Eine Lüge macht noch keine Liebe! (German Edition)
sowieso meistens nur auf der Couch, sah sich
Filme im Fernsehen an, die sie nicht verstand oder las, bis sie müde wurde. Das
hier war entschieden mal was anderes.
„Ich mach’s, Loris“, antwortete
sie und wurde durch ein dankbares Lächeln von ihm belohnt. „Wann soll ich
morgen antreten?“
„Sagen wir, um acht?“
„Wunderbar, ich werde pünktlich
sein.“
Nach wenigen Tagen kannte sie
fast alle Gäste bei ihren Namen, es waren ohnehin überwiegend die gleichen
Gesichter, die da kamen. Sie bediente die Kasse, fand beinahe alle gewünschten
Getränke auf Anhieb und wenn sie auffallend lang die Regale absuchte, half ihr
der jeweilige Gast gelegentlich lachend weiter, indem er sagte „im dritten Fach
von oben die vierte Flasche von rechts“.
Als Maurizio eine Sambuca zu
seinem caffè bestellte, konnte sie die Flasche nicht gleich entdecken und während
sie noch die Regale absuchte, hatte sie plötzlich das unbestimmte Gefühl,
beobachtet zu werden.
„Geh weiter nach links und jetzt
streck den rechten Arm aus. Da steht sie, direkt vor deiner Nase!“
Sie griff zu und sah sich im
nächsten Moment überrascht um: die tiefe, samtige Stimme gehörte eindeutig
nicht Maurizio! Sie hatte sich nicht getäuscht, vor ihr stand Alessandro.
„Oh, ciao! Wie geht es dir?“
Sie begrüßten sich formell und
wieder schien es Lara, als ob er ihre Hand einen Augenblick zu lange festhielt.
„Gut, gut. Du bist Loris also
tatsächlich erhalten geblieben! Wie hat dieser Fuchs das nur angestellt?!
„Er hat gefragt“, antwortete sie
trocken und erntete ein herzliches Lachen.
„Und wie lange arbeitest du
noch?“
„Solange Sania den Verband trägt,
vielleicht noch zwei, drei Tage, ich weiß es nicht genau.“
„Nein, ich meinte heute Abend.“
„Oh. Meistens höre ich um zwölf
auf.“
Er sah auf sein Handgelenk. Sie
bemerkte die schlichte, flache Golduhr an einem dunkelbraunen Lederband. Und
dass er sie rechts trug, wie sie.
„Das ist nur noch eine
Viertelstunde. Ich werde Loris mal fragen, ob er dir für heute schon frei
gibt.“
Noch ehe sie den Mund aufmachen
konnte, hatte er sich umgedreht und steuerte auf Loris zu, der sich in einer
Ecke unterhielt. Wenig später kam er wieder und winkte ihr zu.
„Komm, nimm deine Sachen, wir
können gehen.“
Sie war überrumpelt, irgendwie
ging ihr das zu schnell, doch da ihr in der Eile nicht die rechten Worte
einfielen, um zu protestieren, verabschiedete sie sich mit einer kurzen
Entschuldigung von Loris und folgte ihm nach draußen.
„Du konntest mich wenigstens
fragen, ob ich mitkommen will“, meinte sie schließlich, als sie zu seinem Auto
gingen.
„Wolltest du denn nicht
mitkommen?“
„Na ja, ich weiß ja nicht mal,
was du jetzt vorhast!“
„Wir gehen noch was trinken, bei
einem Freund von mir. Oder hast du keine Lust? Bin ich vielleicht der böse,
italienische Wolf, der deutsche Mädchen frisst?“
„Unsinn“, entgegnete sie
ärgerlich, und außerdem bin ich kein Mädchen mehr, ergänzte sie im Stillen
ihren Widerspruch.
„Also dann komm und steig ein.“
Er öffnete ihr galant die Tür
eines kleinen silbernen Alfa und stieg dann selbst ein.
„Wohin fahren wir?“
„Es ist nicht weit, wir sind
gleich da“, war die unbestimmte Antwort.
Sie betrachtete ihn im Halbdunkel
des Wageninneren. Sein Gesicht wurde nur vom Schein des Armaturenbretts
beleuchtet, was seine markanten Züge noch stärker hervortreten ließ. Er war
wohl Mitte dreißig, schätzte sie, vielleicht auch älter, sah – wenn sie ganz
ehrlich war – verdammt gut aus und sie konnte ihn nicht so recht einordnen.
Sein lässiges, selbstsicheres
Auftreten war ihr vom ersten Moment an aufgefallen. Es störte sie ein wenig,
wie selbstverständlich er sie in sein Auto gepackt hatte, um mit ihr
wer-weiß-wohin zu fahren. Lara versuchte so gut es ging sich in der Dunkelheit
zurechtzufinden, doch als er von der Hauptstraße abbog und einem Schotterweg
folgte, der sich in mehreren Windungen durch die Landschaft schlängelte, verlor
sie völlig die Orientierung.
Unbehagen stieg in ihr auf. Wie
hatte sie nur so unbedacht sein können, zu einem wildfremden Menschen einfach
ins Auto zu steigen! Als vor ihnen der nahe Wald als dunkler Schatten gegen den
Nachthimmel auftauchte, stöhnte sie innerlich auf und umklammerte mit der
linken Hand den Sicherheitsgurt. Das durfte doch nicht wahr sein! Sie saß im
Auto neben einem arroganten Fremden, der mit ihr mitten in der Nacht
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