Eine Parkuhr fuer mein Pferd
nahm ihre Perücke vom Kopf und riß sich die falschen Wimpern ab. „Sehen Sie, jetzt bin ich ein Mann in Kleidern, und wenn es Sie nicht geniert, ziehe ich hier vor Ihren Augen meine Jeans an, dann bin ich wieder der stellungslose Schauspieler Magnus Möller.“
„Waaas?“ staunte Frau Deters. „Sie sind gar nicht Frau Schubert? Oder etwa doch? Das wäre aber fatal, wenn ich jahrelang einen Mann als Haushälterin in meinen Diensten gehabt hätte!“
„O nein!“ rief Magnus Möller. „Sie sehen mich heute zum erstenmal. Frau Schubert ist in der Küche. Sie war so freundlich, mir ihr hübsches Kleid zu leihen. Soll ich sie hereinholen?“
Frau Deters starrte ihn immer noch fassungslos an. „Das ist unglaublich“, sagte sie. „Ich habe Sie doch tatsächlich für Frau Schubert gehalten. Junger Mann, Sie haben mich überzeugt. Das war eine perfekte Verkleidung.“
Magnus Möller grinste. „Frau Schubert glaubte auch schon fast, ich sei sie und sie sei ich.“
Frau Deters stand auf und nahm eine Flasche Weinbrand aus dem Schrank. „Kommen Sie, darauf müssen wir anstoßen. Sie sind der Mann, den ich mir für den Auftrag gewünscht habe. Prost!“
Nachdem sie getrunken hatten, erklärte Frau Deters Herrn Möller, was er tun sollte.
„Sie werden mit einem Auto meinem Großneffen entgegenfahren und beobachten, wie er mit seinem Pferd umgeht.
Mein Neffe wohnt in Norddeutschland, in SchleswigHolstein, und muß innerhalb von sechs Wochen hierher zu mir reiten. Wenn er das kann, wird er mein Erbe. Ich bin mir ziemlich sicher, daß er bisher von Tieren im allgemeinen und von Pferden im besonderen nicht viel versteht. In seiner Familie gibt es nur Techniker, die jede Maschine auseinandernehmen und zusammensetzen können, von Tieren jedoch keine Ahnung haben. Ich indessen habe ein Gestüt mit über sechzig Pferden. Das kann ich, wie Sie sicherlich begreifen, nur jemandem übergeben, der mir bewiesen hat, daß er mit Tieren umzugehen weiß. Das viele Geld, das ich außerdem auf der Bank habe, wird nun meinen Neffen sicherlich verlocken, das Erbe anzutreten, obwohl er möglicherweise für Pferde nichts übrig hat. Darum kann ich nicht ausschließen, daß er auf betrügerische Weise ans Ziel zu kommen sucht, wenn er den ehrlichen Weg nicht gehen kann. Unter Umständen setzt er das Pferd in einen Viehtransporter, läßt sich und das Tier gemütlich durch Deutschland kutschieren und reitet nur die letzten Kilometer. Deshalb sollen Sie ihn beobachten und feststellen, ob er ehrlich ist, sich an meine Bedingungen hält und mit seinem Pferd liebevoll umgeht.“
„Ich verstehe. Wenn er Sie auszutricksen versucht, darf er das Erbe nicht antreten.“
„Jawohl! Wer ein Gestüt übernimmt, muß ein Tierfreund und eine ehrliche Haut sein. Glauben Sie, daß Sie den Auftrag annehmen können?“
„Aber natürlich!“ rief Herr Möller. „Das ist eine Aufgabe so recht nach meinem Herzen.“
„Gut! Sie bekommen von mir ein Auto gestellt, sofern Sie nicht lieber in Ihrem eigenen fahren wollen, und natürlich genügend Bargeld für Übernachtungen in Hotels und alles übrige. Das ist mir die Sache wert, denn einem Unwürdigen will ich meine Tiere, die Arbeit eines langen Lebens, nicht anvertrauen.“
Magnus Möller nickte. „Das kann ich verstehen. Wann soll es denn losgehen?“
„In etwa vier Wochen. Bereiten Sie inzwischen alles vor. Ich gebe Ihnen Bescheid, wenn es soweit ist.“
Armer Zirkus Fabunelli
Auf einer Wiese in Bad Segeberg gastierte der Zirkus Fabunelli, ein sehr, sehr kleiner Zirkus. So klein war er, daß er nicht mal ein Zelt besaß und die Akrobaten und Tierbändiger unter freiem Himmel arbeiten mußten. Freilich gab es nicht viele Tiere zu bändigen, zur Zeit gerade drei, einen Esel, ein Pferd und eine Schlange. Und Akrobaten gab es nur einen, die Tochter des Direktors, die sechzehnjährige Corinna. Der Direktor selbst machte den Clown. Er malte sich die Lippen weiß und rot, setzte sich eine Pappnase ins Gesicht, schlüpfte in einen überlangen rot-weiß gestreiften Mantel, stieg in halbmeterlange Lackschuhe und führte dem Publikum seinen mathematisch hochbegabten Esel vor. Er fragte ihn zum Beispiel: Ist sieben plus sieben fünfzehn? Dann schüttelte der Esel den Kopf. Wenn er ihn aber fragte: Ist sieben plus sieben vierzehn?, sagte das kluge Tier laut und vernehmlich iah.
Der Direktor bediente sich bei diesem erstaunlichen Rechenkunststück eines einfachen Tricks. Immer dann, wenn der Esel iah sagen
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