Eine Nacht mit Folgen
bin nicht für die Ehe und Kinder geschaffen." Er legte eine kleine Pause ein. "Meine Gefühlsseite ist nicht sehr entwickelt, deshalb hat es nicht geklappt."
2. KAPITEL
Serena dachte schweigend über Grahams Geständnis nach.
Offensichtlich war er unglücklich, weil er so war, wie er war.
Er hörte sich an, als ob er sich schuldig fühlte.
Und er schien verbittert.
"Sie scheinen sehr überzeugt von Ihrer eigenen Einschätzung zu sein", sagte sie.
Er zuckte die Schultern. "Ich bin vierunddreißig und habe schon einiges erlebt. Ich habe genug Erfahrung, um zu wissen, dass manche Dinge sich nie ändern. Warum sollte ich mich also nicht der Wahrheit stellen? Ich bin nicht zum Ehemann oder überhaupt für eine feste Beziehung geschaffen."
Wie deprimierend, dachte sie. Sich einfach so aufzugeben.
Sicherlich, nicht jeder sah Ehe und Familie als die Krönung der persönlichen Erfüllung an. Das konnte sie gut verstehen. Es gab andere Dinge, die ein Leben lebenswert machten. Gute Freunde, ein Beruf, der einem Spaß machte, Hobbys ... aber deswegen eine Beziehung vollständig auszuschließen? Ein Leben in Einsamkeit zu erwarten? Nein, das war zu viel.
Sie biss sich auf die Unterlippe und schaute durch die Palmen hindurch zu den anderen Hochzeitsgästen hinüber. Leichte Jazzmusik drang zu ihr vor, und auf der Tanzfläche hatten sich bereits die ersten Paare eingefunden.
Es ist nur natürlich, dachte sie, dass man ein Gegenüber sucht. Jeder sehnte sich nach Nähe, nach einer Bindung, selbst Leute, die sonst sehr unkonventionell waren.
"Machen Sie sich keine Sorgen um mich", sagte Graham, der offensichtlich ihren Gesichtsausdruck zu deuten wusste. "Ich habe gelernt, diese Tatsache zu akzeptieren. Und glauben Sie, es hat mein Leben nicht ruiniert, auch wenn Sie es jetzt denken."
Nun, darüber konnte man streiten, nicht wahr? Vielleic ht war er jetzt nicht unzufrieden, aber was war in dreißig Jahren?
Würde er dann einsam sein und bedauern, dass er der Liebe den Rücken zugekehrt hatte? Würde er sich dann Enkel wünschen?
Vielleicht waren ihre Träume mit Dirk unrealistisch gewesen, aber zumindest hatte sie sie gehabt. Zumindest hatte sie gehofft, eines Tages eine Familie mit dem Mann, den sie liebte, gründen zu können.
Sie wusste, dass Graham nicht der einzige überzeugte Junggeselle auf der Welt war - natürlich war er das nicht - aber trotzdem machte sie seine Einstellung traurig.
"Ich bin geschmeichelt, dass Sie sich über mein Wohlergehen den Kopf zerbrechen", sagte er. "Aber ich versichere Ihnen, dass es nicht notwendig ist." Er schien wieder vollkommen die Kontrolle über sich gewonnen zu haben. "Warum drehen wir jetzt den Spieß nicht um, und Sie erzählen mir etwas über sich."
"Ich nehme an, dass das nur fair ist", erwiderte sie. "Obwohl ich nicht genau weiß, wo ich anfangen soll."
Serena seufzte. Ihr war ein wenig schwindelig, aber es war nicht unangenehm. Wahrscheinlich kam es davon, dass sie in der vergangenen Nacht kaum geschlafen hatte. Dieses Gefühl machte es leichter, sich diesem gut aussehenden Fremden zu öffnen.
"Die Wahrheit ist", gab sie zu, "dass niemals etwas zwischen mir und Dirk war. Nie gewesen war. Er hat mich noch nicht einmal richtig wahrgenommen."
Graham betrachtete sie für einen Moment schweigend. "Sind Sie da sicher?"
"Ziemlich. Sie haben den Mann doch gesehen. Er sieht besser aus als die meisten Filmstars. Warum sollte er mich bemerkt haben? Ich war nur das schüchterne Mädchen von nebenan."
"Das schüchterne, sehr viel jüngere Mädchen von nebenan", bemerkte Graham. "Das könnte einiges erklären."
Serena zuckte mit den Schultern. "Auf jeden Fall hat er mich nicht bemerkt." Sie lachte, plötzlich war sie fähig, den Humor in der Sache zu sehen. "Es ist absurd. Ich habe ihn angebetet, fast den Boden geküsst, auf dem er ging, und er hatte nie eine Ahnung."
Dann erzählte sie Graham, wie sie auf einer Countryclub-Party sehnsüchtig darauf gewartet hatte, dass Dirk mit ihr tanzen würde. Sie war damals vierzehn Jahre alt und er Anfang zwanzig gewesen, aber leider hatte er nur Augen für eine hübsche rothaarige Restauratorin gehabt. Der Einzige, mit dem Serena an jenem Abend getanzt hatte, war ein Junge in ihrem Alter gewesen, der eine Zahnspange trug und Sommersprossen hatte.
Wenn sie so zurückschaute, wunderte sie sich allerdings nicht über ihren mangelnden Erfolg beim anderen Geschlecht. Sie hatte damals Akne und eine schlechte Haltung gehabt, und ihr
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