Eine Spur von Lavendel (German Edition)
meinen Söhnen geschah. Erst im letzten Sommer schien Alexander seinem Bruder plötzlich endgültig verziehen zu haben.“
Sie lächelte. „Alexander … er erzählte uns von dir. Meine Schwiegertochter kannte ihn zu gut, Linda, sie sah als Erste, was wir dann alle erkannten. In seinen Augen las sie, dass er für sie nun endgültig verloren war – und wollte Abschied nehmen. Sie versuchte sogar, ihn ein letztes Mal zu verführen, doch ohne Erfolg. Er liebte dich , also wies er sie zurück, Linda.“
„Er …“ Lindas Stimme versagte ihr den Dienst, als ihr bewusst wurde, was das bedeutete.
„Ja, Linda. Er wies Adrienne zurück. Sie nahmen tatsächlich Abschied voneinander, wenn auch ganz anders, als Adrienne es ursprünglich geplant hatte. Sie hat es mir selbst gestanden.“
Tief und gründlich atmete Claudine ein und wieder aus. „Danach wurde alles anders. Es klingt verrückt, aber ich habe Henri und Adrienne nie zuvor so glücklich erlebt wie in den Monaten danach. Vielleicht war es sogar die einzige wirklich glückliche Zeit, die sie miteinander erleben durften. Du hast sie doch bei eurem Besuch hier und auf eurer Hochzeit gesehen. Wirkten sie nicht wie ein frisch verliebtes Paar?“
„Ja, du hast recht, aber ich … ich verstehe einfach nicht, wie Adrienne auch nur versuchen konnte, Alex noch ein weiteres Mal zu verführen.“
„Ach Linda! Adrienne wollte einfach verzweifelt an etwas festhalten, das ihr einmal so unendlich wichtig gewesen war. Sie hat Halt und Bestätigung als Frau gesucht. Die Dinge, die ihr Ehemann ihr zu diesem Zeitpunkt verweigerte. In ihrer Lage war es fast logisch, dass sie es noch einmal bei Alex versuchte. Alexanders Zuneigung zu Reny hatte sich hingegen schon seitJahren verändert, auch wenn ihm das selbst lange Zeit nicht bewusst war. Er empfand durchaus eine tiefe Zuneigung für sie, aber bei Weitem keine leidenschaftliche Liebe mehr. Ihre gemeinsame Zeit war zu einer Erinnerung für ihn geworden, nicht mehr und nicht weniger. Und genau diese Erinnerung stand den beiden lange Zeit im Wege.“
Noch einmal stand Claudine auf und ging zu einem kleinen Tisch, auf dem eine Wasserkaraffe und ein paar Gläser standen. Sie schenkte zwei Gläser ein, kam zurück zur Sitzecke und stellte ein Glas vor Linda ab.
„Als Alexander uns im Sommer besuchte, war Adrienne zutiefst unglücklich in ihrer Ehe“, setzte Claudine ihren Bericht schließlich fort. „Henri schlief zu diesem Zeitpunkt schon seit Monaten nicht mehr mit ihr. Und wie gesagt, sie kannte Alexander gut, er war ihr vertraut. Er ist ein Mann – und er ist nicht aus Stein. Vergiss nicht, welche Art von Leben er geführt hat, bevor er dich kennenlernte, Linda. Für ihn war das, was sich zwischen Mann und Frau abspielen sollte, inzwischen hauptsächlich aufs Körperliche reduziert. Du solltest doch am besten wissen, dass er ein sehr leidenschaftlicher Mann ist. Wenn er auf irgendetwas rein gar nicht verzichten kann, dann ist es doch der Sex, nicht wahr?“
Sie schmunzelte über Lindas Verlegenheit. „Ich weiß, es ist ungewöhnlich, dass eine Mutter so über den eigenen Sohn spricht, aber ich kenne ihn eben sehr gut. Alexander hat eine ganze Menge von seinem Vater. Zum Glück nicht alles, aber das ganz bestimmt. In ihrer Verzweiflung hatte Adrienne ganz einfach gehofft … Aber wie gesagt, er wies sie ab.“
„Er wies sie ab“, wiederholte Linda die letzten Worte ihrer Schwiegermutter. Es klang so, als müsse sie sich ein weiteres Mal klarmachen, was das bedeutete.
Claudine legte eine kleine Atempause ein und nahm einen großen Schluck aus ihrem Wasserglas. „Er liebt dich so sehr, mein Kind. Ich habe überhaupt nicht mehr daran geglaubt, dass es irgendeiner Frau doch noch gelingen könnte, ihn aus seinem einsamen Leben zu befreien, doch du hast es geschafft.“
Ihre Stimme wurde nun eine Nuance schärfer. „Ja, er liebt dich wirklich. Wenn er sich nur schlicht und einfach ein bisschen in dich verknallt hätte, wäre mein Sohn dir nämlich schon längst wieder durch die Lappen gegangen. Darauf gebe ich dir mein Wort. Er hatte sich schon lange auf ein Leben allein eingerichtet.“
Weil Linda nun wieder anfing zu weinen, lächelte Claudine mitfühlend. Sie erhob sich, setzte sich neben Linda auf das Sofa und strich ihr sanft über das Haar. „Na, mein Kind, dir wird wohl langsam klar, dass du dich eben sehr dumm verhalten hast, nicht wahr?“
Linda nickte und wischte sich die Tränen von den Wangen. „Ich
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