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Eine schwimmende Stadt

Eine schwimmende Stadt

Titel: Eine schwimmende Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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und am Gipfel des Gewölks strahlte die Wega, unser künftiger Polarstern, während sich, nicht weit davon, der wundervolle Diamantenfluß rundete, der die nördliche Krone bildet.
    All diese unbeweglichen Sternbilder schienen unter dem Rollen des Schiffes Leben und Bewegung anzunehmen; und während seines Schwankens sah ich den großen Mast vom β des Großen Bären bis zum Altaïr des Adlers einen zierlichen Kreisbogen beschreiben, während der schon niedrige Mond das Ende seiner Sichel in den Horizont tauchte.
Vierundzwanzigstes Capitel.
Der Sturm.
    Die nun folgende Nacht war sehr böse; das Steamschiff wurde furchtbar in der Quere gefaßt und rollte unaufhörlich. Die Möbel schoben sich lärmend hin und her, und das Geschirr in den Waschtischen klirrte und klapperte. Der Wind mußte sehr frisch geworden sein. Uebrigens aber durchsegelte der Great-Eastern gerade jetzt Breiten, in denen die Wogen besonders heftig und Unglücksfälle ausnehmend häufig sind.
    Um sechs Uhr Morgens arbeitete ich mich mühsam bis zur Treppe, und hier klammerte ich mich an’s Geländer, benutzte jede dritte Schwankung zum Steigen und kam so glücklich auf’s Verdeck. Ich schleppte mich mit ziemlicher Kraftanstrengung auf eines der vorderen Verdeckzimmer, welchen Ort ich jedoch ziemlich öde und verlassen fand – wenn man nämlich einen Platz, an dem sich Doctor Dean Pitferge befindet, überhaupt so nennen darf! Dieser würdige Greis hatte sein rechtes Bein um einen Pfosten des Geländers geschlungen, krümmte den Rücken gegen den Wind und stützte sich mit beiden Armen. Da er bei all diesen Manipulationen nur noch den Kopf frei hatte, gab er mir durch Nicken und Gesichterschneiden zu verstehen, daß ich ihm Gesellschaft leisten sollte. Ich machte einige Kriechübungen, drehte und wand mich wie ein Regenwurm und gelangte endlich an seine Seite, wo ich sofort die nämliche Stellung einnahm wie er.
    »Hollah, rief er aus, schönes Vergnügen das! Gerade nun der Great-Eastern einlaufen soll, kommt noch so ein richtiger Cyklon, ganz besonders und expreß für ihn bestellt und abgeschickt.«
    Der Doctor konnte diese Worte nur in kurzen, abgebrochenen Sätzen hervorstoßen, denn der Wind wehte die Hälfte von dem, was er sagte, davon. Aber ich hatte ihn trotzdem verstanden; das Wort Cyklon erklärt sich selber; es bezeichnet fürchterliche Drehstürme, die im Indischen und Atlantischen Meer Orkane, an der afrikanischen Küste Tornados, in der Wüste Samum, und in den chinesischen Meeren Taifuns genannt werden; ihre unheilvolle Macht bringt die größten Schiffe in Gefahr.
    Wie würde der Great-Eastern einem solchen Cyklon Stand halten, und was würde dieser dem Riesen anhaben können?
    »Er wird Unglück erleben, wiederholte Dean Pitferge. Sehen Sie, wie er die Nase in die Feder steckt!«
    Diese seemännische Metapher war sehr bezeichnend für die Lage des Steamers; sein Vordersteven verschwand unter den Wasserbergen, die ihn von Backbord angriffen. In der Ferne war Nichts mehr zu sehen, und alle Symptome deuteten auf einen Orkan. Gegen sieben Uhr kam der Sturm auf; das Meer wogte wild empor, die kleinen Zwischenwellen, die die wagerechte Lage der großen Wogen bezeichnen, verschwanden vollständig; der Ocean schwoll in langen, hoch aufschäumenden Wellen, die dann mit unbeschreiblichem Zischen zerstoben. Mit jeder Minute nahm der Aufruhr des Meeres zu, und der Great-Eastern, der die Wellen von der Seite auffing, stampfte entsetzlich.
    »Es ist hier nur zweierlei möglich, sagte der Doctor mit der Sicherheit eines Seemannes. Entweder muß man die Wogen aufrecht empfangen und mit geringer Dampfkraft beilegen, oder die Flucht ergreifen und den Kampf mit dem rebellischen Meer aufgeben. Aber Kapitän Anderson wird sich zu keinem dieser Manoeuvres verstehen.
    – Warum? fragte ich.
    – Weil … dem Schiffe etwas zustoßen muß!« antwortete der Doctor.
    Als ich mich umsah, bemerkte ich den Kapitän, den Obersteuermann und den ersten Ingenieur, die, in ihre Joppen gehüllt, am Geländer des Steges standen und sich wie wir angeklammert hatten. Sie waren vom Kopf bis zu den Füßen vom Wogennebel umgeben, und der Kapitän lächelte wie gewöhnlich. Der Obersteuermann beobachtete das Rollen des Schiffes – es sah aus, als wollten Masten und Schornsteine herabstürzen – und lachte, daß seine weißen Zähne blitzten.
    Des Kapitäns Hartnäckigkeit und Eigensinn, in dieser Weise gegen das Meer anzukämpfen, setzten mich in Erstaunen. Um halb

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