Eine Parkuhr fuer mein Pferd
Schulwiese zu erwartenden unerhörten Sensationen geworben hatte, waren zahlreiche Besucher erschienen.
Einhundertundsechzehn Mark waren nach der Vorstellung in Südwinds Plastikeimer. Das mußte für Hans und sein Pferd und für Benzin für die restlichen Kilometer bis Stockach reichen.
„Also, Hans“, sagte Andreas am anderen Morgen, indem er ihn in die Seite boxte, „schwing dich auf dein Roß zur letzten Etappe. Die Millionen liegen zum Greifen nahe vor dir. In zwei Tagen stehst du vor deiner Erbtante.“
„Hoffentlich“, antwortete Hans. „Falls nicht kurz vor dem Ziel noch was dazwischenkommt.“
„Ach was“, beschwichtigte ihn Magnus. „Ich schreibe deiner Tante heute den letzten Brief und kündige deine bevorstehende Ankunft an. Wenn sie liest, daß du gewissermaßen schon vor ihrer Haustür bist, wird sie dir die letzten Kilometer auch glauben, was immer noch geschehen mag. Wir lassen dir den Vortritt, oder besser gesagt Vorritt, und treffen uns, sagen wir mal, übermorgen abend vor dem Postamt in Stockach. Postämter haben ja Tradition bei uns. Da berichtest du uns, wie deine Tante dich empfangen hat, und dann tanze ich bei ihr an und beichte meinerseits.“
Hans nickte. Er hängte Südwind den Schlafsack und den Hafersack über und verabschiedete sich von seinen Freunden.
„Kümmert euch nicht mehr um mich“, sagte er, „die letzten beiden Tage will ich mit meinem Pferd allein sein, um mich ausgiebig bei ihm zu bedanken.“ Er schwang sich in den Sattel und ritt los. In langsamem Schritt zottelte Südwind die Alb hinauf. Hans trieb ihn nicht an. Er tätschelte ihm den Hals und ließ ihn sein Tempo selber bestimmen.
„Du bist doch ein feiner Kerl“, sagte er. „Am Anfang dachte ich ja, du würdest mir durch dein eigenwilliges Verhalten alles vermasseln. Aber seit ich ein besserer Reiter bin, weiß ich, was du für eine Seele von Pferd bist. Den ganzen Weg hast du mich getragen, hast die Leute zum Lachen gebracht mit deinen Kunststücken und zum Schluß sogar Geld damit verdient. Ich kann dir gar nicht genug danken. Für alles, was mir jetzt an Gutem widerfährt, bin ich in deiner Schuld. Ich verspreche dir, daß du den weiten Weg zurück nach Schleswig-Holstein nicht noch mal auf den eigenen Hufen machen mußt. Corinna bekommt so viel Geld von mir, daß sie dich mit der Eisenbahn befördern kann. In einem bequemen Waggon mit reichlich Hafer und Heu als Reiseproviant.“
Eine Nacht mußten Hans und Südwind noch im Freien zubringen. Sie schliefen in einem Wäldchen bei der Burg Wildenstein nahe der Donau, die hier noch ein winziges Flüßchen war.
Dann kam der letzte Tag.
Ankunft in Stockach
Genau um zwölf Uhr mittags kam Frau Schubert aufgeregt zu Frau Deters ins Zimmer gerannt. „Ich glaube, er ist da!“ rief sie. „Ihr Neffe! Kommen Sie auf die Terrasse, da können Sie ihn sehen. Er reitet im Schritt die Allee herauf.“
„Wirklich?“ fragte Frau Deters. „Wie sieht er denn aus?“ „Müde, Frau Deters, sehr, sehr müde!“
Frau Deters lächelte und folgte Frau Schubert auf die
Terrasse hinaus. Und von dort sah sie einen schlanken Jungen mit einem Strohhut auf dem Kopf auf einem braunen Pferd, das auch einen Strohhut trug.
„Guten Tag“, rief er. „Bin ich hier richtig bei Frau
Deters, meiner Tante?“
„Natürlich, mein Junge“, sagte Frau Deters. „Herzlich
willkommen.“
Hans sprang vom Pferd und führte es an die Terrasse.
„Wo kann ich mein Pferd versorgen?“ fragte er. „Es hat
einen langen Weg hinter sich und muß gefüttert und
getränkt werden.“
Frau Deters warf ihrer Haushälterin einen Blick zu und sagte: „Bring es hinter das Haus, da sind die Stallungen und Boxen. Der Stallmeister wird sich um alles kümmern.“
„Sei mir nicht böse, Tante, aber das möchte ich lieber selber tun. Südwind hat mich fast sechs Wochen lang treu und brav getragen und ist an mich gewöhnt. Da kann ich ihn nun, da er seinen Dienst getan hat, nicht einfach einem Fremden übergeben.“
„Ist schon recht“, sagte Frau Deters zufrieden. „Geh nur.“ Hans ließ sich Zeit und brauchte fast eine Stunde, bis er das Pferd versorgt hatte. „Mein guter Südwind“, flüsterte er ihm ins Ohr, nachdem er ihn trockengerieben, getränkt und ihm den Hafersack umgehängt hatte. „Ich glaube, wir haben es geschafft. Mit meiner Tante kann man, wie es scheint, reden. Mach’s gut. Ich laß dich jetzt allein. Aber du hast hier ja Gesellschaft genug.“ Er winkte dem Stallmeister zu,
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