Eine Marcelli geht aufs Ganze
hüpften. »Du sollst die Alteren respektieren, junge Lady und dich nicht über sie lustig machen. Wir wollen, dass du glücklich bist.«
»Ihr wollt, dass ich schwanger bin.« Francesca schnappte sich einen der Scones, die zum Abkühlen auf einem Gitter lagen.
»Verheiratet und schwanger«, korrigierte Grandma Tessa.
Grammy M grinste. Ihre blauen Augen funkelten. »Oh, ich weiß nicht, Tessa. Ich denke, wir könnten vielleicht einen Weg finden, Francesca zu verzeihen, sollte sie sich unverheiratet mit einem Braten in der Röhre wiederfinden.«
Francesca unterdrückte ein Lachen, versuchte aber gar nicht erst, sich in diese Unterhaltung einzubringen. Stattdessen brach sie den immer noch dampfenden Scone in der Mitte durch und biss ein kleines Stückchen ab. Die feste goldbraune Kruste bedeckte einen weichen, perfekt gebackenen, nach Orange schmeckenden Teig, der ihr das Wasser im Munde zusammenlaufen ließ, während er ihr auf der Zunge zerging.
»Unglaublich«, hauchte sie. »Grammy M, wir werden es noch einmal mit einer Scones-Backstunde probieren müssen. Ich will so etwas auch selber machen können.«
Ihre Großmutter warf ihr einen liebevollen Blick zu, bevor sie den Kopf schüttelte und sich wieder an ihren Teig machte.
»Du bist ein süßes Mädchen, aber in der Küche leider vollkommen unbegabt.«
»Ich habe vor ein paar Jahren mal einen Kurs im Tortendekorieren mitgemacht.«
»Dein Vater ist an seinem Stück beinahe erstickt«, erinnerte Grandma Tessa sie.
Francesca wusste, dass die beiden recht hatten. Wenn es ums Kochen oder Backen ging, war sie eine einzige Katastrophe, obwohl sie immer weiter Unterricht nahm. Vor allem da sie sich trotz ihres Diploms in Psychologie schuldig fühlte, weil sie die Erwartungen ihrer Familie in Bezug auf Ehe und Kinder nicht erfüllte. Also versuchte sie, sich wenigstens in den hausfraulichen Künsten weiterzubilden.
»Die Blumen auf der Torte waren hübsch.«
»Das waren sie«, stimmte Grammy M zu. »Und du machst ganz bezaubernde Rosen aus Radieschen.«
Francesca aß noch einen Bissen von ihrem Scone, dann ging sie zu dem Regal, das über dem Geschirrspüler hing, und nahm sich ein Glas. »Ist das eure Art, mir zu sagen, dass meine Backkünste zwar Stil, aber keine Substanz haben? Ich dachte daran, diesen Sommer einen Kochkurs für chinesisches Essen zu belegen.«
»Nein, es ist unsere Art, dir zu sagen: Wenn du das Herz eines Mannes gewinnen willst, komm vorher hier vorbei und hole dir ein paar Ravioli ab«, erwiderte Grandma Tessa fröhlich. »Ich habe immer welche im Gefrierschrank. Und dazu die gute Fleischsoße.«
Das Thema, wie man das Herz eines Mannes gewann, wollte Francesca nicht vertiefen. Daher fragte sie: »Ist Mia gut weggekommen?«
»Kurz bevor du eingetrudelt bist, hat sie angerufen, um zu sagen, dass sie gut in Washington angekommen ist«, sagte Grammy M. »Ich weiß, der Sprachkurs wird ihr Spaß machen, aber sie wird mir hier sehr fehlen.«
»Ich bin sicher, dass sie uns auch vermisst.« Francesca erinnerte sich an Mias Plan, sich unter den Kongressmitarbeitern umzusehen. Unter diesen Umständen könnte es sein, dass ihre hübsche Schwester viel zu beschäftigt war, um Heimweh zu haben.
Francesca streckte die Hand nach einem weiteren Scone aus und erntete dafür einen Klaps von Grandma Tessa. »Brenna ist im Weinberg, also wirst du den Tisch allein decken müssen. Wasch dir aber erst die Hände.«
Francesca lachte. »Jawohl, Ma'am.«
Ihre Großmutter drehte sich zu ihr um. Ihre Augenbrauen zogen sich düster zusammen, als sie versuchte, böse zu gucken.
»Ich hab euch so lieb«, sagte Francesca aus einem Impuls heraus und zog die beiden Frauen an sich, bevor sie in das kleine Badezimmer ging, das sich im Flur unter der Treppe verbarg.
»Nimm das gute Porzellan«, rief Grandma Tessa ihr hinterher.
»Du bist schon sehr lange allein, meine Liebe.« Francescas Mutter schaute sie sehr eindringlich an.
Colleen O'Shea Marcelli war eine zierliche, attraktive Frau mit dunklen Haaren und einem untrüglichen Gespür für Mode. Sogar bei diesem zwanglosen Familienbrunch sah sie aus, als würde sie gleich für ein Modemagazin posieren. Francesca war in ein ärmelloses Sommerkleid geschlüpft, weil es den Marcelli-Töchtern nicht erlaubt war, an Sonntagen zu den Mahlzeiten Shorts oder Hosen zu tragen. Während ihre Mutter in teuren Boutiquen einkaufte, die ausschließlich Designerstücke führten, zog Francesca die Kleiderständer mit den
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