Eine sueß saure Liebesgeschichte
einen gewaltigen Fehler zu begehen. Hör auf einen alten Freund. Ich habe mir deinen Ratschlag auch zu Herzen genommen. Und wie du siehst, ist bei mir jetzt wieder alles in Butter.«
Als alle Gäste gegangen sind, kommt Julian auf mich zu. Er strahlt und ist in positiver Aufbruchsstimmung.
»Ein Jahr, Mum. Maximal 18 Monate und ich steige die Leiter eine weitere Stufe rauf. Ich werde eine Mörderkohle verdienen. Spätestens dann werden die Jungs auf eine Privatschule gehen und wir kaufen uns ein eigenes Haus.« Erschrocken schaue ich ihn an. In diesem Moment fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Ich gebe hier alles auf, um als Steigbügel für die selbstsüchtigen Karrierepläne meines Sohnes zu fungieren. Selbst von seiner Frau hatte er sich nicht davon abbringen lassen. Gegen ihren ausdrücklichen Wunsch unterzeichnete er den Vertrag. Es geht ihm nicht um das Wohl seiner Kinder. Wenn es ihm um Elias und Valentin gegangen wäre, hätte er sie hier bei mir aufwachsen lassen und sich eine Position in Hamburg gesucht. Ich habe mich einlullen lassen. Mal wieder! Er hat die Mamakarte gezogen. Berechnend und ichsüchtig. Wohlwissend, dass ich ihm nichts abschlagen kann.
»Ob ich bei der Taxizentrale schon mal einen Wagen für morgen früh bestelle? Nicht, dass wir zu spät auf dem Flughafen eintreffen.«
»Das brauchst du nicht, Julian. Ich werde euch fahren.«
»Du willst deinen Wagen auf dem teuren Parkplatz stehen lassen? Das kostet dich ein Vermögen pro Tag.«
»Ich werde euch auf dem Kurzhalteparkplatz raus lassen. Denn ich komme nicht mit. Ich hatte die Verantwortung für dich, als du ein Kind warst. Das bist du schon lange nicht mehr. Im Gegenteil. Jetzt hast du die Verantwortung für deine Kinder. Wenn du meinst, dass das Leben für sie in den USA ohne Familie das Beste ist, dann fliege. Aber sollte ich bei dir nicht komplett versagt und dich nicht zu einem vollendeten Egoisten erzogen haben, dann bleibst du hier. Ich stehe als Oma in Hamburg gern zur Verfügung. Als Nanny in Memphis nicht.«
Es ist Samstagmorgen und es wird gerade hell. Nicht per SMS wurde ich geweckt, sondern vom Wecker, den ich mir gegen Mitternacht gestellt hatte. Ich sitze in meinem Wagen und verspüre große Lust, das Gaspedal durchzudrücken und den Motor minutenlang aufheulen zu lassen. Ja, heute drehe ich den Spieß um und wecke King Kong und seine Affenbrut. Es dauert keine fünf Minuten und er steht in seiner weißen Ripp Unterhose im Vorgarten. »Es ist noch vor fünf Uhr am Morgen! Du weckst die ganze Straße auf«, brüllt er aufgebracht. »Pass auf, du Vollpfosten. Genau auf diese Weise nervst du mich schon seit Monaten. Bring endlich deine alte Karre in die Werkstatt und gönne ihr ein paar neue Zündkerzen. Solltest du mich noch einmal mit deinem Krach morgens vor sieben Uhr aus dem Schlaf reißen, dann lege ich dir deinen Schrotthaufen lahm. Hast du es?« Das tat gut. Mittlerweile schauen auch alle anderen Nachbarn aus dem Fenster. Wenn meine Ansage gefruchtet haben sollte, werden sie mir noch dankbar sein.
Mein Weg führt mich in Richtung Rostock. In Warnemünde nehme ich die Fähre und setze zur Hohen Düne über. Der riesige Hotelkomplex mit seinem vorgelegten Yachthafen liegt noch im verträumten Dornröschenschlaf. Ich frage im Büro des Hafenmeisters nach dem genauen Liegeplatz der Seibert Yacht. Im Shop kaufe ich noch zwei Becher Kaffee und lasse mich von einem jungen Servicemitarbeiter durch das Labyrinth zum Boot führen. Langsam ziehe ich meine Schuhe aus und gehe barfuß an Bord. Erst zögerlich, aber dann klopfe ich mit Nachdruck an die Tür der Kajüte und rufe »Hallo, guten Morgen.« Kurz darauf tritt Martin an Deck. Seine Wangen tragen noch Reste von weißem Rasierschaum und er blickt mich erstaunt an. Bevor er etwas sagen kann, reiche ich ihm den Becher und sage »Kaffee?«
»Was machst du hier, Lotte?«
»Ich brauche die Hilfe eines starken Mannes.«
»Wofür? Was ist passiert?«
»Bei mir zu Hause stehen rund vierzig Umzugskartons, die darauf warten, wieder ausgepackt zu werden. Das schaffe ich nicht allein. Hilfst du mir?« Endlich scheint der Groschen gefallen zu sein und er drückt mich fest an sich.
»Was machen wir beide mit dem angebrochenen Wochenende?«, fragt er und ich überwinde mich und sage »Leinen los!«
»Du willst mit mir Segeln?«
»Für dich würde ich alles tun.«
»Keine Angst mehr ?«
»Doch! Ich
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