Eine Luege macht noch keine Liebe!
Mündung des Po di Levante. Ist nicht weit von hier.“
Lara lehnte sich zurück und ließ entspannt die nächtlichen Lichter an sich vorbeiziehen. Nach etwa zwanzig Minuten bog Alessandro von der Hauptstraße ab und sie sah ihn amüsiert von der Seite an.
„Sag mal, habt ihr das in Italien alle?“
„Was? Was haben wir alle?“ Er wusste nicht, wovon sie sprach.
„Ihr sagt immer, es ist nicht weit und dabei fahrt ihr fünfzig Kilometer einfach für ein paar gegrillte Fische.“
„Das ist ja auch nicht weit, oder?“
Irritiert warf er ihr einen kurzen Blick zu. Sie lachte.
„Für mich schon. ‚Nicht weit‘ heißt bei mir persönlich, gerade mal um die Ecke, fast zu Fuß erreichbar. Was wir hier machen, ist für mich eindeutig schon weit. Wenn ich das ganz am Anfang auch schon gewusst hätte, wäre ich nicht so dämlich panisch gewesen!“
Nun musste er seinerseits lachen. „Was ist, verhungerst du schon?“
„Nein, keine Sorge. Ich wollte das nur mal für mich geklärt haben.“
„Wir sind doch schon da, siehst du?“
Aufmerksam parkte er den Wagen zwischen zwei kahlen Bäumen. Lara stieg aus und sah sich um. Das Restaurant war von außen kaum als solches zu erkennen, es lag direkt an einer kleinen Straße, die unterhalb der Dammkrone entlang in Richtung Flussmündung führte. Das letzte Dorf, durch das sie gekommen waren und das gerade einmal aus fünf Häusern bestanden hatte, war mit Sicherheit mehr als fünf Kilometer entfernt. Das Gebäude selbst war lang und schmal, der Eingang lag in der Mitte des Hauses und führte durch einen kleinen Windfang nach links direkt in den einzigen Gastraum. Innen war alles mit roten Klinkern verkleidet, was dem ansonsten schmucklosen Raum eine gewisse Wärme verlieh. Große Ölbilder hingen an den Wänden und kleinere an den wuchtigen, viereckigen Säulen, die in zwei Reihen angeordnet waren und optisch eine räumliche Unterteilung in Mittel- und Nebenzimmer schufen.
Nur drei der Tische waren belegt, stellte Lara fest, als ein Ober sie an einen säuberlich gedeckten, für zwei Personen vorbereiteten Tisch führte. Als er ihnen die Speisekarten aushändigen wollte, lehnte Alessandro ab.
„Vielen Dank, aber wir wissen, was wir gerne hätten.“
Der Ober nickte anerkennend. „Ah, jetzt erkenne ich Sie, Signore, schön, Sie wieder einmal bei uns zu sehen. Guten Abend, Signora, es ist mir eine Freude. Ich schicke Ihnen sofort den Kollegen, der Ihre Bestellung aufnehmen wird.“
Geschäftig eilte er davon und Lara verbarg ihr errötendes Grinsen hinter ihrer Serviette.
„Sehe ich etwa so mitgenommen aus, dass er Signora zu mir sagen musste?“ kicherte sie.
„Nein, aber vielleicht passen wir so gut zusammen, da setzt er vermutlich voraus, dass du meine Signora bist“, mutmaßte Alessandro ebenso belustigt wie sie.
Der Kollege erkannte Alessandro ebenfalls wieder und sie bestellten in zwangloser Atmosphäre eine Flasche Weißwein, gemischte Fischvorspeisen, Bandnudeln mit Taschenkrebssauce und Muscheln in Rotweinsud. Als die Rede auf den Hauptgang kam, wehrte Lara entsetzt ab.
„Das kann ich nie im Leben alles essen. Wollen wir nicht lieber erst mal abwarten, wie weit wir kommen? Vielleicht schaffe ich danach wenigstens noch etwas Süßes.“
„Also gut, Sie haben die Signora gehört und ihr Wunsch ist mir Befehl“, beendete Alessandro an den Ober gewandt die Bestellung. „Wir sehen später weiter.“
„Danke“, sie atmete auf und wandte sich an Alessandro. „Du warst anscheinend schon öfter hier“, bemerkte sie ganz wie nebenbei und warf ihm einen kurzen Seitenblick zu. Er grinste nur.
„Eifersüchtig?“
„Was – ich ?“
Er sah sich übertrieben neugierig um. „Ist denn sonst noch jemand hier mit uns?“
Sie ging nicht darauf ein. Natürlich hatte sie sich gefragt, mit wem er wohl hier gewesen war, aber sich auf den Kopf zusagen zu lassen, dass sie eifersüchtig war, auf wen auch immer, das wollte sie sich nun doch nicht gefallen lassen.
„Musstest du das Spiel mit der ‚Signora‘ nun auch noch spielen?“, lenkte sie ab. Er ging bereitwillig auf das Manöver ein.
„Wäre dir das so unangenehm?“
„Deine Signora zu sein? Findest du nicht, das ginge etwas schnell?“
Alessandro zuckte die Schultern. „Was man hat, soll man nicht wieder loslassen. Aber wenn du es vorziehst, sprechen wir von etwas anderem.“
„Ich glaube, das wäre mir lieber“, gestand sie mit leichtem Unbehagen.
Der Ober brachte den Wein und
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