Eine Lady zu gewinnen ...
Jahreszeit, und Lyons war nicht dabei gewesen. Während der beiden anderen Rennen gegen Chetwin war Lyons im Ausland gewesen.
Aber der Tag heute war genau wie jener vor sieben Jahren. Sommer. Mittag. Niemand außer ihm und Lyons. Und genau wie damals litt Gabe unter den Nachwirkungen einer durchzechten Nacht. Alles war auf eine seltsame Art genau wie damals.
Ein eiskalter Schauer durchlief ihn. Er durfte sich davon nicht beeindrucken lassen, aber er tat es doch.
»Bist du sicher, dass du das Rennen fahren willst?«, fragte Lyons.
Das war anders. Damals, vor seinem Rennen gegen Roger, hatte Lyons ihn so etwas nicht gefragt. Damals waren sie alle noch viel größere Narren gewesen.
»Ich habe keine Wahl. Es ist der einzige Weg, herauszufinden, was in der Nacht passiert ist.«
»Ich habe immer angenommen, du weißt es und schweigst nur deshalb, um sein Andenken zu schützen.«
»Ich weiß.« Er wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte. All diese Leute hatten ihm derart edle Motive unterstellt, während er bloß …
»Es tut mir leid, dass ich euch beide damals nicht gefragt habe«, sagte Lyons. »Ich schlief noch halb, als wir hierherkamen. Für mich war es nur irgendein Rennen. Es war mir egal, wer wen herausgefordert hatte.« Seine Stimme klang angespannt. »Jahrelang habe ich gedacht, wenn ich euch nur gefragt hätte, wenn ich nur etwas gesagt hätte … Aber natürlich habe ich geschwiegen, und ihr habt nichts gesagt, und so kam eines zum anderen.«
Gabe fröstelte. Er war nie auf den Gedanken gekommen, dass auch Lyons sich schuldig fühlte. Umso überraschender war es, dass er heute gekommen war.
»Also werde ich diesmal mein Gewissen beruhigen, indem ich noch einmal nachfrage«, fuhr Lyons fort. »Bist du sicher, dass du das Rennen fahren willst?«
Bevor Gabe antworten konnte, vernahm er Hufgetrappel. Als er sich umdrehte, sah er Chetwin, der in seinem Zweispänner auf sie zugefahren kam. Neben ihm saß ein Soldat. Gabe fragte sich kurz, ob das vielleicht der Mann war, von dem Chetwin gesprochen hatte. Aber jener mysteriöse Zeuge war eine Zufallsbekanntschaft gewesen – das hatte Chetwin zumindest behauptet.
Chetwin brachte seinen Zweispänner neben dem Phaeton zum Stehen.
»Sie sind spät dran«, sagte Gabe, während Chetwins Freund aus der Kutsche stieg und sich neben Lyons stellte.
Das süffisante Lächeln, das Chetwin ihm zuwarf, bestätigte seinen Verdacht. »Haben Sie sich Sorgen gemacht, dass ich nicht erscheinen würde?«
»Und ein Chance verstreichen lassen, einmal mehr zu beweisen, was für ein Narr Sie sind?« Gabe ergriff die Zügel seines Gespanns. »Verdammt unwahrscheinlich.«
Chetwins Lächeln erstarb. »Wir werden sehen, wer hier der Narr ist, wenn das Rennen vorbei ist und ich gewonnen habe.«
»Halten Sie sich nur an unsere Abmachung«, sagte Gabe scharf. »Das ist das letzte Mal, dass Sie mir damit auf die Nerven gehen, hier gegen Sie anzutreten – egal ob Ihr Pferd sich einen Stein in den Huf tritt, ob die Achse Ihrer Kutsche bricht, oder was sonst noch Unerhörtes passieren könnte, um Sie am Gewinnen zu hindern.«
Gabes Worte schienen Chetwin empfindlich zu treffen. »Sehen Sie sich vor, Sharpe, oder ich überlege es mir anders, und Sie werden den Namen niemals erfahren.«
Gabe knirschte mit den Zähnen. Chetwin zu provozieren machte keinen Spaß, wenn der Kerl etwas besaß, was Gabe haben wollte.
»Soll ich die Regeln bekannt geben, damit wir anfangen können?«, fragte Lyons.
»Wir kennen die Regeln«, sagt Gabe.
Mit einem Nicken ergriff Lyons die Flagge und stellte sich zwischen ihre Kutschen.
In diesem Moment hörte Gabe weitere Hufschläge hinter sich. Wütend wandte er sich zu Chetwin. »Verdammt, Sie hatten versprochen, niemandem etwas zu sagen!«
»Das sind keine Freunde von mir, das schwöre ich«, erwiderte Chetwin.
Gabe drehte sich auf seinem Sitz um und sah nach, wer sich ihnen näherte. Er stieß einen Fluch aus. Seine Großmutter. Celia hatte ihr Versprechen gebrochen, zur Hölle mit ihr.
Dann machte sein Herz einen Sprung. Seine Großmutter war nicht allein. Virginia.
Bei ihrem Anblick schnellte sein Puls in die Höhe. Sie war gekommen, um ihn aufzuhalten. Er bedeutete ihr so viel, dass sie versuchen wollte, ihn aufzuhalten – und das nach allem, was er ihr offenbart hatte.
Doch damit war es nur noch unausweichlicher, das Rennen zu fahren. Denn sie verdiente es, die Wahrheit zu erfahren – wie sehr sie sich auch um ihn sorgen mochte. Doch
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