Eine Marcelli geht aufs Ganze
Sonderposten oder die abgelegte Kleidung von Brenna vor – der einzigen ihrer Schwestern, die einigermaßen die gleiche Größe hatte.
Auf der anderen Seite des großen Tisches sprachen Brenna und ihr Großvater über die kommende Ernte. Die Großmütter – von allen liebevoll Grands genannt – unterhielten sich darüber, welchen Film sie sich später im Kino anschauen wollten, und Francescas Vater, Marco Marcelli, nickte zu allem, was seine Frau sagte. Was bedeutete, dass sie ihren Angriff vorab geplant hatten.
»Fünf Jahre«, sagte ihre Mutter. »Francesca, die Hingabe, mit der du Todds Andenken in Ehren hältst, ist wirklich eine Auszeichnung für eure Ehe, aber du bist immer noch eine junge Frau. Willst du ihn für den Rest deines Lebens betrauern?«
Francesca überlegte, ob sie ihre Großmutter zitieren sollte, dass sie kurz davor stand, den Zenit ihres Lebens zu überschreiten – zumindest was den Heiratsmarkt anging.
Zum tausendsten Mal dachte sie daran, endlich die Karten auf den Tisch zu legen und zu gestehen, dass der Gedanke an eine Heirat für sie nichts Verlockendes hatte. Ihre Ehe mit Todd war eine Katastrophe gewesen. Der oberflächlich erfolgreiche Banker hatte keinerlei Interesse daran gehabt, einen wirklichen Menschen zur Frau zu nehmen. Ihm war es nur um ein schmückendes Beiwerk gegangen. Sein vorzeitiger Tod bei einem Autounfall hatte Francesca erkennen lassen, dass ihr verschwenderischer Lebensstil allein von Krediten, aber nicht von einem guten Einkommen finanziert worden war. Todd hatte sie mit hohen Schulden zurückgelassen, und sie war gezwungen gewesen, alles zu verkaufen. Am Ende war sie zwar nicht reicher, aber wesentlich klüger als zu Beginn ihrer Ehe gewesen.
Brenna hatte Jeff geheiratet und die nächsten neun Jahre ihres Lebens damit verbracht, ihn finanziell zu unterstützen, damit er ungestört sein Medizinstudium, die Praktika und Facharztausbildung durchziehen konnte. Sie hatte ihre wahre Liebe – den Weinanbau – aufgegeben, um Jeff eine gute Ehefrau zu sein. Und was war der Dank dafür gewesen? Jeff hatte sie für eine Jüngere fallen lassen. Ja, ihre Eltern waren glücklich verheiratet. Und die Ehe von Grandpa Lorenzo und Grandma Tessa überdauerte nun schon mehrere Generationen. Aber das reichte nicht, um Francesca zu überzeugen. Soweit es sie betraf, wurde Liebe absolut überschätzt, und sie hatte nicht die Absicht, jemals wieder vor den Traualtar zu treten.
Doch das konnten ihre Eltern nicht verstehen. Was bedeutete, dass sie mindestens zwei Mal im Monat eine Unterhaltung darüber führten, wieso sie sich nicht endlich einen netten Mann suchte und sesshaft wurde.
»Ich trauere nicht mehr wegen Todd«, gab sie ehrlich zurück und dachte an die letzte Nacht mit Sam. Trauer war das Letzte, was sie da im Sinn gehabt hatte. Da sie sich jedoch nicht erneut die immer gleiche Leier anhören wollte, entschied sie sich für einen neuen Ansatz.
Sie holte tief Luft. »Ihr habt recht. Ich sollte wirklich wieder anfangen auszugehen.«
Schweigen legte sich über den Tisch. Alle starrten sie an, sogar Brenna, die fragend die Augenbrauen hob und sich in gespielter Überraschung die Hand aufs Herz legte. Warnend sah Francesca sie an.
Grandpa Lorenzo, der trotz seiner über siebzig Jahre immer noch groß und eindrucksvoll war, schlug mit der Faust auf den Tisch. »Wurde langsam auch Zeit, dass du das einsiehst, junge Lady. Du bist die hübscheste von meinen Enkelinnen. Wenn ich an all die Jahre denke, die du damit vergeudet hast, aufs College zu gehen, wo du doch hättest heiraten und Kinder kriegen können.«
Francesca kannte seine Meinung, und doch taten die Worte auch nach all den Jahren immer noch weh.
In Brennas Augen blitzte Wut auf. Sie drehte sich zu ihrem Großvater um. »Irgendwann wirst du einsehen müssen, dass wir in einem neuen Jahrhundert leben, Grandpa. Frauen brauchen keine Männer mehr, um sich ganz zu fühlen. Wir kommen gut allein zurecht.«
»Wenn du dich ein wenig mehr um deinen Ehemann gekümmert hättest, hätte er dich vielleicht nicht verlassen«, gab der alte Mann zurück.
»Lorenzo!« Grandma Tessa schaute Brenna mitfühlend an. »Wir wissen, dass du ein gutes Mädchen bist. Wir hätten dich niemals diesen Mann heiraten lassen dürfen. Du brauchst einen netten italienischen Jungen. Meine Cousine Marie hat einen Enkel, der in Chicago lebt.«
Brenna schüttelte den Kopf. »Nein, Grandma. Keine Verwandten oder Freunde von Verwandten. Ich bin
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