Eine Liebe auf Korfu
zurückgehen.“
„Danke, mein Schatz, wir kommen schon zurecht.“ Kate begleitete ihn vor die Tür, um sich zu verabschieden, und ließ Alessa mit dem unfreiwilligen Gast allein.
Nachdenklich betrachtete sie ihn. Warum sah er so typisch englisch aus? Wegen seiner Haut, die nur leicht gebräunt war, vermutlich infolge der Schiffsreise? Nicht so dunkel wie die Gesichter der Mittelmeerbewohner. Sein Haar war braun. Also kein Schotte, dachte sie, denn sie hatte gehört, die wären Rotschöpfe. Und die im Old Fort stationierten Waliser hatten schwarze Haare. Durch das Haar des Fremden zogen sich helle, von der Sonne gebleichte Strähnen. Die unglaublich langen Wimpern, die auf den Wangen lagen, schimmerten goldbraun.
„Was für ein fabelhafter teurer Anzug …“ Kate, die mittlerweile zurückgekommen war, strich über das feine mitternachtsblaue Tuch seines Frackrocks. „Und so ein hübscher Bursche!“
„Ein Bursche? Wohl kaum.“ Ende zwanzig, schätzte Ales sa, fast dreißig – alt genug, um es besser zu wissen. Und hübsch war das falsche Wort. Zu maskulin mit diesen mar kanten Zügen …
„Für mich schon. Immerhin bin ich ein paar Jahre älter als du. Sollen wir seinen Kopf verbinden oder ihn zuerst ausziehen? Ich habe eins von Freds alten Hemden heraufgebracht. Das kann er anziehen.“
„Danke. Schauen wir nach, wie schwer er verletzt ist.“ Mit vereinten Kräften entkleideten sie den Fremden bis auf sein Hemd und die Unterhose. Alessa hängte den Abendfrack und die Kniehosen aus Satin, die Seidenstrümpfe und das Krawattentuch über einen Stuhl. „Sicher war er heute Abend beim Lord High Commissioner – so elegant, wie er angezogen ist …“
„Der Fußknöchel gefällt mir gar nicht. Ist das Blut an seiner Hüfte?“
„Ja“, bestätigte Alessa grimmig. „Er ist auf den Brunnensockel gefallen. Hoffentlich hat er sich nichts gebrochen. Ziehen wir ihn vollends aus.“ Während sie das Hemd über seinen Kopf streifte, befreite Kate ihn von der Unterhose.
An seiner Hüfte zeigte sich eine Platzwunde, aus der Blut sickerte. Der Knöchel war eindeutig verstaucht, aber nicht gebrochen.
„Sehr hübsch …“, seufzte Kate.
„Um Himmels willen, du bist praktisch eine verheiratete Frau. Und ich ziehe einen Jungen groß. Also dürfte uns der Anblick eines nackten Mannes nicht aus der Fassung bringen …“ Nun ja, dieser Engländer ließ sich wirklich nicht mit einem schmächtigen Achtjährigen vergleichen, eher mit den perfekten Körpern der klassischen Statuen in der Residenz von Sir Thomas, des Lord High Commissioners.
„Jedenfalls ist er gut gebaut, besonders da unten …“
„Wage es bloß nicht, das auszusprechen, Kate Street! Schäm dich! Jetzt bist du eine respektable Frau. Und ich … ich kümmere mich nur aus medizinischen Gründen um ihn.“ Die Wangen erhitzt, legte Alessa das Krawattentuch auf den Körperteil, den ihre Freundin bewunderte, und beendete die Untersuchung. „Nichts gebrochen, da bin ich mir sicher. Aber ich fürchte, morgen kann er noch nicht aufstehen. Jetzt lege ich einen Heilumschlag auf seine Hüfte.“
Kate warf die Unterwäsche des Fremden in einen der Wassereimer, die an der Wand standen. Dann wandte sie sich zum Wäschekorb. „Soll ich das andere Zeug auch einweichen?“
„Ja, bitte.“ Alessa beobachtete, wie die Freundin die feine Wäsche der Damen aus der Residenz von Sir Thomas – eine wertvolle Einkommensquelle, nichts davon durfte beschädigt werden – in die Eimer warf. Aber Kate ging sehr behutsam mit den Dessous aus kostbarer Seide und Spitze um.
Alessa nahm eine Salbe, Bandagen und ein altes Hemd aus dem Schrank, das sie in Streifen riss. Die Kopfwunde zu verbinden fiel ihr nicht schwer. Aber die schlanken Hüften mit einer Bandage zu umwinden – diese Aufgabe trieb ihr erneut das Blut ins Gesicht. Schließlich kniete sie nieder und schiente den verstauchten Knöchel.
Mit Kates Hilfe zog sie dem Bewusstlosen das Hemd des Sergeanten an. Endlich lag er züchtig verhüllt unter der Decke auf dem Sofa, den Kopf auf dem Kissen.
„Bleibst du bei ihm?“ Kate trank einen Schluck gewässerten Wein aus dem Becher, den Alessa ihr gereicht hatte. „Wenn du willst, verbringe ich die Nacht hier oben.“
„Nicht nötig, danke. Mit diesem Knöchel wird er nicht über mich herfallen.“ Erbost starrte Alessa den Patienten an. „Aber er ist zweifellos ein Ärgernis – noch ein Maul, das wir beim Frühstück stopfen müssen.“
„Im Lauf des
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