlassenen VW Käfer, der quer auf der Gegenfahrbahn stand. Die Scheinwerfer brannten, beide Türen waren geöffnet, und die grüne Spur glitzerte auf dem Beifahrersitz. Also hatte Lucinda in diesem Wagen gesessen.
    Was hatte Marcys Auto hier zu suchen? Wo waren die beiden Frauen?
    Gray ging mit einem unguten Gefühl in der Magengrube zu seinem Wagen zurück. Das grüne Licht führte weiter in die Dunkelheit hinein, Richtung Highway. Was immer hier geschehen war, die beiden Frauen waren offensichtlich der Überzeugung, dass sie zu Fuß sicherer waren. Vielleicht hatten sie auch etwas überfahren, oder sie hatten eine Panne.
    Aber wieso gingen sie dann zum Highway und nicht zurück in die Stadt?
    In der Ferne sah er einen goldenen Schimmer. Die Magie, die von diesem Objekt ausging, war so stark, dass seine Schilde zusammenbrachen. Der Ortungszauber endete bei dem Lichtbündel. Gray umklammerte das Lenkrad und fuhr mit Vollgas auf das Objekt zu. Kurze Zeit später war er da.
    Er parkte den Wagen am Straßenrand und stieg aus, ohne den Motor auszumachen.
    »Lucinda!« Er musste in einiger Entfernung stehen bleiben und versuchte sich ein Bild zu machen. Marcy lag seltsam verdreht auf der Straße, die Augen weit aufgerissen und starr, ihre Haut ganz fahl.
    Das Blut wich aus seinem Gesicht.
    Marcy war tot.
    Neben ihr kniete Lucinda. Das goldene Licht ging von ihr aus. Ihre Hände bewegten sich wie die einer Weberin, und sie murmelte zusammenhangloses Zeug.
    Ihre Augen waren vollkommen weiß und auf Marcys toten Körper gerichtet.
    Gray war so schockiert, dass er starr stehen blieb.
    Er hatte nie eine Thaumaturgin in Aktion erlebt. Aber … hier stimmte etwas nicht. Lucy war so bleich, dass er das Netz feiner blauer Äderchen unter ihrer Haut erkennen konnte. Ihr rann in Strömen der Schweiß herunter. Ab und zu wurde ihr Körper von einer heftigen Erschütterung geschüttelt, wie bei einem Stromstoß. Ihre Hände waren voller Blut. Gray wusste nicht, ob es von Marcys Wunden stammte oder ob auch Lucinda verletzt war.
     
    Trotz ihrer übermenschlichen Anstrengungen zeigte ihr Zauber keine Wirkung. Was sie auch für Marcy zu tun versuchte – es war zu spät.
    »Lucy.« Er ging näher heran. »Du musst aufhören. Sie ist tot.«
    »Nein!« Sie blickte ihn mit ihren weißen Augen an. Als er Blut aus ihren Augenwinkeln und Ohren rinnen sah, erschrak Gray. Ihre Stimme klang metallisch. »Ich kann sie retten. Ich muss sie retten.«
    »Was tust du dir da an?« Er kauerte sich neben sie und streckte die Hand nach ihr aus. Ihre Haut war so heiß, dass er sich die Fingerspitzen verbrannte. Hastig zog er die Hand zurück.
    Sie konzentrierte sich wieder auf Marcy, und das Licht um sie herum begann zu flackern. Sie schrie auf, legte aber ihre Hände auf den geschundenen Körper des Mädchens. »Lebe!«, flehte sie. »Lebe!«
    Auf ihrer geröteten Haut bildeten sich Blasen. Ihr Körper wurde wie von endlosen Stromstößen geschüttelt, doch sie blieb kerzengerade sitzen. Sie weinte Tränen aus Blut, und jetzt begann auch ihre Nase zu bluten.
    »Hör auf, Lucinda!« Gray packte ohne nachzudenken ihre glühend heißen Arme und schüttelte sie. »Du bringst dich noch um!«
    »Na und?« Das Licht um sie herum flackerte wieder, und ihre Haut kühlte sich etwas ab.
    »Lucinda.« Gray nahm sie fest in den Arm und

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